Detective

Detective

Allmählig wird es Zeit mal etwas zu Detective zu schreiben. Das Spiel hat mittlerweile schon einiges an Zeit auf der Uhr und ich wollte es eigentlich erst durchspielen, bevor ich eine Rezension dazu schreibe. Bei Spielen, deren erhebliches Erlebnis von Story geprägt ist oder die eine Legacy-Erfahrung bieten, habe ich es mir selbst zur Regel gemacht erst alles zu sehen, bevor ich etwas dazu von mir gebe. Das kann mitunter schon ganz schön dauern, aber bei Detective bin ich mir inzwischen sicher, dass ich es es nicht mehr weiterspielen werde, auch wenn ich noch nicht alles gesehen habe. Trotzdem möchte ich meine bisherige Meinung zu diesem Spiel kundtun, auch wenn sie nicht das ganze Spiel umfasst, denn auch das hat für mich etwas über dieses Spielerlebnis auszusagen. Keine Angst auch hier werde ich nichts zur Story spoilern und mich nur vage zur Handlung äußern.

Worum geht es?

Detective ist ein Krimi-Brettspiel das damit bekannt geworden ist ein einmaliges Storyerlebnis zu sein. Eine Immersion die man erlebt haben muss, wenn man Deduktionsbrettspiele mag. Die Spieler schlüpfen hier in die Rolle von Kriminalbeamten die Verbrechen aufklären. Sie verfolgen Spuren, befragen Zeugen, besichtigen Tatorte und lesen vor allem jede Menge Akten und Dokumente. Sie haben für all diese Tätigkeiten einen Zeitrahmen und versuchen in diesem dem Täter auf die Spur zukommen. Detective ist dabei in fünf einzelne Fälle aufgeteilt, die alle für sich stehen, aber insgesamt zusammenhängen, so dass sich im Endeffekt ein großer zusammenhängender Fall ergibt.

Detective – Spielsituation / Foto: Spieltroll

Wie läuft das ab?

Detective ist sehr schnell aufgebaut, denn so wahnsinnig viel Spielmaterial, wenn man von den Fallkarten absieht, gibt es gar nicht. Das kleine Spielbrett wird auf den Tisch gelegt, aber es ist tatsächlich nichtmal wichtig, das alle Spieler es erreichen können. Eigentlich reicht es wenn ein Spieler die Aufgabe übernimmt hier die Spielfigur und den Tages- und Zeitmarker zu setzen. Auf dem Spielbrett gibt es insgesamt fünf Orte auf dem wir unseren Marker immer nur hin- und herbewegen um anzuzeigen, wo wir uns gerade befinden. Starten tun wir in der Zentrale und haben die Möglichkeit zum Labor, zum Gericht oder zum Polizeirevier zu fahren und als letzter Ort steht uns noch das Feld „Recherchieren vor Ort“ zur Verfügung, der stellvertreten für alle anderen Orte im Spiel steht an die wir fahren können. Warum erfassen wir das überhaupt? Alles kostet uns Zeit und wir müssen darüber Buch führen. Wir haben für jeden Fall nur eine bestimmte Menge an Tagen Zeit und jeder Tag hat eine bestimmte Menge an Stunden, die wir arbeiten können. Um 16:00 Uhr ist Feierabend und wir müssen uns entscheiden Überstunden zu machen. Überstunden verursachen aber Stress in Form von Markern und jeder Fall erlaubt es uns eine bestimmte Menge an Stressmarkern zu haben. Erreichen oder überschreiten wir dieses Limit müssen wir sofort unseren Abschlussbericht einreichen und der Fall kommt zu einem Ende. Jede Bewegung zwischen den Orten kostet uns mindestens eine Stunde und simuliert die Fahrzeit, deshalb ist es wichtig sich die Zeit gut einzuteilen.

Detective – Spielbrett / Foto: Spieltroll
Detective – Berater
/ Foto: Spieltroll

Die Spieler wählen zu Spielbeginn einen der Ermittler, die über spezielle Fähigkeiten verfügen, die sie im Laufe des Falls einsetzen können. Alle anderen, nicht verwendeten Ermittler werden umgedreht und stehen den Spielern als Berater zur Verfügung. Sie bringen spezielle Marker mit, die im Verlauf des Spiels in bestimmten Situationen eingesetzt werden können. Diese Marker sind begrenzt und gehören dem gesamten Team als ein Pool, denn Detective ist ein kooperatives Spiel.

An den Rändern des Spielbretts sind bestimmte Ablageorte für die Hinweiskarten des Spiels angedeutet, die im Verlauf bestimmte Bedeutung haben. Zu Beginn wird das Hinweiskartendeck des Falls oberhalb des Spielbretts abgelegt und wartet auf seinen Einsatz. Damit sind die Spielvorbereitungen auch schon fast abgeschlossen, jetzt muss man sich nur noch über einen Computer oder ein anderes internetfähiges Endgerät auf der zum Spiel gehörigen Antares-Website mit Datenbank anmelden. Diese Datenbank ist der Kern des Spiels. Hier kann man Informationen über Personen abrufen, die einem im Verlauf des Spiels begegnen. Man kann Fingerabdrücke abfragen und DNA-Spuren verwalten. Natürlich kann man und sollte man auch das Internet ansonsten benutzen, um Hintergrundinformationen zu erfahren, die einem hilfreich erscheinen. Ab und an tauchen Links auf, die man anklicken kann, um sich Informationen anlesen zu können. Diese Datenbank wird im Verlauf der fünf Fälle immer relevanter, weil es durchaus sein kann das man Spuren an Tatorten findet, die man nicht zuordnen kann, aber die man in späteren Fällen aufklärt.

Zu guter letzt sollte man sich einen Haufen Papier und Stifte bereitlegen und damit meine ich keinen Notizblock in Zwergengröße sondern durchaus viel und großes Papier. Wer hat sollte Flipchart und Whiteboard benutzen, denn im Verlauf des Falls tauchen viele Personen und Hinweise auf, die man irgendwie in Verbindung bringen muss und für all diejenigen von euch die schonmal andere Deduktionsspiele mit viel Rechercheaufwand gespielt haben, multipliziert das, was ihr gewohnt seid nochmal erheblich. Wer hier nicht mitschreibt und sinnvolle Querverweise zieht, der hat schon verloren. Nicht vergessen, es geht zwar immer um einen Fall, aber alles gehört zu einer großen Kampagne.

Detective – Fallbuch mit Fall 1 / Foto: Spieltroll

Wie spielt sich das denn nun? Ja, im Grunde gibt es erstaml eine Einführung die man aus dem Fallbuch vorliest und die einem mit dem Setting vertraut macht. Sie git die Zeit und das Stresslimit vor und gibt uns die ersten Hinweiskarten, die sich anhand von Nummern identifizieren lassen. Diese Hinweiskarten haben zwei Seiten, von denen wir zunächst immer nur die Vorderseite sehen dürfen. Diese Spurenkarten stehen für Tatorte, Personen und gefundene Hinweise und auf ihnen ist angegeben wieviel Zeit es kostet sie zu bearbeiten und eventuell können wir weitere Aktionen mit ihnen auslösen. Zum Beispiel können wir tiefer Recherchieren, was in den meisten Fällen bedeutet das wir die Karte umdrehen dürfen, was uns wieder Zeit kostet und nicht immer von Erfolg gekrönt sein muss. In der Regel enthält jede Karte aber erstmal Text, der uns neue Informationen bringt. Manchmal gibt es auch Anweisungen die wir ausführen sollten. Wenn diese Anweisungen ein @ enthalten, so sollen wir Dinge in der entsprechenden Kategorie der Datenbank nachlesen (z.B. Lies Akte@200).

Wir können also Spuren verfolgen, tiefer recherchieren, unsere Talente benutzen, in der Datenbank nachforschen, Spezialmarker benutzen und Berichte schreiben. Letzteres bringt uns Behörden-Plättchen ein, die wir benutzen können, um auf manchen Karten Vorgesetze oder Untergebene zur besseren Unterstützung aufzufordern. Viel mehr Spiel steckt dann auch schon nicht mehr drin in Detective. Der Rest ist Recherchearbeit. Am Ende des Spiels muss ein Abschlussbericht abgegeben werden, indem man eine bestimmte Punktezahl erreichen muss. Die erreicht man durch Beantwortung von Fragen zum Fall. Es gibt Hauptfragen, die mehr Punkte einbringen und Zusatzfragen. Manche Beweismitel, die man im Laufe des Falls gefunden hat bringen automatisch schon Punkte. Stressmarker reduzieren das Punkteergebnis wieder.

Detective – Stressmarker / Foto: Spieltroll

Für ein erfolgreiches Spiel sollten sich die Mitspieler eine gute Aufgabenteilung überlegen. Einer sollte zum Beispiel Notizen machen. Ein zweiter die Datenbank bedienen und der dritte die ganze administrative Arbeit mit dem Spielbrett, Karten und den Markern übernehmen. Natürlich lässt sich das alles auch solo erleben, aber dann hat man richtig was zu tun.

Das Fazit

Oh man, ich habe mich wirklich schwer getan mit der Review zu diesem Spiel. Als Detective 2019 als Nominierter zum Kennerspiel des Jahres ausgewählt wurde, hatte ich eine recht hohe Erwartungshaltung an das Spiel, die es für mich leider nicht einlösen kann. Die Idee hinter dem Spiel finde ich ziemlich großartig und da ich großer Deduktionsspielefan bin, sollte mir Detective auch eigentlich gefallen, aber das tut es nicht. Viele finden das Spiel großartig und ich kann diese Meinung einfach nicht teilen. Die Immersion die es mitbringt ist wirklich hoch und thematisch macht hier so vieles Sinn, aber macht das Spaß? Ist das noch Spiel?

Ganz ehrlich, das Spiel das hinter Detective steckt, ist ziemlich lachhaft. Da ist kein Spiel, nur Zeitmanagement. Zeitmanagement das man mitunter nicht mal wirklich beeinflußen kann. Man sieht ja leider nicht vorher, wie lange es dauert bestimmte Karten tiefer zu recherchieren. Man fährt zu einem Ort, was einen eine Stunde kostet, schaut sich die Karte an, was zum Beispiel zwei Stunden dauert und dann hat man vielleicht noch zwei Stunden sseiner täglichen Arbeitszeit zur Verfügung und plötzlich dauert es vier Stunden tiefer zu recherchieren und Bumms, zwei Stressmarker. Oh Schade, Stresslimit überschritten, mach mal deinen Abschlussbericht.

Spaß kann das ganze Recherchieren schon machen, wenn man auf soetwas steht, was ich ja eigentlich tue, aber bei Detective fühlt sich das alles nicht mehr nach Spaß an, hier ist das wirklich Arbeit. Zeitintensive Arbeit, weil man sich das alles notieren muss, denn sonst blickt man einfach irgendwann nicht mehr durch. Die Immersion ist ohne Zweifel hoch. Ich glaube es gibt kein zweites Spiel, dass einen so sehr in die Arbeit eines Ermittlers einführt wie Detective. Aber ich findes das ist wirklich schon zuviel und hier steht es sich selbst im Weg, denn ich empfinde Spiele wie Sherlock Holmes Criminal Cabinet, oder Mythos Tales, die ebenfalls solche Anforderungen an mich stellen als deutlich Spaßiger, weil sie noch weniger Spiel enthalten und mich dafür nicht mit sovielen Informationen zukleistern, die ich filtern muss. So bleiben diese Spiele für mich eben noch Spiel und Detective empfinde ich als Arbeit.

Detective ist mit seiner Datenbank ohne Zweifel auch absolut innovativ und das kann ihm keiner nehmen, aber Chronicles of Crime ist mindestens genauso innovativ und bietet einen deutlich höheren Spaßfaktor auch wenn es weniger immersiv ist. Detective stellt sich auch bei anderen Dingen selbst ein Bein. Das Kampagnenspiel mit einem übergreifenden Storybogen ist auf dem Papier fantastisch und für Krimifans wahrscheinlich das höchste dessen, was sie sich vorstellen können, aber das bedeutet auch das man fünf Fälle durchackern und die Informationen verwalten muss. Ein Fall dauert bestimmt so an die drei Stunden und wenn man zulange Pausen zwischen den Fällen macht, so muss man immer erst alles wieder auffrischen.

Wir haben Detective leider nicht durchgehalten und mir ist bewusst, dass ich hier nur einen Zwischenbericht abgeben kann, weil ich nicht den ganzen Storybogen kenne, aber meine Eindrücke reichen für mich aus, um sagen zu können. Detective ist mir zu wenig Spiel und deutlich zuviel Arbeit und das Ergebnis, das am Ende für mich hinten rauskommt, ist mir zuwenig, um mich damit so gut zufühlen um weitere Zeit in dieses „Spiel“ zu stecken. Schade, ich wollte dieses Spiel mögen, aber so komme ich zum Schluß, trotz dessen, dass ich eigentlich großer Deduktionsfreund bin, das Detective nicht meine Tasse Tee ist.


  • Verlag: Pegasus Spiele
  • Autor(en): Przemysław Rymer, Ignacy Trzewiczek, Jakub Łapot
  • Illustrator(en): Aga Jakimiec, Ewa Kostorz, Rafał Szyma
  • Erscheinungsjahr: 2018
  • Spieleranzahl: 1 – 5 Spieler
  • Dauer: 120 – 180 Minuten

6 Gedanken zu „Detective“

  1. Hallo Marco,
    letzte Woche habe ich zum ersten Mal zusammen mit meiner Frau „Detective“ gespielt…..nach den vielen positiven Rezensionen waren wir sehr gespannt, insbesondere da wir große Fans der „Chronicles of Crimes“- Serie sind. Um es kurz zu machen: Wir sind noch nicht einmal bis zum Ende des ersten Falles gekommen, wir haben nach 2 Stunden zu Tode gelangweilt und genervt abgebrochen. „Detective“ fühlte sich für uns an wie ein dicker, fetter Aktenordner, der uns auf den Tisch gelegt wird, zusammen mit dem Hinweis, man habe leider nicht genug Zeit, alles durchzulesen, also jetzt mal hopp hopp, und viel Spaß beim raschen Durchscannen der Akten. Keine Möglichkeit zur direkten Interaktion (z.b. sind sog. „Verhöre“ eigentlich nur Monologe…ohne dass man Fragen stellen kann….wo bleibt da die Authentizität?). Wenn ich da zum Vergleich an die Noir-Erweiterung von „Chronicles of Crime“denke, bei der man z.b. Personen, mit denen man spricht, bestechen oder bedrohen kann, was dann unterschiedliche Konsequenzen hat…was für ein Unterschied! Es gibt auch keine innovative Nutzung der Antares-Website (Keine spannenden grafischen Umsetzungen, z.b. von Beweisstücken oder Tatorten, z.B. in 3D)…kurz gesagt: Das ganze Ding hatte für uns Null Innovation und Null Spielspaß. Dafür ellenlange, schlecht geschriebene Flavourtexte….
    Ich habe mich dann gefragt: What`s wrong with us? und nochmal im Internet alle mir zugänglichen Rezensionen gelesen….eine einzige Jubelorgie…..macht angeblich unglaublich viel Spaß usw…..
    Glücklicherweise bin ich dann bei boardgamegeek doch noch auf deine Rezension gestoßen.
    Die ist ja nicht so begeistert. Danke!!! Jetzt fühlen wir uns nicht mehr so allein…. 🙂

    Jetzt aber eine Frage: Dein „Spieltroll“ ist nicht verlinkt mit luding.org. Das ist sehr schade. Warum ist das so? Ich finde deinen „Spieltroll“ nämlich sehr lesenswert und luding.org bietet den besten Überblick über deutschsprachige Rezensionen, das sollte der „Spieltroll“ nicht fehlen.
    Gruß
    Axel

    1. Vielen Dank! Wir haben uns auch recht lang sehr allein gefühlt und ich habe ziemlich lange mit mir gehadert, bis ich die Review online gestellt habe. Solche Kommentare bestätigen mich in meinem Tun. Um Luding werde ich mich mal kümmern. 😉

      1. Gern geschehen!
        Ich denke, das Problem ist, dass man sich normalerweise als ernstzunehmende/r SpielerIn/RezensentIn nicht traut, etwas Negatives über ein Spiel zu schreiben, das man nicht zumindest einmal bis zu Ende gespielt hat. Das schafft man natürlich immer bei einem „normalen“ Spiel, das nur ein paar Stunden dauert. Leider dauert „Detective“ aber mind. 15 Stunden. Wenn man das Spiel aber überhaupt nicht mag, hält man diese 15 Stunden schlicht und einfach nicht durch, es sei denn, man hat eine stark ausgeprägte masochistische Ader. So bleiben am Ende nur die übrig, denen das Spiel gefällt, weil nur sie die Ziellinie überhaupt erreichen. So kommt es zu einer Verzerrung bei den Bewertungen.

  2. Ich finde die Antares Datenbank ist das schlechteste am ganzen Spiel. Die hat mich mega genervt. so sehr, das wir nie den zweiten Fall angefangen haben … obwohl ich die Story vom ersten soweit ganz gut fand.

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