Ein großer Teil der Spielerschaft mag das Genre der Zivilisationsspiele bis heute. Jedes Jahr erscheinen neue Versuche diesem Genre irgendwie neues Leben einzuhauchen und neue Ansätze das Thema in ein gangbares Spiel zu verwandeln. Die meisten Versuche scheitern dabei in meinen Augen recht kläglich, denn das Thema erfordert selbst bei einer flotten Umsetzung durchaus Zeit, denn man möchte ja auch den Aufstieg seiner Zivilisation gegenüber anderen in einem gewissen zeitlichen Rahmen beobachten können. Somit ist das Thema schon einmal hinderlich, um es in einem knackigen kurzen Spiel umzusetzen. Man sollte die Hoffnung nie aufgeben, aber in der Vergangenheit gab es durchaus schon Vertreter die einen richtig guten Job in der Umsetzung des Themas machten, nur leider blieb die Spieldauer dabei auf der Strecke und wir haben es oft mit Spieldauer-Monstern zu tun. Eines der besten Spiele, wenn nicht das beste, möchte ich heute in meiner kleinen Klassikerreihe vorstellen. Die Rede ist von Civilization, nein, nicht das Computerspiel von Sid Meier, sondern das Brettspiel von Francis G. Tresham, das wahrscheinlich den Anstoss zum Computerspiel geliefert haben dürfte.
Civilization wird im Jahr 2020 seinen 40-jährigen Geburtstag feiern und qualifiziert sich aufgrund seines Alters schon für die Klassiker-Kategorie. Aber ein Klassiker muss in meinen Augen auch noch gespielt werden, um ein echter Klassiker zu sein und das trifft auch auf Civilization immer noch zu. Wenngleich der Aufwand zu einer gelungenen Partie durchaus etwas größer sein dürfte. Aus diesem Anlass habe ich mir die Foren von Boardgamegeek.com mal zu Gemüte geführt und fesgestellt das die Community dieses Spiel immer noch feiert und fördert. Für den Anfang diesen Jahres sind schon einige Partien überall in der Welt geplant. Die Menschen verabreden sich also immer noch, um eine Partie zu spielen. Warum das so aufwendig ist? Nun ja die Spielzeit liegt zwischen sechs bis zehn Stunden für eine Partie. Ich selbst habe es seit zig Jahren nicht mehr gespielt und habe meine Version des Spiels, die mehr als durchgenudelt war auch bereits verkauft, aber früher haben wir uns regelmäßig mehrmals im Jahr an einem Wochenende bei irgendwem eingeschlossen und über das ganze Wochenende eine Partie gespielt und man hat das immer Spaß gemacht. Natürlich geht sowas nicht ohne Pausen. Es war aber immer so eine Art Happening. Treffen an denen man nebenbei noch andere Dinge gespielt hat, zusammen gegessen usw. Ich habe wirklich nur gute Erinnerungen, wenn ich an diese Partien zurückdenke.
Für diejenigen von euch, die aber bisher keinerlei Berührungspunkte mit Civilization hatten, sei ein kurzer Einblick in das Spielgeschehen gegeben. Das Spiel findet auf einer Karte des östlichen Mittelmeeres statt, das in verschiedene Gebiete mit Grenzen unterteilt ist. Diese Gebiete verfügen über verschiedene Fuchtbarkeiten und können verschiedene Mengen an Bevölkerungssteinen aufnehmen. Die Spieler übernehmen jeder die Rolle eines Volkes, das von den frühesten Anfängen der menschlichen Zivilisation bis in die Eisenzeit geführt werden muss. Das Spiel bedarf dafür auch kaum Glückselementen und wird ohne Würfel gespielt. Die Spieler starten zu Spielbeginn mit einem einzigen Bevölkerungsspielstein auf einem Startgebiet, das je nach Volk variiert. Die einzelnen Spielzüge sind zu Beginn noch recht kurz werden aber nach hinten raus deutlich länger. Spieler können sich mit ihren Steinen bewegen, müssen sie vermehren usw. Die Bevölkerung wächst stetig, wenn keine äußeren Einflüsse sie dezimieren. Wenn die Spieler genügend Bevölkerungssteine in einer Region zusammenziehen können, so entsteht eine Stadt, die den Spielern Zugang zu Handleskarten gibt, die man jede Runde erhält. Anschleißend darf gehandelt werden. Krieg führt man relaiv simpel und stellt keine primäre Mechanik dar. Wer viel Krieg führt, wird schneller zurückfallen, da sich die Bevölkerung zu langsam entwickelt. Hat man größere Sets von gleichen Handelskarten zusammengesammelt, so kann man diese in Technologien umwandeln und schreitet auf der Entwicklungstabelle voran. Wer es dabei als erstes schafft das Ende zu erreichen gewinnt. Verschiedene Stufen der Entwicklungstabelle können dabei erst überschritten werden, wenn bestimmte Vorraussetzungen erfüllt sind. Die Technologien bringen einem verschiedenste Vorteile und bauen aufeinander auf. Das ist es auch schon ganz grob. Als weitere Spielsteine gibt es ansonsten nur noch ein paar Schiffe, mit denen man sich über Wasser verbreiten kann. Katastrophen die man über die Handleskarten mitaufnehmen kann sorgen dabei für ständige Rückschläge.
Civilization in seiner Urform lässt sich mit bis zu sieben Spielern spielen und verfügt über insgesamt neun Zivilisationen, die man übernehmen kann. Diese Zivilisationen unterscheiden sich nicht in ihren Fähigkeiten, sndern hauptsächlich durch ihre Startpositionen auf dem Spielfeld. Der einzige weitere Unterschied besteht darin, dass ihre Epochenübergänge auf der Entwicklungstabelle an verschiedenen Stellen bestehen und das manche früher anhalten müssen als andere. Insgesamt müssen allerdings alle die gleiche Strecke zurücklegen, manche haben nur mehr Zeit um ein bestimmtes Ziel zu erreichen, hinterher aber wiederum weniger um bereits das nächste Ziel zu erreichen. Andere Unterschiede gibt es nicht.
1980 erschien die erste Version beim britischen Verlag Hartland Trefoil, welchen der Erfinder Francis G. Tresham Anfang der 70er Jahre gegründet hatte, um seine Spiele zu veröffentlichen. Tresham ist einer der Begründer der 18xx Spiele, die sich alle mit dem Thema Eisenbahn beschäftigen und bis heute eine große Anzahl an Titeln hervorgebracht haben, die sich damit beschäftigen Eisenbahnlinien zu betreiben. Ein völlig eigenständiger Bereich der Brettspielszene, der seit Jahren seine eingeschworenen Fans hat. Einige der Spiele dieses Bereichs sind ebenfalls echte Klassiker und sollten auch von anderen Geeks durchaus mal angetestet werden.
1981 wurde Civilization dann auch über Avalon Hill in den USA vertrieben und entwickelte sich in den kommenden Jahren zu einem Hit. 1988 erschien beim britischen Verlag Gibsons Games eine neue Version, die sich grafisch von den bisherigen Versionen abhob und einige Veränderungen enthielt, die bei vielen Hardcorefans des Spiels nicht so gut ankamen. Diese Version wurde aber in Deutschland und Österreich dann auch erstmals über Piatnik und Welt der Spiele veröffentlicht. Hier kommt auch der Spieltroll ins Spiel, denn er sah das Spiel im örtlichen Schreibwaren- und Buchladen im Fenster stehen. Damals total fasziniert musste er es haben und hat all seine Kröten zusammengekratzt, um dieses sehr schön aussehende Spiel zu kaufen. In den vielen Jahren danach habe ich es nie bereut.
In den nachfolgenden Jahren bekam Civilizaion auch noch eine französische sowie spanische Version. Das Spiel wurde in der originalen Version auch sogar noch erweitert. Die sogennante Civilization Western Expansion Map erschien und lieferte eine Karte, die man im westlichen Mittelmeerbereich anlegte, um es zu vergrößern. So kamen Spanien, Frankreich und England mit auf die Karte. Zusätzlich enthielt es eine weitere Zivilization (Iberer), die die Italer ersetzten und einige der Startpositionen der nordafrikanischen Zivilizationen wurden angepasst. Ein Trade Card Expension Pack mit sieben weiteren Handelswaren wurde ebenfalls noch veröffentlicht. Ein Freund von mir kaufte die deutsche Version von Piatnik, indem diese beiden Erweiterungen irgendwie zusammengefasst waren, aber ich kann mich nicht mehr genau daran erinnern, worin der Unterschied zur Avalon Hill-Version besteht.
1991 entwickelte man Civilisation dann aber weiter und eine Version mit dem Titel Advanced Civilization erschien, die eigentlich der Urversion mit Erweiterungen und einigen kleinen Veränderungen und Erweiterungen entsprach. Im gleichen Jahr erschien bei Microprose dann auch das Computerspiel Sid Meiers Civilization. Während das Computerspiel das Thema noch viel weiter trug, konnte es aber dennoch einige parallelen zum Brettspiel nicht verleugnen. Tresham zum Beispiel war der erste Spieledesigner der einen Technologiebaum in ein Spiel integrierte. Etwas für das Sid Meiers Spiel später weltberühmt wurde. All diese Kleinigkeiten entstanden aus dem Brettspiel und müssen Sid Meier beeinflusst haben. 1998 kaufte Microprose dann auch den Verlag von Tresham, Hartland Trefoil. Sid Meier wurde auch für ein weiteres Spiel zu der Zeit sehr bekannt, welches sich mit Eisenbahnen beschäftigte (Railroad Tycoon), das natürlich Spielelemente aus den 18xx Spielen aufwies. Somit sind die Ideen von Francis G. Tresham der Wegberieter für diese Klassiker der Videospielbranche, die von Sid Meier in die Tat umgesetzt wurden.
Die Geschichte führt das alles dann auch bei Hasbro noch zusammen, denn Avalon Hill wird nach dem Riesenerfolg von Magic The Gathering, dass Wizards of The Coast zu einer mächtigen Spielefirma machte, von diesen gekauft, bevor sich Hasbro auch die Wizards einverleibte. Auf der anderen Seite kaufte Microprose der Computerspielentwickler die kleine Brettspielfirma Hartland Trefoil mit den ganzen Eisenbahnspielen und wurde seinerseits von Hasbro Interactive, der Computerspielsparte von Hasbro übernommen. Später wurde der Computerspielbereich weiterverkauft, aber zu dieser Zeit lagen sämtliche Inhalte des Brettspiels, sowie des Computerspiels in der Hand einer Firma.
2015 kam dann der nächste Evolutionsschritt für Civilization in der Form der niederländischen Spielefirma 999 Games, die Mithilfe von Pegasus Spiele aus Deutschland Mega Civilization in einer 3000 Stück limitierten Version auf den Markt brachten. Mega Civilization ist dann der realgewordene Traum eines jeden Civilization-Spielers. Eine Holzbox mit Spielmaterial für 5-18 Spieler und einer Karte bestehend aus vier Spielbrettern, die alles vom westlichen Mittelmeer bis zum indischen Subkontinent umfasst. In dem Spiel sind fast 800 Spielkarten und über 1200 Spielmarker enthalten, um mit 18 Zivilisationen spielen zu können. Mega Civilization bringt fast 11 kg auf die Waage. Diese Version ist der Tatsache zu verdanken, dass ein Civilization Spiel in voller Besetzung am meisten Spaß bereitet, weil alle Zivilization in irgendeiner Form miteinander interagieren, sei es das sie von Katastrophen gemeinsam betroffen sind, sich um kleinere Gebiete streiten, um ihre Bevölkerung wachen zu lassen, oder einfach das Handeln mit den Handelskarten. Mehr Handelspartner bringt mehr Möglichkeiten und so stelle ich mir eine Runde mit 18 Parteien dann auch wie einen großen Basar vor.
2018 sei noch erwähnt bringt die Frima Gibsons Games zum 30-jährigen Jubiläum ihrer Version von Civilization eine neue Version auf den Markt und auch im letzten Jahr 2019 erscheint unter dem Namen Western Empires eine neue Version dieses Klassikers auf der Spiel 2019, dessen Veröffentlichung der Vater von Civilization, Francis G. Tresham, aber leider nicht mehr erlebt, stirbt er doch einen Tag vor der Messe im Alter von 83 Jahren. Civilization aber wird weiterleben und unvergessen bleiben, solange sich immer wieder spielbegeisterte Menschen zusammenfinden, um ein Wochenende mit diesem großartigen Spiel zu verbringen.
- Verlag: Hartland Trefoil, Avalon Hill, Piatnik/Welt der Spiele
- Autor(en): Francis G. Tresham
- Illustrator(en): je nach Version
- Erscheinungsjahr: 1980
- Spieleranzahl: 2 – 7 Spieler
- Dauer: 6 – 10+ Stunden
Ein Mann – ein Wort: Das Spiel unter Klassiker als „vermisst“ gemeldet und der Spieltroll liefert ab ! Die Spieldauer hat uns leider in der Vergangenheit daran gehindert, den Karton häufiger aus dem Regal zu holen! Unser örtlicher Bücher- und Schreibwarenladen hatte dieses Spiel im Verkauf !?