Eine neue kleine Spielserie ist unlängst bei KOSMOS in Deutschland erschienen. Cartaventura ist ein neuer Ansatz für das Genre der „Choose Your Own Adventure“ Spiele, oder wie wir sie früher in Buchform nannten: Soloabenteuer. Die Autoren dieser, bisher drei Teile umfassenden Serie, sind die beiden Franzosen Arnaud Ladagnous, der mir bisher nur bei einigen Unlock-Titeln mal untergekommen ist, sowie Thomas Dupont, der mir erst vor kurzem mit Codex Naturalis auffallen konnte. Rein optisch sah Cartaventura auf den ersten Pressebildern nach einem 7th Continent-ähnlichem Titel aus, jedoch stellte sich alsbald heraus, das es sich eher um ein storybasiertes Abenteuerspiel handeln wird, als um einen mechanisch herausforderndes Entdeckungsspiel. Was aber ist neu an Cartaventura und wie genau funktioniert das?
Worum geht es?
In dem hier vorliegenden Teil Vinland schlüpfen wir in die Rolle des Nachfahren von Erik dem Roten, einem norwegisch-stämmigen Seefahrer und Entdecker, der als Gründer der ersten Siedlung auf Grönland gilt. Den Beinamen der Roe trug er allerdings nicht nur wegen seines roten Haares, sondern auch weil er ein recht mordlüsternder Geselle war. Er floh einst mit seiner Familie wegen eines Mordes aus Norwegen nach Island, wo er zunächst lebte, aber auch hier wieder einen Mord beging und verstoßen wurde. Er brach ohne Familie nach Westen auf um das legendäre Land zu suchen. Die Spieler*innen erleben die Geschichte aus der Sicht der Nachkommen und müssen ihren eigenen Weg gehen.
Wie läuft das ab?
Der Spielverlauf ist schnell geschildert. In der sehr kleinen Schachtel finden wir einen 70 Karten umfassenden Stapel mit quadratischen, beidseitig bedruckten Karten, sowie ein historisches Beiheft, indem einiges über den historsichen Hintergrund nachgelesen werden kann.
Der Stapel wird so belassen wie er ist und es wird einfach auf der ersten Karte begonnen zu lesen. Auf den Karten steht dann immer sehr genau, was wir tun müssen. Im Prinzip ist das schon alles. Das Spiel propagiert das Prinzip Auspacken und Losspielen in seiner ursprünglichen Form. Rein thematisch hält sich das Spiel an die historischen Vorgaben, vermischt sie hier und da aber durch Fiktion und die nordische Mythologie.
Grundsätzlich gibt es in diesem Kartenstapel verschiedene Kartentypen mit denen wir unterschiedlich verfahren müssen. Als erstes wären da die Landkarten zu erwähnen, die für den 7th Continent-Look gesorgt haben. Diese werden in der tischmitte ausgebreitet und wir erhalten nach und nach weitere Karten, die wir anlegen können, so dass eine größere Landkarte entsteht. Auch Aktionskarten müssen wir ab und zu anlegen und können uns dann für eine Aktion entscheiden die wir ausführen möchten. Die dann aber zu gewissen Konsequenzen führt und eventuell Einfluß auf die Auslage hat. Karten fordern uns dabei auf, weiter Karten mit bestimmten Nummern aus dem Stapel zu ziehen, Karten umzudrehen oder Karten abzuwerfen. Manche Karten sind Sofortkarten, die erst abgehandelt werden wollen, bevor wir irgendwelche anderen Effekte triggern. Es gibt auch noch Objektkarten, Charakterkarten und Götterkarten, die alle auf ihre eigene Weise funktionieren. Ich werde hier nichts spoilern, aber insgesamt gibt es fünf Enden in diesem Spiel, die alle einen anderen Gang der Geschichte beenden. Wie kann das funktionieren fragt ihr euch. Das ist so einfach wie genial, denn hier werden Am Ende nicht alle Karten wieder in der gleichen Anordnung in einem Stapel zurückgebaut. Manche Karten bleiben gegenüber dem vorherigen Durchlauf einfach umgedreht im Stapel, was bei einem erneuten Durchlauf eine andere Wendung der Geschichte vorsieht.
Das ist es auch schon, vielmehr gibt es hier gar nicht zu berichten.
Das Fazit
Cartaventura: Vinland hat mir durchaus Spaß gebracht, aber dennoch bleibe ich ein wenig zwiegespalten zurück. Die Präsentation in der kleinen Schachtel finde ich sehr gelungen. Die Illustrationen sind ansprechend und passen zum Thema. Die Landkarte die sich da vor mir bildet sieht sehr gut aus. Hier macht Cartaventura wirklich alles richtig. Den kleinen Kniff mit den verschiedenen Verläufen finde ich eigentlich auch gelungen, nur bei mir zündet er leider nicht. Wir haben das Spiel zu zweit gespielt. Auf der Schachtel steht übrigens 1-6 Spieler*innen, aber für mehr als zwei ist diese Sorte Spiel einfach nciht gemacht. Aber warum zündet es nicht? Die Geschichte und das Erlebnis an sich fand ich eigentlich ebenfalls gut. Was ist also mein Problem? Ich habe wirklich etwas länger darüber nachgedacht und ich glaube das Problem bin wirklich nur ich. Ich hatte Lust das Spiel zu spielen und auch es sofort durchzuspielen, was ohne Probleme in der anvisierten Stunde gelang. Danach haben wir es wie das Spiel verlangte in die Form zurücksortiert, dass es beim nächsten Durchgang an den Schlüsselstellen anders verlaufen wird, aber ab diesem Moment war die Luft einfach raus. Ich hatte schlicht keine Lust mehr darauf es nocheinmal durchzuspielen, denn viele Teile kannte ich dann doch bereits und habe mich natürlich an gleichen Stellen einfach anders entschieden, nur um Dinge zu finden (und in diesem Fall zu lesen), die ich vorher noch nicht kannte. Aber das ist schon bei Time Stories bei mir gescheitert. Ich habe schlichtweg keine Lust darauf. Ich würde sofort die beiden anderen Teile spielen wollen, aber auch bei denen dürfte es mir ähnlich gehen. Nun kann ich nicht genau sagen, ob das bei anderen nicht ähnlich ist. Ich kann das auf gar keinem Fall dem „Spiel“ ankreiden und möchte bereits an dieser Stelle sagen, dass ich eine Empfehlung für Leute ausspreche, die gerne storygetriebene Spiele mögen und die kein Problem damit haben viel zu lessen, denn das ist es, was du in diesem Spiel die meiste Zeit tun wirst. Hier kommen wir dann zu dem Punkt, wo, wie immer trefflich darüber sinniert werden kann, ob das überhaupt ein Spiel ist, denn mechanisch ist hier eigentlich ansonsten nichts los. Ein netter Zeitvertreib ist es aber allemal.
- Verlag: KOSMOS
- Autor(en): Thomas Dupont, Arnaud Ladagnous
- Illustrator(en): Guillaume Bernon
- Erscheinungsjahr: 2022
- Spieleranzahl: 1 – 2(6) Spieler
- Dauer: 60 Minuten