Terra Pyramides – Zurück in die Zukunft?

Terra Pyramides

Zunächst ist mir das Spiel durch sein irgendwie imposantes Cover aufgefallen, bei dem ich sofort Lukas Siegmon erkannte, den ich als Künstler sehr schätze. Erst auf den zweiten Blick realisierte ich das wir es hier mit einem Kramer & Kiesling Spiel zu tun haben. Spiele von den beiden sind aufgrund der Vergangenheit beider Autoren immer einen Blick wert. Nach ihren Erfolgen zu Beginn der 2000er kamen in den letzten Jahren wieder vermehrt Spiele der beiden auf den Markt. Terra Pyramides war für uns allerdings auch jenseits des Covers und der beiden Autoren ein Spiel, dass uns interessierte, weil wir es auf der Messe in Essen am Stand von Huch! begutachteten und durch das Material und das zu erwartende Spielgefühl sehr angetan waren. Es liegt nun schon etwas zurück, dass wir das Spiel bei uns auf dem Tisch hatten, aber ich konnte nicht sofort meine Meinung dazu in den Blog schreiben, dafür wollte das erlebte zunächst ein wenig durchdacht werden. Terra Pyramides beschäftigte mich nämlich gedanklich eine ganze Weile, da hier Vieles zusammenkommt, was erwähnt werden will. Einzig der volle Terminkalender verhinderte unterdessen, dass wir das Spiel seitdem erneut auf den Spieltisch brachten.

Worum geht es?

Terra Pyramides beschäftigt sich thematisch mit dem Pyramidenbau. Wir errichten Pyramiden und benötigen dafür Geld, Steine und Arbeitskräfte, mit denen wir die Pyramiden zu Ehren der Gottheiten als Gräber für die Pharaonen und Pharaoninnen erbauen. Für den Bau erhalten wir Punkte und am Ende gewinnt natürlich der- oder diejenige mit den meisten Punkten. Terra Pyramides ist dabei in drei Stufen spielbar und wächst daher in gewisser Weise mit seinen Spieler*innen mit.

Terra Pyramides – Spielbrett / Foto: Spieltroll

Wie läuft das ab?

Es gibt einen großen Spielplan der recht klassisch aussieht und in der Mitte des Tisches platziert wird. Der Spielplan ist zweiseitig und zeigt zwei unterschiedliche Spielfelder. Die Seite ohne Fluss ist diejenige für die erste Partie. Das Spielmaterial ist recht umfangreich und umfasst neben unterschiedlich farbigen Pyramidenteilen auch Plättchen und Bausteine. Alle Mitspielenden erhalten jeweils ein eigenes Tableau das farbige Pyramiden zeigt, sowie runde Spielsteine, die ihre Arbeitskräfte symbolisieren.

Terra Pyramides – Spieler*innentableau / Foto: Spieltroll

Die diversen Plättchen werden teils gemischt und teils sortiert. Ich möchte da nicht zu sehr ins Detail gehen, weil das den Rahmen sprengen würde und für einen Blick auf das Spielgefühl gar nicht so wichtig ist. Vorneweg habt ihr nur einiges zu tun, um den Spielstart vorzubereiten. Wichtig ist nur, dass es zu Beginn des Spiels in der Mitte des Spielfeldes vier Startfelder gibt auf die Bauplättchen gelegt werden. Diese Plättchen zeigen an einer Seite immer Treppenstufen und neben diesen Startfeldern sind die ersten Bauplätze auf dem Plan eingezeichnet. Diese Bauplätze finden wir in unregelmäßigen Abständen auf dem gesamten Spielfeld wieder. Die Startbauplättchen werden nun so auf die Felder gelegt, dass die Treppenstufen auf die Bauplätze zeigen. alle Spieler*innen erhalten ebenfalls ein Bauplättchen verdeckt von den zuvor verdeckt gemischten und zu Stapeln aufgetürmten Plättchen.

Terra Pyramides – Verschiedene Bauplättchen / Foto: Spieltroll

Der Spielablauf ist dann recht einfach, da, wer an der Reihe ist nur immer ein Plättchen auf den Plan legen muss und danach drei mögliche Aktionen abhandeln muss. Danach können lediglich noch ein paar freie Aktionen folgen. Das Plättchen auf den Plan einzulegen folgt nur der Regel, dass es nicht auf einen Bauplatz oder eine Oase, die sich ebenfalls auf dem Spielplan befinden, gelegt werden darf. Darüber hinaus muss die Treppenseite des Plättchens so gelegt werden, dass diese auf einen Bauplatz oder eine Pyramide zeigt. Wähle ich einen leeren Bauplatz so wird ein verdecktes Fundamentplättchen offen auf das Feld gelegt.

Terra Pyramides – Startaufbau auf den mittleren Feldern mit zufälligen Plättchen / Foto: Spieltroll

Nun folgt die Essenz des Spiels. Die Abfolge der drei Aktionen nennt sich Auswahl, Bestückung und Aktivierung.

Terra Pyramides – Anlegen des Plättchens / Foto: Spieltroll

Auswahl

Nach dem Platzieren des Plättchens muss eine Reihe abgehend von dem Plättchen ausgewählt werden. Waagerecht, senkrecht oder diagonal sind möglich und eine solche Reihe wird von Bauplätzen, Fundamenten und Pyramiden begrenzt. Eine solche Reihe kann so maximal vier Felder lang sein, denn die Felder des Spielfeldes sind entsprechend angeordnet.

Terra Pyramides – Bestückung der Reihe / Foto: Spieltroll

Bestückung

Ist die Wahl auf die Reihe gefallen, so wird auf alle Plättchen in dieser Reihe jeweils das gelegt, was das Plättchen anzeigt. Zeigt es einen Arbeiter, so lege ich einen meiner Arbeitersteine auf das Feld, zeigt es einen Baustein so lege ich einen Baustein aus dem allgemeinen Vorrat darauf. Bei leeren Feldern, passiert nichts und Oasen, sowie Horusaugen sind erst im nächsten Schritt von Bedeutung.

Terra Pyramides – Aktivierung der Reihe / Foto: Spieltroll

Aktivierung

Nun passiert Folgendes: Oasen und Horusaugen erzeugen jeweils ein Gold für mich. Platzierte Bausteine lege ich auf mein Bautableau auf die Farbe, die das Plättchen mir anzeigt und Arbeitskräfte ziehe ich waagerecht oder senkrecht auf freie oder eigene Fundamente oder Pyramiden. Sie dürfen aber nicht über leere Felder, Pyramiden oder leere Bauplätze hinweg gezogen werden. Kann ich sie nicht ziehen, so werden sie entfernt.

Terra Pyramides – Bau einer Pyramide, zumindest der ersten Stufe / Foto: Spieltroll

Nachdem ich diese Schritte abgehandelt habe, ziehe ich ein neues Plättchen vom Vorrat und darf noch Zusatzaktionen machen. Dazu gehört das Tauschen von Bausteinen, von zwei einer beliebigen Farbe in einen weißen. Diese fungieren als Joker. Habe ich genügend Arbeitskräfte am Bauplatz/Pyramide und besitze die richtige Menge und Farbe an Bausteinen, so darf ich nun auch Pyramiden bauen. Diese werden in fünf Stufen, beginnend mit dem Fundament, ausgebaut. Für jede Stufe benötige ich immer drei Arbeiter und der Steinbedarf steigt pro Stufe um einen Stein an.

Terra Pyramides – Nach dem Bau der ersten Stufe der grünen Pyramide / Foto: Spieltroll

Ich darf mit einer freien Aktion auch mein Gold ausgeben. Für Gold dürfen sich die Spieler*innen Plättchen, Arbeitskräfte und Bausteine kaufen. Wenn der Vorrat an Bauplättchen zur Neige geht, endet auch das Spiel und die Spieler*innen vergleichen ihre Punkte. Pyramiden sind natürlich mehr wert, je höher sie sind. Eine Pyramide der Stufe eins bringt nur fünf Punkte, während eine voll ausgebaute schon mit 60 zu Buche steht. Auch restliche Bausteine sind noch Punkte wert.

Terra Pyramides – Eine komplette Pyramide / Foto: Spieltroll

Wer nun noch nicht genug von diesem Spiel hat, auf denen warten die beiden Extraumschläge mit weiterem Spielmaterial und veränderten Varianten. Ich möchte aber spielerisch hier noch nicht allzu viel verraten und gehe deshalb nur ein wenig im Fazit auf die Varianten Horus und die Grabbeigaben sowie Der Nil und die Oasen ein.

Das Fazit

Ich schicke erstmal vorweg, dass ich Terra Pyramides mag, aber auch einige Kritikpunkte haben werde. Das Spiel ist im besten Sinne altmodisch und kam mir während der Erstpartie nicht nur wegen der beiden Autoren, wie ein Schritt in die Vergangenheit vor. Das Spielbrett ist oldschool und es tut wirklich mal wieder gut ein Spiel zu erleben, das zum Großteil auf einem Brett stattfindet und auf dem alle Spieler*innen hantieren und in Konkurrenz treten. Alle haben zwar ihr eigenes Ressourcentableau auf dem munter im Spielverlauf hin und her getauscht wird, aber das ist völlig okay und auch nicht das was ich meine. Gefühlt wird diese Form der Interaktion immer seltener. Auch das was wir hier tun, fühlt sich nach früher an. Wir setzen Plättchen ein und dann passiert etwas auf dem Brett. Einfach wunderbar und klar in seiner Struktur. Jedoch beschlich uns als erfahrene Brettspieler*innen ein seltsames Gefühl während des ersten Spiels. Ich wusste zwar, dass es noch Umschläge mit weiteren Regeln gab, aber ich fand die Anleitung und einige der Herangehensweisen an das, was wir spielerisch da tun, etwas umständlich erklärt. Ich konnte mir auch die ganze Zeit nicht erklären, wofür die Kramerleiste denn da ist, denn die Punkte werden ja nicht während des Spiels, sondern erst am Ende gezählt, was sie völlig überflüssig macht.

Terra Pyramides – Begrenzung auf vier Goldmünzen und sieben Steine / Foto: Spieltroll

Die Anleitung ist überhaupt ein Kritikpunkt. Einige Formulierungen sind kaum richtig deutbar und müssten klarifiziert werden. Das wurde erst besser, als ich tatsächlich die Regeln der weiteren Teilbereiche aus den Varianten kannte und so wirkt die Anleitung an einigen Stellen gekürzt, so als wäre das Spiel erst komplett gewesen und hinterher wurden Teile entfernt und die Anleitung möglichst sinnvoll zusammengestrichen. Na ja, einfach nicht die beste Anleitung unter der Sonne. Das Spiel aber ist famos und machte uns wirklich auch schon in der Basisversion, denn nichts anderes ist es ja, Spaß. Die taktischen Möglichkeiten sind vielfältig vorhanden und wir müssen immer zwischen Steinen und Arbeitern abwägen. Hier sei noch erwähnt, dass die Spieler*innen nie mehr als vier Goldstücke haben dürfen und am Ende der Runde maximal sieben Steine auf ihrem Tableau lagern können. Das allein sorgt für eine Triebfeder. Die Spieler*innen sind also immer gefordert die richtigen Aktionen zu machen oder ihre Ressourcen auch mal zwischendrin auszugeben. Mit vier Spieler*innen wird das Spiel auch recht umfangreich und es gibt viele Felder zu beachten und Reihen die sich lohnen können. Das Zugsystem mit dem anbauen des Plättchens und den sich daraus ergebenen Reihen ist ziemlich gut umgesetzt und machte uns wirklich eine Menge Freude.

Terra Pyramides – Umschläge mit Spilevarianten / Foto: Spieltroll

Die beiden Umschläge sollen dafür sorgen, das Spiel nach und nach komplexer und interessanter zu gestalten, so dass die Spieler*innen sich nicht so schnell davon gelangweilt fühlen und das gelingt, wenn auch nur zum Teil, wie ich finde. Während die oben beschriebene Version die Basisversion darstellt, verbirgt sich hinter der ersten Erweiterung Horus und die Grabbeigaben für meinen Geschmack das vollständige Kennerspiel. So sollte es gespielt werden, denn die Kramerleiste bekommt einen Sinn und die Horusaugen sind auch endlich nicht nur Goldlieferant. In dieser Konstellation machte uns das Spiel deutlich am meisten Spaß. Umschlag Nummer zwei erweitert das Spiel nochmal und fügt vor allem den Nil hinzu. Dieses Spiel fühlt sich nun wie eines an, dass durch eine neue Erweiterung zu einem völlig neuen und leider nicht besseren Spielerlebnis führt. Solcher Erweiterungen kann ich tatsächlich selten ausstehen und deshalb kommt sie bei uns auch nicht mehr zum Einsatz. Wir ignorieren sie einfach. Aber es gibt bestimmt Spieler*innen die sie sehr zu schätzen wissen, denn das Spiel wird tatsächlich noch komplexer durch sie.

Zurück in die Zukunft also, weil ich glaube das der Brettspielmarkt sich über kurz oder lang wieder verändern wird und alles wieder ein bisschen zurückschraubt. Etwas weniger aufgeblasen in punkto Material, dafür nachhaltiger und ein wenig mehr oldschool, so wie dieses Spiel, bei dem wir immer das gefühlt hatten, es hätte auch kurz nach Tikal und Torres entstehen können.


  • Verlag: Huch!
  • Autor(en): Wolfgang Kramer, Michael Kiesling
  • Illustrator(en): Lukas Siegmon
  • Erscheinungsjahr: 2023
  • Spieleranzahl: 1-4 Spieler*innen
  • Dauer: 45 – 90 Minuten

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