Sattgrün – Zimmerpflanzen oder Pflanzenzimmer?

Sattgrün

Das ist tatsächlich eine gute Frage, wenn ich mir das Spielmaterial und das Spielprinzip von Sattgrün vor Augen halte, denn hier beschäftigen wir uns in de Tat mit beidem. Aber fangen wir erstmal vorne an. Sattgrün ist soetwas wie der dritte Titel einer Legespielreihe von Flatout Games und deren Autoren. Der erste Teil ist das von Kevin Russ erfundene Calico, indem wir einen Quilt herstellen und damit versuchen Katzen anzulocken. Klingt seltsam, aber genau das tun wir in dem Spiel und es ist ein wirklich sehr gelungens und sehr gemeines, sich immer schwieriger gestaltendes Legespiel, welches hierzulande bei Ravensburger erschien und es definitiv in sich hat. Teil zwei ist sozusagen Cascadia gewessen, welches weltweit Preise abgeräumt hat und auch den Preis für das Spiel des Jahres 2022 gewinnen konnte. Hier legen wir Landschaften aus und müssen Tiere nach vorgegebenen Mustern auf die Landschaften legen, so dass sich ein zweilagiges Legepuzzle entwickelt. In Sattgrün, dem dritten Teil, an dem ebenfalls wieder Kevin Russ mitgearbeitet hat, richten wir unsere Wohnung mit Zimmerplanzen und Interieur ein und versuchen die Pflanzen möglichst gut gedeihen zu lassen. Klingt doch auch ganz gut…

Worum geht es?

Um es etwas genauer zu sagen: wir bauen vor uns eine Auslage aus fünfzehn Karten auf. Das Raster besteht aus drei mal fünf Karten und muss einem Schachbrett gleich immer abwechselnd aus einer Zimmerkarte und einer Pflanze bestehen. Die Pflanzen müssen wir zu ihrer vollen Blüte pflegen und die Zimmer am besten mit passendem Interieur einrichten. Das alles gilt es zu beachten und natürlich gibt es interessante Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Elementen. Für vieles erhalten wir am Ende Punkte und wer die meisten aus seinen Zimmern ziehen kann gewinnt.

Sattgrün – Aufbau der zentralen Auslage / Foto: Spieltroll

Wie läuft das ab?

Machst du die Schachtel von Sattgrün auf, wirst du erstmal von wahnsinnig viel Material erschlagen. Es gibt wirklich jede Menge Zeug. Wir finden jede Menge Karten in der Schachtel, die sich in Zimmerkarten, Zimmerpflanzen und drei verschiedene Zielkarten, sowie ein paar Erklärungskarten aufteilen. Dann gibt es Holzmarker in Blattform in groß und klein, jede Menge quadratische Pappmarker, die Tiere und Einrichtungsgegenstände zeigen und dabei in fünf Farben vorhanden sind. Plättchen mit Dünger, Schaufeln und Gießkannen darauf. Jede Menge unterschiedliche Blumentöpfe und Marker mit Daumen. Ein Beutel und natürlich der obligatorische Wertungsblock. Das alles ist erstmal eine ganze Menge und es gibt dementsprechend eine ganze Menge über Sattgrün zu wissen.

Sattgrün – Blattmarker für das Wachstum / Foto: Spieltroll

Zentrales Element für die Spieler*innen, ist wie in Cascadia die Auslage. Hier gibt es diesmal zwei unterschiedliche Kartenarten (Zimmer und Pflanzen) die in zwei Reihen ausliegen. Je vier Karten liegen offen aus. Zwischen die beiden Karten wird imemr auch ein Plättchen aus dem Beutel gezogen. Im Beutel befinden sich alle bunten Einrichtungs- und Tierplättchen, sowie der Dünger, die Schaufeln und die Gießkannen. Also in der oberen Reihe lieg eine Pflanze, darunter ein Plättchen und darunter ein Zimmer. So ergeben sich vier Spalten mit Karten und Plättchen. Blumentöpfe, Daumen und Blätte werden als Vorrat ebenfalls in der Mitte des Tisches bereitgelegt. Spielen wir mit den Zielkarten, so erhält jede*r von jedem Stapel verdeckt eine Zielkarte. Wir haben also drei Ziele zu erfüllen, für die wir am Spielende extra Punkte bekommen können. Sattgrün empfiehlt das aber für fortgeschrittene Spieler*innen.

Sattgrün – Vier Spalten mit Karten und Plättchen / Foto: Spieltroll

Zum Spielaufbau gehört auch das jeder eine Aufbewahrungskarte erhält und das alle je eine Karte vom Zimmer- und Pflanzenstapel ziehen. Diese beiden Karten bilden den Anfang der eigenen Auslage und müssen irgendwie nebeneinander gelegt werden. Auf die Legeregeln komme ich gleich zu sprechen. Der- oder diejenige mit der Pflanze mit dem höchsten Wachstumswert beginnt die Partie. Anschließen bekommen die Spieler*innen noch Startdaumen. Die Person die beginnt erhält keine, die Person recht davon zwei und alle anderen einen. Diese werden auf die eigene Aufbewahrungskarte gelegt.

Sattgrün – Orthogonal anlegen / Foto: Spieltroll

Das Spiel kann beginnen. Ziel ist es eine möglichst punktereiche Auslage zu bilden. Das Spiel endet sobald alle ihre 15. Karte in die Auslage gelegt haben, was nach dreizehn Zügen der Fall sein wird. Ein Spielzug unterteilt sich in mehrere Phasen, die jede*r Spieler*in durchläuft. Zunächst muss eine Spalte der Auslage gewählt werden und dann wird eine der beiden Karten, sowie das Plättchen genommen. Sollten auf einer der Karten zusätzlich Daumen liegen, werden auch diese genommen. Nach dieser Wahl, müssen die Karten in die eigene Auslage/das eigene Zuhause eingebaut werden. Dabei sind folgende Regeln zu beachten: Die Karten müssen immer orthogonal angelegt werden. Es muss immer abwechselnd eine Zimmer- und Pflanzenkarte gelegt werden. Darüber hinaus müssen Karten auch richtig herum ausgerichtet sein, dürfen also nicht auf dem Kopf liegen. Karten dürfen nicht wieder verschoben werden und so entsteht nach und nach eine schachbrettartige Auslage aus 5×3 Karten.

Sattgrün – Schachbrettmuster in der eigenen Auslage / Foto: Spieltroll

Im nächsten Schritt des eigenen Zugs werden die Lichtbedürfnisse der gerade gelegten Pflanze, bzw. die Lichtverhältnisse des gerade gelegten Raums überprüft. Was heißt das genau? Die Zimmerkarten sind so aufgebaut, dass sie an jedem Rand eines von drei Lichtbedürfnisssymbolen aufweisen: Sonne, Halbschatten oder Schatten. Die Pflanzenkarten zeigen auch ein bis drei dieser Symbole. Sobald es eine übereinstimmung der gerade gelegten Karten gibt, wird dafür ein Blatt pro Übereinstimmung auf die entsprechenden Pflanzenkarten gelegt. Die Pflanzenkarten verfügen in der oberen rechte Ecke über einen Wachstumswert in einem Blatt. Sobald wir diesen mit der Anzahl Blätter erreichen, bekommen wir am Spielende die Punkte für die Pflanze. In der Regel ist der Wert aber viel höher, als wir ihn durch das bloße Anlegen an die richtigen Lichtbedürfnisse überhaupt erreichen könnten. Dazu aber auch gleich mehr.

Sattgrün – Lichtverhältnis Übereinstimmung

Nachdem wir also alles überprüft und eventuelle Blätter verteilt haben, dürfen wir das ausgewählte Plättchen platzieren oder einsetzen. Möbelstücke oder Tiere werden auf den Zimmerkarten platziert. Diese Plättchen weisen die gleichen Farben wie die Zimmer auf. Wir dürfen die Plättchen auf jeder Karte platzieren, aber es darf immer nur ein Plättchen pro Karte ausliegen. Ich darf das Plättchen auch auf meine Aufbewahrungskarte legen und dafür eines von dieser Karte einsetzen oder sogar beide. Es darf immer nur ein Plättchen auf der Aufbewahrungskarte liegen. Die Möbelstücke und Haustiere erfüllen zwei Zwecke. Zum einen sind sie Multiplikatoren für die Zimmerkarte am Ende des Spiels, wenn die Farbe mit dem Zimmer übereinstimmt. Zum anderen sammeln wir unterschiedliche Plättchen in einem Set Collection Element und erhalten auch dafür Punkte.

Sattgrün – Marker mit Gartengeräten / Foto: Spieltroll

Neben den farbigen Plättchen gibt es auch noch diejenigen mit den Gartengeräten darauf. Die alle von uns für bestimmte Zwecke eingesetzt werden können. Mit dem Dünger platzieren wir auf einer Pflanze unserer Wahl drei Blätter. Die Gießkanne versorgt alle Pflanzen die an einem Raum angrenzen, so dass alle benachbarten Pflanzen ein Blatt erhalten. Mit dem Schäufelchen dürfen wir drei von uns ausgewählten Pflanzen innerhalb der Wohnung je ein Blatt hinzufügen. Mit diesen Plättchen schaffen wir es dann also die Wachstumswerte der Pflanzen zu erreichen. Sollten wir das in unserem Zug bei einer oder mehreren Pflanzen geschafft haben, so bekommen wir für jede Pflanze einen Blumentopf den wir auf die entsprechende Karte legen und die Blätter entfernen. Die Blumentöpfe sind je nach Sorte ebenfalls verschiedene Punkte wert. Es lohnt sich also Pflanzen möglichst schnell abzuschließen, um die lukrativsten Blumentöpfe abzugreifen.

Sattgrün – Grüne Daumen / Foto: Spieltroll

Bevor als letztes noch der Markt wieder aufgefüllt werden muss und immer ein daumen auf eine Karte gelegt wird, sollte ich noch ein paar Worte über die (grünen) Daumen verlieren. Diese dürfen wir ebenfalls aufbewahren. Allerdings maximal fünf Stück. Diese darf ich für vier verchiedene Aktionen einsetzen. Entweder darf ich den Markt für zwei Daumen erneuern, bevor ich mich für etwas entscheide. Für zwei Daumen darf ich eine Kartenreihe erneuern, sowie ebenfalls für zwei auch die Plättchen. Alle Karten auf denen sich Daumen befinden, werden dabei nicht mitgetauscht. Außerdem darf ich für zwei Daumen auch eine Karte und ein Plättchen aus unterschiedlichen Spalten nehmen, oder ich füge einer Pflanze ein Blatt hinzu.

Sattgrün – Optionale Zielkarten / Foto: Spieltroll

Mehr passiert auch schon gar nicht. Am Ende bekommen wir für alle mögliche Dinge Punkte und rechnen ab. Insgesamt stehen sieben Kategorien auf dem Wertungszettel. Spielen wir mit den Zielkarten sogar acht. Jede Menge Dinge also auf die ich den Fokus legen kann.

Das Fazit

Bei uns traf Sattgrün auf ein sehr gemischtes Echo. Im Grunde mochte es eigentlich jede*r. Vordergründig gibt es auch erstmal gar nicht soviel zu meckern. Das Spielprinzip ist super solide und verlangt von seinen Spielenden viele wichtige Entscheidungen. Diese liegen auch selten offen auf der Hand, sondern wollen abgewägt werden. Die Spieltiefe ist also vorhanden und scheint den meisten auch so zu gefallen. Mir machte das Ganze auch ein paar Partien lang Spaß, doch dann bröckelte die Fassade ein wenig. Das fing genau da an, wo ich mich vom Lernen des Spiels entfernte und mit dem richtigen Spielen anfing. Selten bin ich ein Spieler, dem mangelnde Interaktion auf den Zeiger geht, aber Sattgrün ist so ein Fall. Das eigene Spiel in der Auslage ist irgendwann nicht mehr genug und dann fällt mir hier tatsächlich auf, das mir die anderen Auslagen komplett egal sein können. Das Maximum an Interaktion ist das Wegnehmen eines relevanten Plättchens oder einer Karte. Ich bemängel das sonst nie, weil mir solistische Spiele eigentlich sehr oft gut gefallen. Bei Sattgrün finde ich es irgendwann störend. Ich habe die Vermutung das es daran liegen könnte, dass Sattgrün genau an der Schnittstelle zwischen Familien- und Kennerspiel herumwabert. Es gibt soviele kleine Details und Material das beachtet und verwaltet werden will, was es für die Gelegenheitsspieler viel zu frickelig werden lässt. Auf der anderen Seite ist das Spiel aber dann auch wieder so gradlinig und einfach zu spielen, dass es für diese kein Problem darstellen sollte.

Die Thematik des Spiels wirkt außerdem völlig aufgesetzt und absolut mechanisch. Auch das stört mich sonst wenig, wenn hier nicht irgendwie versucht werden würde das Thema immer wieder zu bedienen ohne es doch zu schaffen. Das größte Problem ist jedoch, dass Sattgrün ein Punktesalat ist, bei dem ich gefühlt trotzdem das nehmen muss, was ich bekomme. Ich kann das nicht beeinflussen oder im Vorfeld planen. Bis ich an der Reihe bin ist das meiste eh wieder aus der Auslage verschwunden. Zumindest ab drei Spieler*innen. Zu zweit hält sich das in Grenzen und hier schneidet das Spiel für mich am besten ab.

Der obligatorische Vergleich zu den Vorgängern fehlt natürlich noch und da mus ich sagen liegt es vom Schwierigkeitsgrad genau in der Mitte. Calico ist ein brutales Spiel, bei dem ich meine Möglichkeiten immer weiter einschränke und nach hinten raus alles selbst in den Sand setzen kann, während Cascadia das totale Gegenteil ist und mir mit viel Offenheit Möglichkeiten zur Entfaltung lässt und durch sein zwei Lagenprinzip deutlich spannender bleibt. Sattgrün ist genau dazwischen anzusiedeln, außer das es eben die Spannung der beiden Vorgängertitel vermissen lässt.

Ein Wort noch zum Material von KOSMOS, dass in letzter Zeit immer billiger zu werden scheint. Die Kartenqualität von Sattgrün ist schwach und auch die Marker sind selten gut gestanzt. Der Stoffbeutel ist ein Highlight und die Artworks vor allemd er Pflanzen von Beth Sobel sind wunderschön. Nur die restliche Gestaltung der Zimmer wirkt irgenwie zu technisch für mich.

Sattgrün ist ein Spiel das vielen gefallen wird, einige, wie mich, aber auch ratlos zurücklässt. Irgendwie ist das nichts Halbes und nichts Ganzes.


  • Verlag: KOSMOS
  • Autor(en): Molly Johnson, Robert Melvin, Aaron Mesburne, Kevin Russ, Shawn Stankewich
  • Illustrator(en): Beth Sobel
  • Erscheinungsjahr: 2023
  • Spieleranzahl: 1 – 5 Spieler*innen
  • Dauer: 45 – 60 Minuten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.