Indianer! Nein, das ist heutzutage nicht mehr politisch korrekt, Ureinwohner ist da einfach besser. In diesem Fall geht es um die Ureinwohner Nordamerikas und das Spiel ist nicht, wie man jetzt vielleicht irrtümlicherweise annehmen könnte, von einem Amerikaner entwickelt worden, nein, es stammt von drei Russen. Genauer gesagt von Trehgrannik, einer Autorengruppe, die sich auf die Fahnen geschrieben hat, Spiele für Jedermann/frau zu entwerfen. Der Doktor, der Architekt und der Ingenieur basteln in ihrer wahrscheinlich beschränkten freien Zeit an diversen Spielen herum und in dem einzigen, das ich bisher kennenlernen durfte und heute hier vorstellen möchte geht es eben um die Ureinwohner Amerikas und ihr Leben in der weiten Prärie. Ich nehme an dieser Stelle gleich mal vorweg, dass das Spiel im Kern absolut unthematisch ist und es eigentlich nur um die Mechanik geht. Das muss aber ja nicht schlecht sein…
Worum geht es ?
In Natives spielen die Kontrahenten jeweils einen Stamm, der versucht sich durch geschickte Kartenauswahl, aus der sogenannten Prärie, gegenüber den anderen Stämmen durchzusetzen. Das spiegelt sich natürlich in Punkten wieder, die am Ende über Sieg und Niederlage entscheiden. Natives kommt dabei gleich mit mehreren Erweiterungen daher, mit denen man das Spielerlebnis nach und nach noch steigern kann oder gleich von Beginn an in die Vollen gehen kann.
Wie läuft das ab ?
Natives ist ein Kartenspiel und es besteht ausschließlich aus 200 Stück. Keiner Marker oder sonst etwas, einfach „nur“ Karten. Jeder Spieler bekommt zu Beginn ersteinmal einen Satz von 7 Startkarten, die seinen Stamm repräsentieren. Jeder Stamm hat eine eigene Farbe und besteht zu Beginn aus eben nur sieben Mitgliedern, die jeder über einen anderen Beruf oder sagen wir Fähigkeit verfügen. Von links nach rechts legen wir die sieben Karten in einer Reihe vor uns aus. Kundschafter, Ältester, Schamane, Krieger, Farmer, Fischer und Jäger gibt es da und mit allen können wir natürlich andere Dinge tun. Der Spielaufbau ist damit auch schon fast durch, ich erkläre hier erstmal nur das Basisspiel und gehe im Anschluß auf die Erweiterungen ein. Zwei Karten werden noch zur Seite gelegt, die Startspielerkarte und die „Es ist Winter“-Karte. Die restlichen Karten des Basisspiels werden gemischt, anschließend zehn verdeckt abgezählt und als Stapel bereitgelegt. Darauf kommt die „Winterkarte“ und dann wird der Rest oben drauf gelegt. Natives nennt das den Präriestapel. Anschließend werden noch fünf Karten von diesem Stapel offen aufgedeckt – die Prärie.
Dann kann es auch schon losgehen. Der Startspieler beginnt, indem er drei Schritte nacheinander abhandelt. Dann wandert das Spiel so um den Tisch, bis irgendwann einer die „Winterkarte“ aufdeckt und das Spielende einläutet. Die Runde wird dann noch beendet und die Punkte werden gezählt.
Drei Schritte für einen einzelnen Spieler klingt erstmal viel, aber das ist alles sehr schnell erledigt. Als erstes wird für Nachschub gesorgt und der Spieler dreht eine Karte des Stapels um und legt sie in die Prärie. Der zweite Schritt ist der Kundschafterschritt und dieser ist optional. Wenn der Spieler also möchte, dann darf er weitere Karten vom Stapel aufdecken, unzwar soviele, wie er Kundschafter in seinem Stamm hat. Am Anfang ist das natürlich erstmal nur einer. Der dritte Schritt besteht dann darin, eine seiner Stammeskarten zu aktivieren und die dazugehörige Aktion zu absolvieren.
Der Kundschafter ist in Schritt drei nicht mehr auswählbar, so dass ein Spieler hier die Wahl aus sechs Möglichkeiten hat, die natürlich auch abhängig von der Auslage sind. Dazu muss man wissen, was es alles für Karten in Natives gibt. Zum einen gibt es viele Nahrungskarten in drei Kategorien – Mais, Fisch und Bisons -, zum anderen weitere Stammesmitglieder in den vier Spielerfarben. Im Basisspiel gesellen sich noch Totemkarten dazu und mehr gibt es da ersteinmal nicht. Die Stammesmitglieder unterteilen sich außer in den Farben noch in zwei Punktekategorien. Die einfarbigen Karten sind zwei Punkte wert und die zweifarbigen nur einen, diese gehören dafür aber auch immer zu zwei Stämmen.
Wählen wir die Aktion des Ältesten, so dürfen wir Stammesmitglieder aus der Prärie nehmen und sie unserem Stamm anschließen. Für jeden Ältesten ein Stammesmitglied. Diese legen wir dann unten unter unsere Stammeskarten und weisen sie so einer Funktion zu. Bekommen wir mehrere Stammesmitglieder, so dürfen wir sie auch verschiedenen Funktionen zuweisen. So bauen wir unseren Stamm nach und nach aus. Hierbei muss man noch wissen, das wir nicht nur auf unsere Farbe beschränkt sind. Wir können auch durchaus andere Farben benutzen, nur sind diese am Spielende negative Punkte wert, aber natürlich erlauben sie es uns, genauso wie Karten unserer Farbe, mehr Karten aus der Prärie zu nehmen, was ja vorteilhaft für uns ist.
Mit dem Krieger machen wir gefangene und nehmen uns soviele Stammesmitglieder aus der Prärie, wie wir Krieger haben. Diese schieben wir dann oben unter unsere Kriegerkarte und jede so gefangene Karte ist für uns einen Punkt am Ende wert. Der Farmer, Fischer und Jäger machen das genauso, nur mit der jeweiligen Nahrungssorte. Mais ist zwei Punkte wert, Fisch drei und Bison sogar vier. Aber dafür gibt es auch weniger Bisons im Stapel und am meisten Mais. Der Schamane hat es derweil auf Totemkarten abgesehen und legt diese ebenfalls oben an. Totem sind besondere Siegpunktkarten die jeweils zwei oder einen Siegpunkt für eine Kartenart, die sich im eigenen Stamm befinden Wert sind.
Das ist auch schon das gesammte Basisspiel, welches man dann noch durch drei Erweiterungen komplexer machen kann. Die erste Erweiterung nennt sich „Die Rituale“ und fügt dem Spiel lediglich 16 Ritualkarten hinzu. Sie werten die Schamanen, die im normalen Spiel ein wenig zu kurz kommen, noch ein wenig auf. Rituale bringen bei Spielende zwischen ein und vier Punkten und verfügen über einen sofortigen Effekt, den man ausführen muss, wenn man sie in seinen Stamm legt. Die zweite Erweiterung „Die Jahreszeiten“ erweitert Natives dann um die restlichen Jahreszeiten. Dabei gibt es immer ein paar Karten pro Jahreszeit zur Auswahl, die alle einen anderen Effekt auf das Spiel haben. So darf man manchmal zum Beispiel am Ende einer Runde immer noch eine Nahrung aus der Prärie nehmen oder ähnliches. Sommer und Herbst werden dann in entsprechenden Abständen in den Präriestapel einsortiert, so dass man immer nach einer gewissen Zeit einen Wechsel hat. Der Winter bleibt aber komplett unberührt. Diese Erweiterung erweitert das Spiel um ein paar taktische Erwägungen und erhöht den Wiederspielreiz enorm.
Die dritte Erweiterung „Die Seele der Prärie“ verleiht Natives dann aber die meiste Würze, indem sie gleich vier Neuerungen einführt. Zum einen gibt es „Große Nahrungsmittel“. Das sind Karten die einfach mehr Wert sind und von denen man sich immer nur eine nehmen darf, wenn sie in der Prärie liegen. Die zweite Neuerung sind die sogenannten Legendären Helden. Das sind spezielle Stammesmitglieder die über besondere Fähigkeiten verfügen und für denjenigen der sie in seinen Stamm holt ein kleines Risiko darstellen, weil sie über eine Bedingung verfügen, die einem 8 Punkte am Spielende einbringen kann, wenn man sie erfüllt. Schafft man es aber nicht, so ist ein solcher Held am Ende zwei Minuspunkte wert. Das dritte neue Element bringt dann etwas mehr Interaktion zwischen den Spielern ins Spiel, indem es acht Konflikt und Eintracht-Karten ins Spiel bringt. Zieht ein Spieler eine solche Karte vom Stapel, so muss er sie sofort abhandeln und sich entscheiden, ob er Konflikt oder Eintracht wählt. Diese Karten haben zeigen immer eine Farbe und der Spieler kann wenn er Konflikt wählt 3 Punkte am Spielende erhalten, wenn er mehr Krieger hat, als der Spieler, dessen Farbe gezeigt wird. Falls diese Farbe nicht mitspielt, hat der imaginäre Gegner immer 2 Krieger. Kann er den Gegner nicht besiegen oder will es nicht, so wählt er Eintracht und legt die Karte mit der Eintracht Seite nach oben und zeigt somit an, das beide Spieler jeweils einen Punkt bekommen. Die letzte Neuerung betrifft den Spielaufbau an sich, denn spielt man mit dieser Erweiterung, so werden anstatt der fünf offenen Karten, gleich zehn Karten in die Prärie gelegt.
Das Fazit
Natives ist kein schlechtes Spiel, aber leider hat es auch ein paar Schwächen. Für eine Partie zwischendurch bringt es durchaus Spaß, aber zum Dauerbrenner wird es leider nicht, dafür ist es mir persönlich ein wenig zu eintönig. Das Basisspiel an sich gefällt mir zwar mechanisch ganz gut, ist aber einfach nicht abwechslungsreich genug um lange zu fesseln, das wird beinahe schon während der Partie öde, da man ja jeden Zug immer nur das gleiche macht. Deutlich interessanter wird es mit den beigefügten Erweiterungen, die man wirklich einfach immer benutzen sollte. Die Jahreszeiten durch ihre verschiedenen Einflüsse bringen deutlich mehr Taktik und Spielspaß und auch die Großen Nahrungen und die Legendären Helden werten das Spiel deutlich auf. Wie oben bereits erwähnt finde ich kommen die Schamanen auch ein wenig zu kurz, da es nur acht Totems im spiel gibt. Dabei sind die Totems dann aber auch noch recht Spielentscheidend, da mit unter sehr punkteträchtig. Wenn ein Spieler sie aufdeckt und sich dann gleich unter den Nagel reißt, so kann das schonmal spielentscheidend sein. Dafür gibt es einfach zu wenige und die Rituale sorgen dann zwar dafür, das man die Schamanen auch mal mehr benutzt, aber richtig gut fühlen sie sich dann immer noch nicht an.
Die Konflikt- und Eintrachtkarten machen im Spiel zu zweit dann aber auch nur wenig Sinn und sollten meiner Meinung nach nur mit drei oder vier Spielern benutzt werden. Das Spiel an sich macht mir hingegen aber zu zweit am meisten Spaß. Nicht unerwähnt bleiben sollte aber auch, dass Natives durch seine Auslage auch ein gewisses Mass an Platz braucht, um gespielt zu werden, was dem auf ihrer Website propagiertem Reisespiel eindeutig widerspricht. Natives gehört für mich in die Kann-gespielt-werden-, aber definitv nicht in die Muss-gespielt-werden-Kategorie.
- Verlag: KOSMOS
- Autor(en): Anatoly Shklyarov, Alexey Paltsev, Alexey Konnov, Trehgrannik
- Illustrator(en): Victor Zaburdaev
- Erscheinungsjahr: 2018
- Spieleranzahl: 2 – 4
- Dauer: 30-45 Minuten