
In der letzten Zeit habe ich mich ja recht viel mit Solospielen beschäftigt. Zum einen, um dem wachsenden Interesse an solchen Spielen Rechnung zu tragen, denn es ist kaum von der Hand zu weisen, dass in den letzten Jahren immer mehr reiner Solospiele auf den Markt drängen, nachdem auch fast jedes Spiel inzwischen über einen Solomodus verfügt. Zum anderen sind sie für mich im Moment auch eine Möglichkeit durch die mangelnde Zeit mich dennoch mit für mich neuen Spielerfahrungen auseinanderzusetzen. Heute soll es deshalb um ein Spiel gehen, dass ich schon länger auf dem Schirm hatte. Nun erschien es endlich auch auf Deutsch bei Schwerkraft. Die Rede ist von Hexenwerk!, einem Spiel das mich thematisch abholt und das im Prinzip eine Neufassung oder Weiterentwicklung von Resist! ist. Einem Spiel das bisher nie auf Deutsch erschienen ist, was ich vermute wohl mit dem schwierigen Thema der Franco-Diktatur und dem Widerstand zusammenhängen dürfte. Die verantwortlichen Autoren transportierten das Geschehen nun in ein etwas weiter zurückliegendes Thema, das allerdings ebenfalls ein schwieriges ist: Die Hexenprozesse von Salem, auch wenn das Spiel in einer fiktiven Welt spielen soll, wie die Einführung erklärt, sind doch einige Parallelen überdeutlich zu erkennen.
Worum geht es?
Im Dörfchen Wildegrens ist die Bevölkerung mehr als verunsichert. Die Dorfbewohner verbarrikadieren sich in ihren Häusern, weil sie Angst haben. Angst vor der Dunkelheit und den Dingen die sich nachts im Wald bewegen. Dürftige Ernten, totes Vieh und immer wieder verschwindende Dorfbewohner befeuern die Angst. Einige Frauen scheinen sich aber dennoch dagegen zu wehren und verhalten sich seltsam, zumindest für die verängstigten Bewohner*innen. Die Spieler*innen steuern in diesem Spiel diese Frauen, die durch Wissen und Macht sich dem Unbekannten entgegenstellen und dafür mit Verfolgung und Strafe belohnt werden. Auf Missionsbasis versuchen wir gegen die Gefahren zu bestehen und die Obrigkeit davon zu überzeugen, dass wir dem Dorf nur Hilfe bringen. Ein sehr schwieriges Unterfangen.

Wie läuft das ab?
Ich werde hier die Regeln für das Standard-Spiel aufgreifen, möchte aber vorab bereits darauf hinweisen, dass dem Spiel ein Szenario Heft mit dem Titel „Geschichten aus Wildegrens“ beiliegt, durch das weitere Spielmöglichkeiten mit unterschiedlichen Aufgaben auf die Spieler*innen warten. Für Abwechslung ist also gesorgt, denn auch das Standardspiel wartet schon mit verschiedenen Möglichkeiten auf.

Für ein Solospiel dieses Schwierigkeitsgrades und der Thematik gilt es erstmal ein bisschen etwas vorzubereiten. Hexenwerk! steuert sein Spiel über diverse Karten. Es gibt drei verschiedene Kartengrößen, die sich innerhalb ihrer Größe aber auch noch durch verschiedene Funktionen und Rückseiten unterscheiden. Wir bilden eine Auslage vor uns mit der wir interagieren. Ganz oben legen wir drei Geschworene Karten aus. Insgesamt gibt es Acht. Auf diesen zeigen wir auf einer Leiste die Überzeugung an. Am Anfang steht der Wert bei allen drei auf dem Wert Zwei. An dieser Stelle kann der Schwierigkeitsgrad noch angepasst werden. Wir schieben von oben noch kleine Urteilskarten unter die Geschworenen. Diese werden zufällig und verdeckt darunter und der Rest als Stapel zur Seite gelegt. Diese Karten verraten uns am Ende, welches Ergebnis wir brauchen, um die Geschworenen zu überzeugen.

Die Geschworenen haben alle ihre eigene Agenda. Also was ihnen wichtig ist und wir finden ein Symbol auf ihren Karten. Zu jedem Symbol gehören drei Missionskarten, die wir nach Akt getrennt mischen. Also Akt eins, zwei und drei separat. Wir legen unter jeden Geschworenen offen eine Akt eins Karten und bilden aus den restlichen einen verdeckten Stapel, wobei wir Akt zwei auf dem dritten platzieren. Die Missionskarten verraten uns wiederum, welche Gefahren und Herausforderungen auf uns in Form von verdeckten Karten warten. Wir mischen den Herausforderungsstapel, nachdem wir die für den speziellen Geschworenen Herausforderungen mit hinein gemischt haben und teilen die jeweilige Anzahl verdeckt unter die Mission aus. In der Regel sind das drei oder vier Herausforderungen im ersten Akt. Die restlichen Karten legen wir ebenfalls zur Seite. Dann mischen wir noch die Dorfbewohnerkarten und legen diesen Stapel ebenfalls zur Seite. Als letzte Vorbereitung mischen wir noch unseren Hexenstapel der aus 24 Karten besteht. Dann ziehen wir immer zwei Karten und entscheiden uns immer für jeweils eine die in unseren Zirkel kommt und die andere die wir vielleicht später rekrutieren wollen. So bilden wir zwei Stapel, die wir jeweils links und rechts von uns platzieren. In den Zirkelstapel mischen wir noch drei Fluchkarten mit hinein. Zu Beginn der Partie ziehen wir dann fünf Karten vom Zirkelstapel als Handkarten. Dann geht es los.

Zentrales Element für uns sind die Hexenkarten, die aus zwei Teilen bestehen. Links gibt es einen Effekt den wir benutzen, wenn die Hexe verborgen bleibt und rechts einen wenn sie sich offenbart und entdeckt wird. Der Unterschied ist, ihr könnt es euch denken, der verborgene Effekt ist etwas schwächer, dafür bleibt die Hexe in eurem Zirkelstapel und der Rechte ist stärker, dafür wandert die Hexe aber am Ende der Runde ins Gefängnis.

Eine Spielrunde besteht aus sechs Phasen. In der ersten Phase spielen wir Hexen aus, von denen wir denken, dass sie uns nutzen. In Phase drei dürfen wir erneut Hexen ausspielen und müssen das auch tun, denn wir müssen in einer Runde alle Karten ausspielen mit der Ausnahme von Fluchkarten. In Phase zwei müssen wir dann eine Mission auswählen mit der wir uns in dieser Runde befassen. An dieser Stelle sei erwähnt, dass es vier mögliche Effekte auf allen Karten gibt, die wir entsprechend abhandeln müssen. Ein Effekt tritt in Kraft, wenn wir die Karte ausgewählt haben, ein weiterer, wenn wir sie nicht ausgewählt haben, einer wenn wir Erfolg haben und einen wenn wir scheitern. Wählen wir also eine Mission und es gibt welche die einen „nicht gewählt“-Effekt haben, müssen wir diese Effekte zuerst ausführen. Dann drehen wir alle Herausforderungskarten unter der Mission um und müssen die „Gewählt“-Effekte auf der Mission und auf den Herausforderungskarten ausführen. Dann spielen wir die restlichen Hexen von unserer Hand. In der vierten Phase handeln wir dann die Mission ab. Zuerst ermitteln wir unseren Machtwert. Auf den Hexenkarten stehen im jeweiligen Bereich auch Zahlenwerte, die wir einfach addieren. Bestimmte Effekte und Begleiter geben uns weitere Macht. In den folgenden Schritten benutzen wir diese Macht dann um Herausforderungen und die Mission selbst zu bewältigen. Herausforderungen können wir in beliebiger Reihenfolge erledigen, oder auch ignorieren, wenn wir mit der Macht die Mission erledigen wollen. Eine Mission hat auch immer einen Machtwert, den wir mit unserer Macht noch erreichen müssen, um sie zu bewältigen. Als letzten Schritt in dieser Phase muss ich dann die Effekte für unbeachtete Herausforderungen oder eine gescheiterte Mission abhandeln.

In der fünften Phase einer Runde kannst du dich entscheiden das Spiel zu beenden indem du vor Gericht trittst, oder ob du weiter Mission absolvieren möchtest. Wenn du denkst, dass es noch kein gutes Ende nehmen wird vor Gericht, weil du die Geschworenen nicht überzeugt hast, dann solltest du weitermachen. Absolvierte Missionen bringen Überzeugung, auch andere Effekte können die Marker nach oben bringen, aber da wie Werte verdeckt liegen, weißt du dennoch nie genau, ob die Überzeugung reichen wird. Mit zwei überzeugten Geschworenen hast du ein Unentschieden erreicht und zumindest nicht verloren. Für einen Sieg musst du alle überzeugen.

Solltest du also in Phase sechs angekommen sein, geht die Partie weiter und du legst alle Hexen auf ihren Ablagestapel oder ins Gefängnis. Auch Flüche wandern auf den Ablagestapel des Zirkels. Es werden fünf neue Handkarten gezogen. Wurde eine Mission bewältigt wird eine neue Mission vom Stapel gezogen und wie beim Spielstart vorbereitet und die Runde startet von vorn.
Eine Partie kann allerdings sofort enden, wenn ich einen Fluch vom Fluchstapel erhalte und keiner mehr da ist, habe ich verloren. Wenn ich am Ende der Runde neue Handkarten ziehe und ich nicht eine Hexe auf der Hand halte, habe ich ebenfalls verloren. Wenn ich bei der zweiten Mission scheitere, habe ich auch verloren und zu guter Letzt verliere ich auch, wenn im Ablagestapel der Dorfbewohner, die ich ja zu beschützen versuche, Karten mit fünf oder mehr Dorfbewohnern liegen habe ich auch verloren. Bestimmte Karten und Effekte im Spiel wollen von mir, dass ich Dorfbewohner vernichte.
Das Fazit
Mir fehlt leider jeglicher Vergleich zum Vorgänger, also kann und will ich Hexenwerk! gar nicht in Relation setzen. Das Spielgeschehen ist im Vergleich zum Aufwand, den ich für den Aufbau betreiben muss relativ simpel, was sich auch durch eine Spielzeit von 30 Minuten ausdrückt, die allerdings die Aufbauzeit nicht miteinschließt. Dennoch ist es ein bockschweres Spiel. Eine Partie ganz einfach zu gewinnen ist schlicht kaum möglich und hängt hier und da auch ein wenig vom Zufall ab. Das finde ich bei dieser Art von Solospiel aber auch nicht schlimm. Einen Zufallsmoment sollte es immer geben, sonst würde es halt schnell langweilig werden. Dem müsst ihr euch aber gewahr sein, wenn ihr das Spiel ausprobiert. Der Unsicherheitsfaktor der Geschworenen bleibt in jeder Partie. Du weißt schlicht nicht, ob es reichen wird. Dennoch bist du gewillt es zu probieren, weil es zum Teil haarsträubend schwierig wird spätere Missionen zu bestehen. Auch dort gibt es leichtere und schwierigere Abschnitte, die dich zum Verzweifeln bringen. Du hast mit Müh und Not Akt 1 einer Mission geschafft und dann kommt ein Akt 2 der umso vieles schwieriger erscheint als die eben noch unmöglichen anderen ersten Akte, aber nun hast du nur noch die Wahl zwischen Pest, Pest und Pest.

Das Thema ist sehr gut getroffen. Auch wenn hier ein Fantasyanstrich bemüht wird und die Autoren Magie als Element rausholen, so lässt Hexenwerk! vor allem optisch keinen Zweifel an seiner puritanischen Herkunft aus den Hexenprozessen von Salem. Vor allem dem Künstler Albert Monteys ist es zu verdanken, dass die Elemente dieser Zeit auf den Illustrationen immer wieder durchblicken und lassen hier und da immer wieder den Blick der verängstigten Dorfbewohner*innen auf die feindliche Natur und ihre Gefahren hindeuten. Auf den Karten ist nie etwas Nettes zu erhaschen mit Ausnahme mancher recht gütig und freundlich aussehender Hexe, die aufgrund der Ängste der verblendeten Bevölkerung jedoch ein schreckliches Schicksal droht. Sie sind die einzigen Lichtgestalten in dieser ansonsten recht abscheulichen Situation. Aus heutiger Sicht finden sich viele Erklärungsansätze für die abscheulichen Taten der führerlosen, geistig verblendeten, ausgezehrten und ängstlichen Bevölkerung Neuenglands die damit beschäftigt war den Indigenen ihr Land wegzunehmen und mit Missernten und daraus resultierendem Hunger und Krankheit zu kämpfen hatte. Sündenböcke kamen auch da wieder recht und das Schicksal nahm seinen Lauf. Schwieriges Thema am Rande aber dennoch hier eingefangen.
Schön finde ich auch den familiären Zusammenhang unter den Frauen dargestellt. Die Schwesternschaften, die sich gegenseitig stärker machen in ihren Fähigkeiten. Insgesamt empfinde ich Hexenwerk! als recht gelungenes Solospiel, auch wenn ich es bisher selten besiegen konnte und eher zum Unentschieden neige. So bleibt es aber eine Herausforderung. Insgesamt würde ich das Spiel keinem Soloneuling empfehlen, weil der Aufwand doch recht hoch ist sich mit dem Spiel auseinanderzusetzen. Für erfahrene Solospieler*innen könnte Hexenwerk! aber ein kleines Schmankerl sein.
- Verlag: Schwerkraft-Verlag
- Autor(en): David Thompson, Roger Tankersley, Trevor Benjamin
- Illustrator(en): Albert Monteys
- Erscheinungsjahr: 2024
- Spieleranzahl: 1 Spieler*in
- Dauer: 30 Minuten