Klassiker – Stratego

Stratego ist ein Spiel, das ich heutzutage einfach gar nicht mehr auf dem Schirm habe. Warum? Kann ich gar nicht so genau sagen. Vielleicht gilt es in meinem Kopf als nicht mehr zeitgemäß, aber ich hinterfrage das seitdem ich mich mit dem Thema beschäftige. Das Spielprinzip wurde ja inzwischen auch auf moderne, angesagte Themen umgemünzt, so dass Berührungsängste eventuell unbegründet sind. Stratego ist auf jeden Fall ein Spiel, dass sich einen Platz in meiner Klassikergalerie verdient hat. Nicht nur weil es inzwischen alt ist, sondern weil es eine wirklich lange Geschichte hat, von der ich nicht weiß, ob sie weitläufig bekannt ist. Nein, ich selbst habe das Spiel früher als Kind sehr gerne gespielt und mit ihm wahrscheinlich den Unterschied zwischen Strategie und Taktik erlernt. Da es Stratego bis heute zu kaufen gibt, vermute ich mal das es immer noch funktioniert, was wohl am, inzwischen klassisch zu nennenden, Spielprinzip liegen dürfte. Komischerweise habe ich heute kaum noch Verlangen nach einer Partie Stratego oder ich Spiele gleich Schere Stein Papier, um eine Entscheidung herbeizuführen, denn nichts anderes ist Stratego.

Stratego – kompakte Version von 1983

Wo ich schon dabei bin, erkläre ich erstmal das Spielprinzip. Das klassische Stratego ist ein Spiel für zwei Personen, bei dem sich zwei Kontrahent*innen mit ihren Armeen gegenüber stehen. Das Spielfeld besteht aus zehn mal zehn quadratischen Feldern. Die beiden Armeen werden von den Spieler*innen auf ihrer Seite des Spielbretts in vier Reihen so aufgestellt, dass das Gegenüber nur die Rückseiten der eigenen Figuren sehen kann und somit nicht weiß, welche Figur sich tatsächlich hinter jedem Spielstein verbirgt. In der Mitte des Spielfelds gibt es zwei weitere Reihen, die von zwei Seen unterbrochen werden, die jeweils vier Felder groß sind und von den Spielfiguren nicht betreten werden können. Die Aufstellung ihrer Spielfiguren bestimmen die Spieler*innen selbst. Ziel des Spiels ist es die gegnerische Fahne zu finden und zu schlagen. Neben der Fahne bestehen noch weitere Spielfiguren mit verschiedenen Rängen. Die jeweils höheren Ränge schlagen die niedrigeren. Die Spieler*innen sind abwechselnd an der Reihe und dürfen eine Figur um ein Feld bewegen. Wollen sie sich auf ein Feld eines Gegners bewegen so wird abgefragt, welche Figur sich dort befindet und die höhere Figur schlägt den niedrigeren Rang. Es gibt natürlich Ausnahmen von diesen Regeln, die das Spiel spannend machen. Die Fahne kann sich nicht bewegen und genauso gibt es mehrere Bomben, die ebenfalls nicht gezogen werden dürfen. Bomben explodieren wenn sie abgefragt werden, schlagen jede Figur des Gegners und werden auch selbst entfernt. Mineure können Bomben schlagen, haben aber keinen besonders hohen Rang. Der Feldmarschall ist die höchste Figur und kann nur vom Spion geschlagen werden, der ansonsten den niedrigsten Rang bekleidet. Ich hoffe ich habe nichts vergessen, denn es ist wirklich schon Jahre her, seit ich das letzte Mal eine Partie Stratego gespielt habe. Aber ihr merkt schon, es ist das Schere Stein Papier – Prinzip auf die Spitze getrieben.

So einfach das Spielprinzip ist, so komplex und bewegt ist die Geschichte des Spiels, die wahrscheinlich schon irgendwann im 19. Jahrhundert beginnt, denn ganz genau lässt sich das nicht fixieren. Was definitv feststeht ist die Tatsache, dass zuerst 1946 ein Spiel unter dem Namen Stratego auf den Markt kommt, dass allerdings eine neue Variante von schon älteren Spielen ist. Ich versuche das mal aufzudröseln.

Animal Chess

Die ersten Hinweise auf ein Spiel im Stile von Stratego finden sich tatsächlich im 19. Jahrhundert. Ähnlichkeiten wiesen das sogennante Japanische Militärschach (Gunjin Shogi) um 1895, sowie das chinesische „Jungle“ oder „Animal Chess“ (Dou Shou Qi) auf. Wann genau diese Spiele aber erfunden wurden ist meines Wissens nach ungeklärt.

Am wahrscheinlichsten aber ist, dass Stratego ein direkter Nachfahre des Spiels L´Attaque ist, das 1909 zum ersten Mal auftaucht. Fraglich ist auch hier, ob das Spiel zu diesem Zeitpunkt schon L´Attaque hieß, denn Hermance Eden, reichte ein Patent für ein Spiel ein, dass sie nur unter einer Beschreibung (ein Spiel über Kampf mit beweglichen Teilen auf einem Spielbrett) und ohne Titel patentieren ließ. In den Zeiten des ersten Weltkrieges und der Kriegseuphorie entstanden diverse Klone und Derivate des Spiels von Frau Eden. Nicht alle hatten die gleichen Regeln, oder Spielelemente. Manche hatten andere Felder oder Themen. In den 1920er Jahren erlangte H.P. Gibson eine Lizens für das Spiel von Hermance Eden, um es im englischsprachigen Raum zu veröffentlichen. Soviel zu den Vorläufern von Stratego. Es gab wirklich einige Spiele, die sich alle ähneln, unter diversen Namen.

Der 1898 geborene, niederländische Händler Jacques Johan Mogendorff gilt als Erfinder des Strategos, wie wir es noch heute kennen. 1942 bereits registrierte der Verlag Van Perlstein & Roeper Bosch die Marke Stratego in den von den Nazis besetzten Niederlanden für Mogendorff. Dieser durfte als Jude nicht selber tätig werden und konnte das Spiel während der Besatzung nicht anmelden. Es ist allerdings ungeklärt, ob Stratego zu dieser Zeit bereits produziert wurde. Mogendorff selbst wurde mit seiner Familie 1943 zunächst in ein Druchgangslager in den Niederlanden und dann 1944 ins KZ Bergen-Belsen verbracht. Bis das KZ 1945 befreit wurde, erlitt er dort schwerste Mißhandlungen und benötigte Zeit um sich von den Gräueltaten zu erholen. Er glaubte allerdings nach wie vor an den Erfolg seines Spiels und ließ den niederländischen Verlag Smeets & Schippers eine Lizens nehmen und das Spiel von diesen zwischen 1946 und 1951 produzieren. Stratego blieb allerdings ein Ladenhüter.

Der große Erfolg für das Spiel kam erst 1958, nachdem Van Perlstein & Roeper Bosch die Marke an Mogendorff übertrugen und dieser sich entschloss eine Lizens an den niederländischen Spieleverlag Hausemann & Hötte zu vergeben, der eine eigene Marke für Spiele (Jumbo) in seinem Verlag unterhielt. Seit 1958 produziert Jumbo nun also Stratego für den europäischen Raum. Das Spiel wird sofort zum Erfolg und bereits im ersten Jahr werden 15.000 Exemplare verkauft. 1959 überträgt Mogendorff Hausemann & Hötte auch die weltweite Lizens. Diese wiederum vergeben 1961 eine Unterlizens für die USA an Milton Bradley (MB). Ende 1962 wird die Marke von 100.000 Exemplaren überschritten. 1967 waren es schon mehr als 300.000 und bis 1980 mehr als 700.000 Spiele. Stratego war ein riesiger Erfolg. Von all dem bekam Jacques Johan Mogendorff allerdings nichts mehr mit, denn er starb 1961 an den Spätfolgen seiner KZ-Mißhandlungen.

Stratego in der 70er Jahren

Stratego aber entwickelte sich weltweit zu einem Riesenhit. 1982 wurde eine elektronische Version vorgestellt. Es gab kleine und große Ausgaben, welche für die Reise und welche mit edleren Spielsteinen. In den späten 90er Jahren kamen, neben den ersten Adaptionen für Computer, Versionen für drei und vier Spieler*innen auf den Markt. Auch das Lizensgeschäft wurde ausgeschlachtet. Es gibt Herr der Ringe Stratego, Star Wars Stratego, Chroniken von Narnia, Pirates of the Carribean, Marvel, Transformers und Duel Masters Stratego-Varianten. Insgesamt wurden, und das ist leider die letzte bekannte Zahl, 40 Millionen Stratego-Spiele verkauft.

Ich selbst bekam ein Stratego-Spiel von meinen Eltern zu einem Geburtstag geschenkt. Lange Zeit nannte ich die kompakte Version von 1983 mein eigen. Wann genau ich sie bekam kann ich nicht mehr rekonstruieren. Sie flog allerdings irgendwann aus der Sammlung. Ich erinnere mich nur noch daran, das der Karton so abgegriffen war, an einer Ecke kaputt und die Figuren nicht mehr allzugut auf ihren Füßen hielten, dass ich mich irgendwann dazu entschoss sie einfach zu entsorgen. Außerdem kam es eh nicht auf den Tisch. In der Zeit gab es für mich deutlich interessantere Spiele, die es auszuprobieren und zu erforschen galt. Dennoch möchte ich Stratego nicht missen. Sein sehr einfaches Spielprinzip ist dennoch spannend und taktisch, sowie strategisch fordernd. Zunächst kann ich mir eine generelle Strategie zurechtlegen. Ich kann meine Fahne mit Bomben umgeben und eine Art Befestigung für sie bauen. Jeder der zu nahe kommt wird gesprengt. Dafür ist ein ziemlich großer Bereich unbeweglich und dürfte meinem Gegner verraten, wo zu suchen ist. Oder aber ich stelle die Fahne einfach irgendwo dazwischen und riskiere eine zufällige Niederlage. Durch das verdeckte ziehen habe ich es ja selbst in der Hand. Taktisch muss ich mich dann im Spiel immer wieder auf die neuen Situationen einstellen. Muss ich eventuell Truppen umgruppieren, um wichtigere Figuren nach vorne zu holen. Auch der Faktor Zeit in Form von der Anzahl der Züge spielt eine gewichtige Rolle, genauso wie das Bluffen. Stratego ist ein Spiel mit dem viel gerlernt werden kann auch wenn der Rahmen natürlich äußerst begrenzt ist.

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