Erde – Der nächste große Hit?

Erde

Erde kam für mich, gefühlt, ein bißchen aus dem Nichts. Ich kann mich zwar daran erinnern dieses super gephotoshopptwirkende Bild im Vorfeld schon gesehen zu haben, aber es wirkt doch zu seltsam auf mich, als das ich mich mit dem Spiel auseinandergesetzt habe. Dann plötzlich tauchte der Name immer öfter auf und meine Neugier war geweckt. Ein Spiel mit Ressourcenmangament, bei dem nicht nur Ressourcen in Form von Sporen, Wachstum und Erde eine Rolle spielen, sondern auch die Karten selbst eine Form von Ressource sind und damit massenhaft im Spiel vertreten sind. Natürlich werden hier die Fans von Arche Nova erst mal hellhörig, denn die Parallelen lassen sich zunächst zu einfach ziehen: Naturthema, viele Karten mit realistischen Darstellungen, aber da hört es dann auch schon auf. Hier erwartet die Spieler*innen etwas völlig anderes, dass ich euch im folgenden Beitrag etwas näher bringen möchte. Darüber hinaus erkläre ich euch natürlich auch, warum mir das so gut gefällt, dass mir hier keine andere Wahl bleibt, um erneut einen Spieltroll-Orden zu verleihen. Ich kann es nämlich nicht anders sagen: Für mich, und wahrscheinlich auch viele andere, ist Erde der neue heiße Scheiß und hat viel mehr mit Flügelschlag gemein, als mit dem oben erwähnten Arche Nova.

Worum geht es?

Punkte! Natürlich wie immer um Punkte. Transportiert wird das alles über das Naturthema und da macht Erde keine Gefangenen, indem es sich nicht ein spezielles Naturthema heraussucht, wie Tiere oder Vögel im speziellen, sondern gleich mal den gesamten Planeten, mit seinen verschiedenen Habitaten, Landschaften, der Fauna und vor allem der Flora, der hier der größte Spielraum eingeräumt wird. Die Spieler bauen sich im besten Fall eine funktionierende Engine auf, mit der sie viele Punkte erzielen und Punkte bringt in Erde fast alles.

Erde – Zentrales Spielbrett mt Spielzielen / Foto: Spieltroll

Wie läuft das ab?

Das klingt natürlich noch recht kryptisch und dessen bin ich mir bewusst, aber Erde ist kein schwierig zu spielendes Spiel. Es ergibt alles recht schnell einen Sinn. Das Ganze Sammelsurium aber in einen gut funktionierenden Punkteberg umzuwandeln ist die Kunst die du hier beherrschen musst.

Fangen wir aber vorne mit einer Erklärung des generellen Spielaufbaus an. Es gibt ein zentrales Spielbrett, auf dem sechs Ziele für alle sichtbar ausgelegt werden. Vier dieser Ziele sind Faunakarten um die die Spieler*innen wettstreiten. Wer ein Ziel zuerst erfüllt bekommt mehr Punkte. Um das anzuzeigen legen die Spieler*innen einen ihrer Blattmarker auf die Punkteskala daneben. Die beiden anderen Karten sind Ökosystemkarten, die weitere Ziele darstellen, die ebenfalls von allen erfüllt werden können, aber Bedingungen zeigen, die durchaus mehrfach erfüllt werden können. Zum Beispiel könnten die Spieler*innen 5 Punkte für 10 Sporen erhalten. Haben sie 30 Sporen bekommen sie 15 Punkte. Zusätzlich gibt es hier noch ein Feld für ein Blatt für den- oder diejenige, die das Spielende einläutet indem die letzte Karte in die Auslage gelegt wurde.

Erde – Ressourcenbereich des Spieler*innentableaus / Foto: Spieltroll

Die Spieler*innen selbst, haben ein eigenes Tableau, aufdem in der Mitte die Blattmarker ausliegen, so dass auch die Gegner*innen die Anzahl immer gut sehen können. Hier bewahren die Spieler*innen auch die namensgebende Ressource Erde auf, mit der im Spiel die Karten bezahlt werden, wenn sie ausgespielt werden sollen. Am oberen Ende des Tableaus befinden sich die vier Aktionen des Spiels, auf die ich gleich zu sprechen komme. Das Spiel ist sehr asymetrisch und erreicht das ebenfalls durch unterschiediche Startkarten aus verschiedenen Bereichen. Diese werden ebenfalls hier auf dem Tableau ausgelegt, damit die Spieler*innen sie selbst immer im Blick haben. Das ist sehr wichtig, denn diese lassen sich sehr schnell vergessen.

Erde – Startkarten: Insel, Klima und Ölosystem / Foto: Spieltroll

Die Spieler*innen bekommen zu Beginn je nach Schwierigkeitsgrad unterschiedlich viele Karten. Für Anfänger*innen wird empfohlen alles einfach zu halten und nur jeweils eine Karte auszuteilen. Für forgeschrittenere Spieler*innen werden mehr Karten ausgeteilt und sie können sich vor dem Spiel jeweils für eine Karte pro Sorte entscheiden. Am Ende haben alle je eine Insel, Klima- und Ökosystemkarte auf ihren Tableaus liegen. Inselkarten geben uns dabei die Startbedingungen vor. Wieviel Erde haben wir, wieviele Karten halten wir auf der Hand und wieviele Karten liegen zu Beginn in unserem persönlichen Komposthaufen. Das ist unser Ablagestapel indem jede Karte am Ende des Spiels einen Punkte wert ist. Die gewählte Klimakarte versorgt uns mit einer speziellen Fähigkeit, die durch bestimmte Gegebenheiten ausgelöst werden kann oder uns einfach einen Bonus verleiht. Unsere Ökosystemkarte funktioniert genau wie die auf dem zentralen Brett, nur dass sie natürlich nur für uns persönlich gilt. Die beiden Ablagefelder auf unserem Tableau sind dann noch für den bereits erwähnten Kompost und für Ereigniskarten, die wir im Verlauf des Spiels ausspielen können. Diese sind je nach Effekt ebenfalls Punktelieferanten oder, sollten sie sehr mächtig sein, kosten sie auch gerne mal ein paar Siegpunkte.

Erde – Kartenstapel mit 0,5l Flasche zum Vergleich / Foto: Spieltroll

Das sonstige Material wird für alle Spieler*innen in der Mitte bereitgelegt. Dabei handelt es sich zum einen um den riesigen Erde-Kartenstapel, sowie die Sporen- und Wachstumsspielsteine. Sporen sind kleine grüne Würfel die auf einzelne Karten gelegt werden können. Diese Karten können immer nur eine bestimmte Anzahl an Sporen aufnehmen. Die Wachstumsspielsteine sind stapelbar und stehen natürlich für die Größe der Pflanze. Die Pflanzen haben eine Maximalgröße und zum Zeichen werden dann noch spezielle farbige Abschlußsteine oben aufgesetzt. Sowohl Sporen als auch Wachstumssteine sind am Spielende je einen Punkt wert. Sollten wir jedoch einen Abschlußstein obenauf liegen haben, so erhalten wir eine höhere Punktezahl, die auf der Karte vermerkt ist.

Erde spielt sich dann wie ein einziger Rausch. Das Spielprinzip sieht vor das ein*e Spieler*in aktiv ist und eine der vier Aktionen auswählt. Die Aktionen sind zweigeteilt in eine starke und eine abgeschwächte Form. Der oder die aktive Spieler*in führt die starke Aktion aus während alle anderen die abgeschwächte Form ausführen dürfen. Dann wechselt der Aktivmarker und es geht munter weiter. Alle sind also zu jeder Zeit immer an der Reihe. Es gibt immer etwas zu tun und sollte mal jemand etwas länger benötigen, so kann ich mich mit meinen Handkarten auseinandersetzen und neue Pläne schmieden.

Erde – Vier Aktionen auf dem Tableau / Foto: Spieltroll

Die vier Aktionen im einzelnen sind farbkodiert, was ebenfalls wichtig ist. Gehen wir sie kurz durch:

Pflanzen (grün) – Mit dieser Aktion kann ich Karten in meine Auslage legen. Bis zu zwei Stück. Die Auslage darf maximal aus vier mal vier Karten bestehen. Die Positionierung innerhalb dieses Rasters kann wichtig sein, denn manche Karten verlangen das. Beim Pflanzen ist es außerdem wichtig, das ich nur benchbart anpflanzen darf, wobei auch diagonal als benachbart gilt. Um Karten zu pflanzen bezahle ich ihre Erdekosten. Nach dem Pflanzen darf ich mit dieser Aktion auch noch vier Karten vom Stapel ziehen, eine auf die Hand nehmen und den Rest auf den zentralen Ablagestapel ablegen. Meine Mitspieler*innen dürfen ebenfalls eine Karte pflanzen und eine Karte ziehen.

Kompostieren (rot) – Hier erhalte ich fünf Erde aus dem Vorrat und lege zwei Karten unbesehen vom Zug- auf meinen Kompoststapel. Alle anderen bekommen entweder zwei Erde oder legen zwei Karten vom Zug- auf ihren Kompoststapel.

Wässern (blau) – Durch das Wässern erhalte ich sechs Sporen und zwei Erde. Die Sporen erhalte ich nur, wenn ich auch Platz auf meinen Karten habe, um sie abzulegen. Alle anderen bekommen entweder zwei Sporen oder zwei Erde.

Wachstum (gelb) – Ich ziehe vier Karten vom Stapel auf meine Hand und erhalte zwei Wachstumssteine, sofern ich Platz auf Karten dafür habe. Alle anderen ziehen zwei Karten oder erhalten zwei Wachstumssteine.

Erde – Unterschiedliche Kartenfähigkeiten / Foto: Spieltroll

Nach jeder dieser Aktionen passiert aber noch etwas und dafür sind die Farben wichtig. Denn alle Karten verfügen ebenfalls noch über Fähigkeiten. Es gibt Karten mit nur einer Fähigkeit oder auch mit zwei unterschiedlichen. Auch unsere Klimakarte auf unserem Tableau hat eine solche Fähigkeit. Wir (das heißt alle Spieler*innen) dürfen nun von oben links nach unten rechts alle Karten mit einer entsprechend farbigen Fähigkeit abarbeiten. Karten auf unserem Tableau sind entweder vorher oder danach an der Reihe. Neben den vier oben erwähnten Farben gibt es auch Karten die bei rot/bau/gelb auslösen und auch schwarze und braune Fähigkeiten, die an dieser Stelle gar nicht ausgelöst werden. Schwarze Karten haben Soforteffekte die beim Ausspielen abgehandelt werden und die braunen Karten bringen besondere Punktefähigkeiten für das Spielende mit.

Erde – Florakarten / Foto: Spieltroll
Erde – Terrainkarten / Foto: Spieltroll
Erde – Ereigniskarten / Foto: Spieltroll

Der große Erdkartenstapel sei noch kurz erwähnt, denn hier befinden sich insgesamt drei unterschiedliche Kartentypen im Stapel. Den größten Teil machen die Florakarten aus, auf denen wir, wie oben bereits beschrieben, diverse Punkte sammeln können. Dann gibt es aber auch noch Terrainkarten die nur über Fähigkeiten und Punkte verfügen und die auch schon erwähnten Ereigniskarten, die Soforteffekte haben und ebenfalls Punkte bringen können, oder aber welche kosten.

Im Prinzip ist das Spiel so nun, denke ich, klar, aber es muss unbedingt noch erwähnt werden, dass die Karten am oberen Rand über Habitatssymbole verfügen, auf die wir ebenfalls achten müssen, denn manche der Zielkarten verlangen eine besitmmte Menge von diesen oder Karten bestimmter Typen werden billiger. Außerdem verfügt jede Karte am unteren Rand auch noch über eine wissenswerte Information.

Erde – Verschiedene Kartensymbole / Foto: Spieltroll

Wir spielen nun also solange immer einen Zug nach dem anderen, bis ein*e Spieler*in die sechzehnte Karte in seine/ihre Auslage legt. Der Bonus auf dem zentralen Brett wird markiert und die Spieler*innen spielen solange weiter, bis alle die gleiche Anzahl Züge hatten. Dann werden die Punkte gezählt und die Spieler*innen erhalten für diverse Kategorien Punkte. Jede Karte ist eine gewisse Basispunktezahl wert, die zuerst addiert werden. Dann kommen die Ereigniskarten im Stapel auf unserem Tableau an die Reihe und werden verrechnet. Als nächstes bekommen alle je einen Punkt für jede Karte im Kompost, für jede Spore und für jeden unfertigen Stamm auf den Florakarten. Fertige Stämme mit Krone bringen mehr Punkte. Terrainkarten bringen genauso Punkte ein, wie die Punkte durch die jeweils drei Ökosysteme. Als letztes werden die Punkte der Faunakarten und evtl. der Bonus hinzuaddiert. Die meisten Punkte gewinnen.

Erde verfügt außerdem über einen Solomodus, den ich leider noch nicht ausprobieren konnte, von dem ich aber nur Gutes gehört habe.

Das Fazit

Wow! All das Positive, was ich über Erde bisher gehört habe, ist definitv nicht übertrieben. Ich kann mal ganz klar sagen, dass ich dieses Spiel wirklich sehr liebe und das sage ich nicht leichtfertig über ein Spiel. Erde hat das Potential der neue Shootingstar zu werden. Den Vergleich mit Flügelschlag benutze ich nicht ganz zufällig. Sein einziges Manko dürfte sein, dass es für die ganz breite Masse dann wohl doch zuviele Elemente gibt, die im Auge behalten werden müssen. Wäre das nicht der Fall hätten wir hier den nächsten Superhit am Start. Aber auch so dürfte es in der Spieler*innenschaft ziemlich lautstark einschlagen. Das Spiel geht zu fluffig von der Hand und spielt sich so wahnsinnig toll runter und immer wieder entdeckst du neue Karten und Fähigkeiten, die sich gewinnbringend in einer Partie miteinander kombinieren lassen. Keine meiner Partien war bisher wie die anderen. Das liegt natürlich zum einen an den sehr variablen Startbedingungen. Insel, Klima und Ökosystem bieten immer wieder neue Startbedingungen, Fähigkeiten im Spiel und eine persönliche Punktebedingung, die den Unterschied zu meinen Mitspielenden sein kann. Zweitens ist da dieser riesige Kartenstapel bei dem ich einfach nicht weiß, was ich bekomme. Pures Glück werden jetzt einige schreien und denen schreie ich ein dickes „Ja , aber!“ entgegen. Natürlich kannst du dich auf ein Ding versteifen und die ganze Zeit beklagen das du nie Karten bekommst die dazu passen, aber die Spieldauer ist lang genug und die Möglichkeiten zahlreich sich in andere Richtungen zu bewegen, die genauso punkteträchtig sein können. Wer das nicht einsieht und seine Taktik anpasst, der ist fast schon selber Schuld.

Erde – Spielsituation / Foto: Spieltroll

Bei Erde kommt einfach nie Langeweile auf, denn ich bin vom ersten bis zum letzten Moment andauernd beschäftigt. Jemand wählt seine Fähigkeit und ich bekomme auch etwas. Dann wieder die Fähigkeiten der Karten abhandeln. Habe ich mal nicht soviel wie andere zu tun, dann sollte ich mich mit meinen Karten auseinandersetzen. Ich bekomme ständig neue und muss schauen, ob sich daraus neue Situationen ergeben. Dann spielt die nächste und wieder bekomme ich etwas, dann wieder die Fähigkeiten checken. Ich bin dran aber noch gar nicht fertig. Moment und dann mein Hauptzug. Alles, wirklich alles was ich in Erde mache hat Einfluss auf meine Punkte am Spielende und Erde hat viele Strategien am Start, die ich fahren kann. Es gibt Karten mit denen ich meinen Kompost vergrößern kann. Oder ich gehe auf Sporen, baue die Stämme auf und versuche nur die richitg großen zu spielen. Die Fähigkeiten sind das Salz in der Suppe und ich kann versuchen mir tolle Ressourcenmaschinen aufzubauen, die mich an die Spitze bringen. Karten sind hier genauso eine Ressource, wie Erde oder Sporen.

Toll, toll, toll! Ich bin maximal begeistert von Erde und das Spiel skaliert extrem gut. Je mehr Spieler*innen desto weniger aktive Züge habe ich zwar, aber durch die Möglichkeit bei jedem Zug meiner Mitspieler*innen auch etwas zu tun fühlt sich das trotzdem gut an. Wir spielen es gerne zu zweit und eine Partie dauert eine knappe Stunde, auch wenn ich es lang und breit erklärt habe, das Spiel aufzubauen geht eigentlich ganz schnell.

Ich kann Erde nur empfehlen und allen Freunden von Terraforming Mars, Flügelschlag und anderen Engine-Building-Spielen eien Partie Erde nur wärmstens ans Herz legen. Es sollte mich wahnsinnig täuschen, wenn hier nicht der nächste Boardgamegeek Top 20 Hit um die Ecke biegen würde. Insgesamt kann ich hier nur den Orden ziehen denn das Material ist auch in der normalen Version gut, die Karten sind eh der Hauptteil des Spiels. Für die Familienspieler*innen ist Erde wohl eher nichts denn die Komplexität liegt über der von Flügelschlag. Ich muss auf viele Dinge achtgeben, aber dennoch spielt es sich so schön. Topp!


  • Verlag: Skellig Games
  • Autor(en): Maxime Tardiff
  • Illustrator(en): M81 Studio, Conor McGoey, Yulia Sozonik, Kenneth Spond
  • Erscheinungsjahr: 2023
  • Spieleranzahl: 1 – 5 Spieler*innen
  • Dauer: 45 – 90 Minuten

Ein Gedanke zu „Erde – Der nächste große Hit?“

  1. Eine Kleinigkeit möchte ich in Form eines Kommentars noch schnell ergänzen. Es gib auch eine vereinfachte Version in der Schachtel, bei der die Ökosysteme wegfallen und somit die Ziele sich deutlich reduzieren. Dadurch wird das Spiel übersichtlicher und für Einsteiger*innen leichter in der Übersicht. Darüber hinaus werden die Faunakarten mit der gleichen Punktezahl für jede*n belohnt, der sie erreicht.

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