Klassiker – Junta

Eine Junta ist im spanischen Sprachgebrauch soetwas wie ein Regierungsrat, der aus verschiedenen Mitgliedern besteht und der die Geschicke einer Stadt, einer Region oder eines Landes lenken soll. Sind die beteiligten Personen hauptsächlich dem Militär zuzuordnen so spricht man auch von einer Militärjunta. Das Brettspiel Junta behandelt thematisch genau diesen Militärrat, der hier eine fiktive südamerikanische Republik lenkt: Republika de las Bananas. Bei Junta handelt es sich um ein satirisches Spiel, dass man nicht mit einem zu großen Ehrgeiz und vor allem Ernst spielen sollte, denn wenn man das tut, dann gehört es in die Kategorie von Spielen, mit denen man sich keine Freunde schafft und durchaus Beziehungen zerstört, was ich tatsächlich alles schon erlebt habe. Junta stammt aus dem Jahr 1978 von den drei Autoren Vincent Tsao, Ben Grossman und Eric Goldberg. Die ersten beiden haben bis heute keine weiteren Spiele veröffentlicht. Lediglich Eric Goldberg hat noch ein paar weitere strategische Konfliktsimulationen in seinem Portfolio, die aber alle kaum erwähnenswert sind, wenn man sie mit Junta vergleicht.

Die erste Verson von Junta stammt bereits aus dem Jahr 1978 und macht sich recht schnell einen Namen und wird 1979 von dem kleinen Verlag Creative Wargames Workshop in sein Programm aufgenommen. Das Spiel ist erstmal nur in den Vereinigten Staaten zu bekommen und entwickelt sich hier zu soetwas, was man heute einen Indiehit nennen würde. Es dauert dann einige Jahre bis größere Verlage auf das satirische Brettspiel aufmerksam werden. 1985 sind das zunächst West End Games die es einer noch breiteren Masse zugänglich machen und schließlich findet es auch seinen Weg über den großen Teich nach Europa, wo sich im darauffolgenden Jahr Jeux Descartes in Frankreich und ASS in Deutschland des Spiels annehmen. ASS ist ein renomiertes Unternehmen das zu der Zeit aus der DDR heraus auch Spiele für den westlichen Markt produziert hat. Ich habe mein Spiel Ende der 80er ebenfalls in genau dieser Version gehabt. Damals fand ich das alles noch nicht so seltsam, aber aus meiner heutigen Sicht mutet es schon etwas seltsam an, das ein solch satirisches Brettspiel , das eine sozialistische Militärdikatatur aufs Korn nimmt ausgerechnet in der DDR produziert worden ist.

Egal, es wurde jedenfalls auch hier ein kleiner Hit und wurde danach noch von Schmidt Spiele und später auch von Pegasus neu aufgelegt. In der Pegasus-Ära von Junta sind auch weitere Ableger entstanden. Zum einen Junta – Viva El Presidente, eine Art Light Version des Spiels mit Würfelmechanik und noch später Junta – Las Cartas, bei dem der Name schon verrät, dass es sich um eine Kartenspielumsetzung handelt.

Junta war früher eines dieser Spiele auf dem ein „Ab 18 Jahren“ prangte, was es natürlich zu einem begehrten gut unter den Jugendlichen machte und wahrscheinlich zum Kultstatus beigetragen haben dürfte. Auch heute sollte man eine gewisse geistige Reife mitbringen, um das Spiel als das wahrzunehmen, was es nunmal ist, Satire. Rabenschwarze Satire! Es gibt auch nicht viele Brettspiele, die von sich behaupten können einmal von der BPJM (fürher noch BPJS) geprüft worden zu sein. Ja, richtig gelesen, irgend ein übereifriger Held hat damals einen Antrag auf Indizierung gestellt, weil er eben nichts mit Satire anfangen konnte.

Junta Spielbrett / Foto: boardgamegeek.com

Was macht Junta nun also so kontrovers? Eigentlich nichts, was man heutzutage nicht in vielen anderen Spielen auch finden kann. Das Thema ist sicherlich einzigartig, denn wir spielen hier, idealerweise in einer Besetzung von sieben Personen, den Titelgebenden Militärrat der Republika de las Bananas. Ein Spieler übernimmt die Rolle des Präsidenten und wird von seinen Kollegen nach vorherigem Vorschlag auch erstmal anständig per Mehrheitsentscheid gewählt. Hier treten bei eventuell mehreren Kandidaten schon die ersten Schwierigkeiten auf. Meistens bekommt man es noch hin jemanden zu wählen, aber „El Presidente“ (ich glaube das die ursprüngliche Idee für die beliebte Videospielreihe Tropico auch Junta zu verdanken hat) muss nun die Enwicklungshilfegelder die er bekommt unter seinen Juntamitgliedern aufteilen. Ziel für die Spieler ist es das meiste Geld auf ihrem Nummernkonto in der Schweiz zu bunkern und da gibt es das zentrale Problem in diesem Spiel, es gibt nicht genug Geld um alle zufrieden zu stellen. Irgendwer fühlt sich immer benachteiligt. Der President weißt das Geld den Mitspielern verdeckt zu und danach wird über den Haushalt ebenfalls erstmal abgestimmt. Das setzt sich so durch das Spiel fort, alles wird abgestimmt und wenn es per Mehrheitsentscheid angenommen wird, dann passiert es so. Wenn nicht gibt es eine Rebellion und der Präsident wird eventuell gestürzt.

Junta bildet das ganze Thema dabei sehr schwarzhumorig ab. Die Spieler können wenn sie am Zug sind Ereignisskarten ausspielen, die sich entweder auf den Stadtspielplan auswirken und Truppen ins Spiel bringen, die in bestimmten Regionen platziert werden, soetwas wie zum Beispiel Hafenarbeiter die im Hafen streiken. Der Spieler der sie kontrolliert, macht seinen Familienmarker dazu und sollte es zu einer Rebellion kommen, so lenkt er solche Truppen zusätzlich. Es gibt aber auch Einflusskarten, die einem bei Abstimmungen mehr Stimmen bringen, da die Familie bestimmte Gruppen kontrolliert und ganz beliebt sind die Attentäterkarten, die man auf seine Companeiros ansetzen kann. Diese kosten meistens Geld und wollen von uns bezahlt werden und wir müssen einfach den Aufenthaltsort eines Mitspielers erraten, denn dieser muss jede Runde von allen gewählt werden. Schaffen wir das, so ist der Mitspieler tot und der Spieler muss kurz aussetzen, bis ein neues Mitglied seiner Familie die Amtsgeschäfte übernimmt. Aber sowas schafft natürlich Feinde.

Junta Marker / Foto: boardgamegeek.com

Die Spieler hantieren in Junta mit ihrem Spielgeld auch in zwei unterschiedlichen Bereichen. Um zum Schluß zu gewinnen muss das Geld auf dem Schweizer Bankkonto sein. Der Präsident zahlt das Geld aber erstmal in Bar an die Juntamitglieder aus und die tragen das ganze erstmal solange mit sich rum, bis sie es zu Bank bringen können und das ist einer der Orte die man besuchen kann und hier finden beliebter Weise viele Attentate statt. Genau deswegen hat man damals wahrscheinlich versucht das Spiel auf den Index setzen zu lassen, hat aber nicht geklappt. Ist halt alles nur Spaß! Aber leider ist das eine Art von Spaß in diesem Spiel, die bei manchen Zeitgenossen nicht so richtig ankommt und die bei solchen Spielen alles total ernst nehmen müssen. Da fliegen dann schonmal Spielbretter vom Tisch weil man gerade zum dritten Mal beim Gang in die Bank ermordet wurde oder der Präsident einen als das Opfer auserkoren hat, der kein Geld bekommt. Das Spiel ist nicht fair und will das auch gar nicht sein. Das Leben in einer solchen Republik mit einer korrupten Regierung ist das ja auch nicht.

Junta ging wahrscheinlich deswegen in die Geschichte als eines der gefährlichsten Brettspiele ein, weil man es sich hier wirklich mit Leuten versauen kann, die diese Art von Spaß nicht kennen oder ertragen können. Viele werden jetzt wahrscheinlich sagen, solche Leute kenne ich gar nicht und das würde mit meinen Freunden niemals passieren, aber lasst euch gesagt sein, Junta bringt Gier und Neid und schlechte Eigenschaften zum Vorschein und ihr lernt Leute manchmal von Seiten kennen, die ihr noch nie gesehen habt. Nichts desto trotz ist Junta ein einzigartiges Spiel, dass ebenso auch für total lustige Stunden sorgen kann. Ja Stunden, denn bei Junta ist alles möglich. Eine Partie kann in 90 Minuten beendet sein oder auch acht Stunden dauern, wenn in jeder Runde ein kompletter Putsch gespielt werden muss. Ein Kultspiel das man kennen sollte, dass auch zurecht als eines der hässlichsten Spiele in die Geschichte eingehen wird. Es soll aber lustige Spielergruppen geben, die sich zu Juntaabenden in Verkleidungen treffen. Auf boardgamegeek.com gibt es sogar einen alternativen Spielplan mit passenden dreidimensionalen Häusern zum Ausdrucken und basteln, um dem Ganzen ein wenig mehr Flair zu verpassen.


  • Verlag: Pegasus Spiele, ASS
  • Autor(en): Vincent Tsao, Eric Goldberg, Ben Grossmann
  • Illustrator(en): Larry Catalano, Stephen Crane, Peter Corless
  • Erscheinungsjahr: 1978
  • Spieleranzahl: 2 – 7 Spieler
  • Dauer: 2 – 4+ Stunden

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