Hier ist der Name Programm. In Lucky Ducks neuestem Spiel mit Appunterstützung geht es dem englischen Titel nach um Bestimmungen. Verschiedenen Bestimmungen, die wir für unsere Charaktere wählen und durchleben müssen. Lucky Duck haben mit Chronicles of Crime unter Beweis gestellt, wie gut sie darin sind, moderne Technik in Form von Apps in ein Spiel zu integrieren. Wer mehr darüber wissen möchte, darf sich an dieser Stelle gern die Review zu Chronicles of Crime durchlesen. Ihr System mit den QR-Codes, die dafür sorgen, dass die Geschichte forterzählt und Ereignisse verfolgt werden, funktioniert bei ihrem Deduktionsspiel so gut, dass sie wirklich viel Anerkennung dafür geerntet haben. Einige Kritiker, behaupten zwar, dass es ja nichts anderes als doofes gescanne ist, aber ich bezweifele, dass diejenigen jemals eine Partie bis zum ende durchgespielt haben. Neuerdings heißt diese Technik in ihren Spielen Scan&Play und eben dieses wird auch in Destinies angewendet. Hier haben wir es aber nicht mit Kriminalgeschichten und der daraus resultierenden Deduktion zu tun, sondern befinden uns in einer dunklen Fantasyversion unseres Mittelalters, in der wir szenariobasiert die Bestimmungen unserer Charaktere in einem Rollenspiel vorantreiben. Na interessiert? Dann werfe ich noch den „bösen“ Begriff semikooperativ in den Raum und schon dürften viele Leute abgeschreckt sein.
Worum geht es?
Okay, über das semikooperative lässt sich streiten und dazu solltet ihr euch unbedingt selbst eure Meinung bilden, nachdem ihr meine Review gelesen habt. Aber thematisch befinden wir uns hier in einem Setting eines dunklen, alternativen Mittelalters, indem die Apokalypse droht. Die Spieler*innen schlüpfen in jedem der fünf Szenarien in die Rolle eines von drei festgelegten Charakteren. Jeder dieser Charaktere verfügt dabei über zwei unterschiedliche, namensgebende Bestimmungen, um sein Schicksal zu besiegeln. Die Spieler*innen laufen mit ihrer Spielfigur auf dem modularen Plan herum und versuchen nach und nach durch die Geschichte und kleine Aufgaben eines ihrer zwei Schicksale zu erfüllen. Die Geschichte der bis zu drei Charaktere kann dabei verwoben sein und die Informationen, die ein Charakter erhält, können auch für die anderen relevant sein. Wer sein Schicksal zuerst erfüllt, gewinnt Destinies.
Wie läuft das ab?
Destinies ist recht schnell aufgebaut, denn das Spiel entwickelt sich ja erst im Verlauf des Szenarios. Am Anfang steht dabei die App, die in den gängigen Appstores heruntergeladen werden kann. Haben die Spieler*innen sich für eines der fünf Szenarien entschieden, geht es auch schon los. Zunächst zeigt uns die App die drei im Szenario vorkommenden Charaktere. Zu jedem Charakter gibt es auch eine Karte, die sich die Spieler*innen heraussuchen, nachdem sich entschieden wurde. Destinies kann also maximal zu dritt gespielt werden. Die Charaktere sind in jedem Szenario drei andere. Keiner wird wiederverwertet. Die Charakterkarten zeigen auf der Vorderseite nur ein Bild des Charakters und auf der Rückseite steht kurz eine kleine Geschichte und anschließend die beiden zu erfüllenden Schicksale und was dafür getan werden muss. Auch wohin sich begeben werden muss, nachdem die Aufgabe erfüllt wurde findet sich hier.
Nach der Auswahl der Charaktere werden die Charaktertableaus für die Spieler*innen vorbereitet. Jeder bekommt ein solches Tableau auf dem es im unteren Bereich drei farbige Leisten für drei Eigenschaften gibt. Wissen, Geschick und Stärke. Die Leisten gehen bis zum Wert zwölf und wir dürfen in jede Leiste drei bis vier kleine Holzscheiben legen. Wohin genau verrät uns die App. Dazu bekommen wir eventuell noch Startgeld und einen Startgegenstand, den wir wieder in Form einer Karte erhalten. Unter dem Tableau dürfen wir bis zu maximal fünf Gegenstände anlegen. Oben neben dem Ort für unsere Charakterkarte gibt es noch unseren Würfelpool. Jede*r Spieler*in erhält zwei große weiße und drei kleine violette Würfel. Die weißen Würfel stehen uns immer zur Verfügung und sie werden in den Pool gelegt. Zu Beginn jedes unserer Züge dürfen wir einen violetten Würfel zu unserem Pool hinzufügen. Die violetten Würfel verbrauchen sich. Sollten wir einen bei einer Prüfung einsetzen, so steht er für die nächste nicht zur Verfügung.
Nach der „Charaktererstellung“ wird das Spielfeld vorbereitet, welches aus quadratischen, nummerierten Pappteilen besteht, die jeweils eine vernebelte und eine sichtbare Seite haben. Die App lässt uns zu Beginn ein sichtbares Teil auslegen und mehrere vernebelte daneben. Anschließend werden noch Personen in Form von kleinen Miniaturen und Pappmarkern oder wichtige Orte auf dem Teil ausgelegt. Die App zeigt uns zu jedem Abschnitt immer ein kleines bißchen Text, das laut vorgelesen werden muss, da es Informationen enthalten kann, die für alle Beteiligten wichtig sind. Auch die Spieler*innenfiguren stehen zu Beginn auf dem Pappteil.
Nun beginnt das Spiel und die App sagt uns wer an der Reihe ist. Zu Beginn erhalten die Spieler*innen eigentlich immer einen violetten Würfel in ihren Pool zurück. Danach können sich die Spieler*innen für eine Aktion entscheiden. Dazu klicken sie entweder einen der Marker oder eine der Figuren in der App an und bewegen ihre Figur auf dem Spielfeld physisch dahin. Ein Menü mit mehreren Möglichkeiten eröffnet sich den Spieler*innne. Ein einführender Text führt den Ort ein oder stellt den Charakter vor. Auch diese Texte sind zwingend laut vorzulesen, damit auch die anderen Spieler*innen die Informationen erhalten. Die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten können recht vielfältig sein. Entweder sind es Dialogoptionen, die wir einfach anklicken und vorlesen können, oder aber wir können irgendeine Probe ablegen, um eine Handlung auszuführen. Zu den Proben komme ich gleich. Wir könenn aber auch Gegenstände scannen um weitere Informationen zu erhalten. Manchmal könenn uns Personen bei unserem Schicksal helfen und wir können einen der QR-Codes auf unserer Charakterkarte scannen, um voranzukommen. Wir müssen aber auch nicht auf unserem Pappteil bleiben, sondern können die Gegend erkunden. Solange die Nachbarteile noch verdeckt sind, können wir auf eines ziehen um es zu entdecken. Auch das wird in der App erledigt, die uns dann auffordert das Teil auf die entdeckte Seite umzudrehen und wieder neue Marker und Figuren aufdeckt, sowie weitere neblige Geländeteile zu Tage fördert. Später können wir bis zu zwei Kacheln weit auf den aufgedeckten Teilen ziehen, falls es nötig sein sollte.
So manövrieren wir uns durch das gesamte Abenteuer. Ein wichtiger Teil des Spiels sind dabei die Proben auf unsere drei Eigenschaften und hier wird Destinies richtig innovativ. Die Holzscheiben auf den Leisten stellen im Prinzip die Werte da, die wir erwürfeln müssen, um einen Erfolg zu erreichen. Als Beispiel könnte ich je eine Scheibe auf den Werten vier, fünf, acht und zwölf der Wissensleiste haben. Dann soll ich eine Wissensprobe würfeln. Ich habe meine zwei weißen Würfel und einen violetten zur Verfügung. Ich würfel die drei und sie zeigen eine drei, eine zwei und eine eins, was zusammen den Wert sechs ergibt. Ich vergleiche diesen Wert mit meiner Leiste und habe zwei Eroflge erzielt, da ich Scheiben auf der vier und der fünf habe. Für drei Erfolge bräuchte ich Wert acht. Die Anzahl der Erfolge wird von der App abgefragt und je nachdem wieviele Erfolge ich habe erziele ich ein Erfolg, Teilerfolg oder es reicht einfach nicht. Je nachdem wie schwierig die App die Probe ansiedelt. Im Verlauf des Spiels kann ich die Werte auf den Leisten verändern. Als Belohnung könnte ich zum Beispiel eine Scheibe auf der Leiste nach Links bewegen, oder eine weiter Scheibe erhalten. Als Bestrafung aber natürlich auch eine Scheibe nach rechts ziehen. In der Regel müssen wir bei einer gescheiterten Probe eine Scheibe auf der Leiste nach rechts verschieben, erhalten dafür aber einen Erfahrungsmarker mit dem wir danach jederzeit zwei Scheiben beliebiger Leisten nach links ziehen dürfen. Mit der Zeit werden wir also kontinuierlich stärker.
Das wäre eigentlich auch schon alles. Die Spieler*innen spielen sich so durch ihre Geschichten, bis einer oder eine von ihnen sein oder ihr Schicksal erfüllen konnte.
Das Fazit
Insgesamt klingt das nach gar nicht einmal soviel Spiel und das ist es auch gar nicht. Es ist ein Abenteuer, oder besser es sind bis zu drei Abenteuer, die parallel ablaufen. Wir sammeln zusammen Informationen, aber jeder versucht sein eigenes Schicksal zu erfüllen. Mit der Zeit bekommen auch die anderen mit, welches Ziel ich haben könnte, weil die App da ziemlich deutlich wird. Hier sind wir dann auch schon wieder in dem typischen Dilemma der semikooperativen Spiele. Zusammen Dinge erforschen um dann nur einen zum Sieger zu küren ist meistens keine gute Idee. Bei Destinies ist mir persönlich das aber egal. Woran das liegt kann ich gar nicht so genau sagen. Vielleicht weil es wenig Spiel ist und es um die Entwicklung der Geschichte geht. Auch meine Geschichte wird zu einem Ende gebracht, wenn ich nicht gewinne. Destinies ist eines dieser Spiele bei dem der Weg das Ziel ist. Das Spielen an sich ist hier cool und macht irgendwie Spaß. Das Ergebnis am Ende ist schon fast nebensächlich.
Räumen wir erstmal die Schauwerte aus dem Weg. Destinies ist ziemlich fantastisch produziert. Das Material ist ziemlich großartig. Die Miniaturen in dem Spiel sehen richtig gut aus, auch wenn sie zum Teil sehr klein sind. Dafür gibt es auch ein paar wirklich große Miniaturen, die den Unterschied so richtig verdeutlichen. Alles findet sich in einem fantastischen Insert in seiner Schachtle wieder und auch das Artwork ist durch und durch gelungen. Die App funktioniert einwandfrei. Keinerlei Fehler sind bei uns aufgetreten, alles sehr sauber programmiert und ebenfalls nichts zu beanstanden. Das Spiel funktioniert mit jeder Spielerzahl gut und stellt für Solospieler gleich zwei Modi zur Verfügung. Einen in dem einfach die Story erfahren werden kann und einem mit Zeitdruck um die Herausforderung zu haben.
Was mir an Destinies richtig gut gefällt ist der gesamte spielerische Probenbereich. Ich finde den ziemlich genial und wundere mich, ob der so in dieser Form schonmal irgendwo anders zum Einsatz gekommen ist. Mir ist nichts bekannt und er würde sich auch für ein Rollenspiel recht gut eignen. Natürlich basieren die Proben auf Glück, dass lässst sich nicht wegdiskutieren und das will ich auch gar nicht. Das muss hingenommen werden, wenn es spannend gehalten werden soll. Destinies ist da nicht unfair. Misslungene Proben führen zu einer Verbesserung der Werte. Es dauert nur ein wenig. In all unseren Spielen gab es nie einen Durchmarsch eines Spielers, alle Partien bis auf eine waren sehr ausgeglichen. Meistens erreichte jemadn gerade das Finale während der/die andere kurz davor standen. Nur einmal in einer Partie zu zweit hatte ich bei beiden Schicksalssträngen schon Teilziele erreicht, ohne es zu wollen und meine Frau marschierte schon ins Finale. Wir haben Destinies bisher sehr genossen.
Den Wiederspielreiz sehe ich insgesamt als nicht hoch aber vorhanden an. Wir haben Destinies überwiegend zu zweit gespielt. In jeder Partie also nur zwei der drei Charaktere ausprobiert. Ein zweiter Durchlauf mit dem fehlende Charakter hätte sicherlich seinen Reiz und auch bei dem ein oder anderen Charakter nochmal das andere Schicksal auszuprobieren wäre sicherlich auch reizvoll. Jede Partie dauert ungefähr zwei Stunden und bei fünf Szenarien hat man einiges zu Spielen. Allerdings wird es danach wahrscheinlich langweilig und neue Szenarien müssten her. Hierfür wurde bereits mit einer Erweiterungsbox gesorgt, die hier schon auf ihren Einsatz wartet.
Insgesamt hat uns Destinies sehr gut gefallen. Das Spielsystem gefiel uns super und technisch hat alles funktioniert. Auch die Geschichten die hier erzählt werden sind gut und unterhalten über die Dauer des Spiels. Leute die sich gerne mal in einer düsteren Geschichte wiederfinden wollen und sich spielerisch hindurchmanövrieren möchten sind hier genau richtig. Wer gerne auf Wettbewerb steht und seine Spiele schön knackig und mechanisch anspruchsvoll möchte, sollte sich ein anderes Spiel aussuchen, weil Destinies dann keine Freude sein wird.
- Verlag: Grimspire
- Autor(en): Michał Gołębiowski, Filip Miłuński
- Illustrator(en): Karolina Jędrzejak, Magdalena Leszczyńska, Irek Zielinski
- Erscheinungsjahr: 2021
- Spieleranzahl: 1 – 3
- Dauer: 90 – 150 Minuten