Die Wölfe – Das Heulen des Rudels

Die Wölfe

Das Coverartwork von Die Wölfe ist eindeutig ein Hingucker und zog sofort meine Aufmerksamkeit auf sich, als ich das Spiel zum ersten mal sah. Pandasaurus Games kamen damit 2022 um die Ecke gebogen und schon schnell war klar, dass es bei Skellig auch eine deutsche Version geben würde. Ich war sehr gespannt, denn was ich da so vernahm, klang alles ganz wunderbar. Das Thema schien absolut unverbraucht, denn wir sollten in die Rolle eines ganzen Wolfsrudels schlüpfen und uns in einem Area Control Kampf mit rivalisierenden Rudeln anlegen. Ich war also sehr gespannt und erwartete die Veröffentlichung. Meine Frau war auch sofort Feuer und Flamme, weil sie ja auf Naturthemen in Spielen steht und das Spiel einfach so wunderschön aussah. Lange Rede kurzer Sinn, es kam direkt zur Veröffentlichung bei uns auf den Spieltisch. Noch am selben Tag als es bei uns ankam. Ich versuche mal zu beschreiben was wir in der Zwischenzeit mit Die Wölfe erlebt haben.

Worum geht es?

Die Spieler*innen spielen ein auf ein bestimmtes Gelände spezialisiertes Wolfsrudel und treten dabei in einem Gebiet gegen andere Rudel an, um die Vorherrschaft zu erlangen. Zu bestimmten Zeiten des Spiels, die einem Mondkalender folgen, bringen unterschiedliche Regionen Punkte für den Sieg. Nebenbei gibt es auch Punkte für Beutetiere, die wir auf dem Spielfeld jagen können. Die Wolfsrudel können im Verlauf des Spiels durch Aktionen verbessert und so in unterschiedliche Richtungen gespielt werden. All dem Zugrunde liegt eine sehr interessante Zugmechanik.

Die Wölfe: Spielaufbau für drei Spieler*innen / Foto: Spieltroll

Wie läuft das ab?

Es gibt verschiedene Bereiche in denen sich das Spiel abspielt. Zum einen ist da mal das Spielfeld, welches zu Beginn aufgebaut wird. Es besteht aus einzelnen kleineren Hexfeldtafeln die unterschiedliches Gelände zeigen. Je nach Spieler*innenanzahl wird das Gelände größer. In der Mitte liegt immer die Starttafel mit einer Schlucht und drumherum werden weitere Tafeln angeordnet. Vier für zwei Spieler*innen und dann jeweils zwei pro Spieler*in mehr. Das macht zu fünft schon ein beeindruckendes Stück Landschaft. Hier werden noch unterscheidliche Beutemarker ausgelegt und auch Mondplättchen mit Punkten darauf liegen für alle sichtbar aus. So ist erkennbar, welche Tafel wann im Spielverlauf gewertet wird.

Als zweites gibt es noch einen zentralausliegenden Mondkalender, welcher von uns im Verlauf des Spiels mit Spielmaterial gefüllt wird. An bestimmten Tagen sind dort Wertungen für bestimmte Mondphasen eingezeichnet und geben uns an, wann mit einer Wertung wo zu rechnen ist.

Die Wölfe: Mondkalender / Foto: Spieltroll

Der dritte Bereich sind die eigenen Tableaus der Spielenden. Diese sind erstmal alle wunderschön gestaltet und verraten uns, um welchen spezialisierten Wolfstyp es sich bei unserem Rudel handelt. Das Tableau funktioniert wie die von Stonemaier bekannten Tableaus, bei denen wir durch das entfernen von Spielmaterial Dinge für unser Rudel freischalten. Auf dem Tableau lagert unser gesamtes Spielmaterial, das wir nciht schon auf dem zentralen Spielbrett im Einsatz haben. Oben an unserem Tableau liegen unsere Geländeplättchen aus. Sechs Plättchen nebeneinander. Sie sind beidseitig bedruckt und fünf zeigen auf jeder Seite eine andere Geländeart, während ein Plättchen auf beiden Seiten unser Spezialgelände zeigt. Dieses liegt ganz links in der Reihe. Bei dem Holzspielmaterial gibt es größere Alphawölfe und kleine Rudelwölfe, sowie Höhlen und Wolfsbaue. Bis auf je zwei Wölfe jeden Typs stellen wir alles auf das Tableau. Die Baue stehen auf drei verschiedenen Attributsleisten unseres Rudels. Es gibt je einen Wert für Ausbreitung, Geschwindigkeit und Heulreichweite.

Die Wölfe: Geländeplättchen mit Markierung für das Gelände auf der Rückseite / Foto: Spieltroll

Zu Spielbeginn, nachdem eine Reihenfolge festgelegt wurde, platzieren in guter alter Siedlermanier, alle nacheinander, je ein Wolfspärchen auf ein Feld der zentralen Tafel um die Schlucht herum. Das zweite Pärchen geht dann auf weitere Felder in umgekehrter Reihenfolge. Dann legt der oder die Startspieler*in los.

Die Wölfe: Zentrale Schlucht bei Spielaufbau / Foto: Spieltroll

Das Aktionssystem von Die Wölfe ist ziemlich clever und funktioniert über die Gebietsplättchen. Wer an der Reihe ist darf zwei Aktionen ausführen, egal wieviel sie kosten. Die Kosten werden durch die Aktion und das Zielfeld bestimmt. Die Aktion die ich ausführen will kostet immer eine bestimmte Menge Plättchen und das Feld auf das sie abzielt gibt die Geländeart vor, die ich dafür umdrehen muss. Über Bonusplättchen kann ich eventuell Zusatzaktionen ausführen und eine Geländevorgabe umgehen. Verschiedenste Aktionen sind möglich, so können sich meine Wölfe natürlich bewegen. Mit einer Aktion darf ich soviele Wölfe bewegen, wie meine Ausbreitung angibt und das um so viele Felder weit, wie meine Geschwindigkeit angibt. Für eine Bewegung muss ich nur ein Plättchen drehen, dass der Geländeart meines Zielfeldes entspricht und das bedeutet natürlich, dass ich, wenn ich drei Wölfe bewegen darf auch alle drei auf ein Geländefeld der Zielart bewegen muss.

Einen Bau errichten kostet mich zwei Geländeplättchen und ich errichte ihn, um Kontrolle über ein Gebiet zu erlangen. Ich darf mir aussuchen, von welcher Attributsleiste ich ihn entferne und mich damit weiterentwickel. Bei einer späteren Wertung ist ein solcher Bau einen Kontrollpunkt wert. Ich kann einen Bau auch zu einer Höhle aufwerten, die dann drei Punkte wert ist.

Die Wölfe: Spielfiguren und Einsamer Wolf Marker / Foto: Spieltroll

Einen wichtiger Aspekt ist auch das Heulen, welches ich dazu benutzen kann mein Rudel zu vergrößern, denn auf dem Spielfeld vereteilen wir sogenannte „Einsame Wolfsmaker“ die wir mit einer Heulaktion dazu bewegen können, sich unserem Rudel anzuschließen. Das Heulen dient allerdings nicht nur zum rekrutieren neuer Gefolgswölfe, sondern auch dazu andere Rudel, also unsere Gegenspieler*innen, zu dominieren. Dazu benötigen wir allerdings drei gleiche Geländeplättchen. Das funktioniert nur mit der eigenen Spezialregion. In dem Fall entfernen wir den gegnerischen Bau oder Wolf vom Spielfeld und ersetzen ihn durch einen eigenen. Spielbestandteile, die wir vom Spielfeld nehmen, wie zum Beispiel die einsamen Wölfe oder gegnerische Figuren, werden auf den Mondkalender gesetzt. Immer ein Teil pro Tag. So schreitet das Spiel voran. An bestimmten Tagen werden dann bestimmte Regionen gewertet und Punkte vergeben, indem die Kontrollpunkte der Spieler*innen in dem Gebiet miteinander verglichen werden. Alphas und Wölfe bringen einen Punkt, ein Bau ebenfalls einen und eine Höhle drei. Wer die meisten Punkte aufweist, kontrolliert das Gebiet.

In dieser Art wird solange weitergespielt, bis jemand die letzte Spielkomponente auf das Vollmondfeld des Mondkalenders stellt. Es folgt die letzte Abrechnung des Gebiets, bevor der oder die Sieger*in ermittelt wird. Neben den Punkten, die durch die Gebietskontrolle während der Partie errungen wurden, sind auch an bestimmten Stellen des eigenen Tableaus Punkte zu verdienen, wenn sie freigespielt wurden und auch für Beutetiere erhalten die Spieler*innen Punkte.

Auch eine Partie für zwei Spieler*innen ist möglich und fällt besonders taktisch aus. In dieser Spielvariante werden ein paar unbeteiligte Wolfsfiguren in anderen Farben auf das Spielfeld gestellt, die einerseits Felder blockieren, aber auch um die Kontrolle konkurrieren. So soll ein zu einfaches Vorankommen ohne Gegenwehr verhindert werden und es funktioniert ganz gut. Außerdem benutzt diese Varainte die zweite Seite der Spieler*innentableaus mit eingien Änderungen.

Das Fazit

Ich habe erstmal eine ganze Menge Positives über Die Wölfe zu sagen. Etwas ähnliches habe ich auch schon über Atiwa von Uwe Rosenberg gesagt. Die Autoren Ashwin Kamath und Clarence Simpson wollen das Rad gar nicht neu erfinden. In einer Zeit in der viele Spiele diverse Mechaniken miteinander verweben, in der Hoffnung etwas total neues zu erfinden, setzen sie hier auf gutes altes Area Control. Das ist fantastisch gelungen und die thematische Einbindung eines Wolfsrudels ist in meinen Augen hervorragend gelungen. Die Aktionen machen alle Sinn und sind wirklich logisch mit dem Thema verknüpft. Die Aktionskosten über die Plättchenseiten zu regeln ist ziemlich gut gelöst und erfordert wirklich ein bisschen Planung, um auf lange Sicht genau die Aktionen machen zu können, die ich auch machen will. Dabei sind die Kosten wirklich gut gewählt. Das ziemlich zerstörerische Dominieren ist so teuer, das ich es nur mit meinem Heimatgelände überhaupt durchführen kann und auch das macht thematisch Sinn, denn welcher Wolf sollte im Wald dominieren, wenn nicht der Waldwolf.

Die Wölfe: Verschiedene Rudel / Foto: Spieltroll

Die wirkliche Besonderheit an den Wölfen neben dem Thema ist allerdings die Tatsache, dass es ein sehr, sagen wir mal, agiles Area Control Spiel ist. Normalerweise sind wir es in diesem Genre gewohnt Gebiete zu besetzen und wir versuchen über Mehrheiten die Herrschaft zu Regeln. Die Wölfe setzt dabei komplett auf Bewegung. Das Spiel ist nicht statisch. Durch die ständig wechselnden Punktegebiete muss ich mit meinem Rudel auch sehr beweglich sein. Das ist auch der Grund, warum es hier keine riesigen Wolfsrudel gibt und wir immer mehr Figuren auf das Spielfeld setzen. Alles bleibt in einem kleinen Rahmen und wollen wir unterschiedliche Gebiete zu unterschiedlichen Zeiten beherrschen, so müssen wir uns zwangsläufig bewegen. Das sorgt gleichzeitig aber auch dafür, dass niemand zu irgendeiner Zeit unverletzbar ist. Die Regel, die ich bisher nicht erwähnt habe, das maximal zwei Figuren auf einem Feld stehen dürfen, sorgt so gleichermaßen dafür. Es gibt Sicherheit für diese Figuren, aber so groß ist das Rudel ja meist gar nicht, dass ich alle sichern kann.

Die Wölfe: Rudeltableau / Foto: Spieltroll

Nicht nur auf dem Spielbrett auch auf unseren Tableaus ist immer eine Menge Bewegung. Die Bezahlung der Aktion fordert das Rotieren der Geländeplättchen und die Baue sind so enorm wichtig, auch wenn sie an Ort und Stelle verbleiben. Sie sind es aber, die wir für die Entwicklung des Rudels brauchen. Nur so können wir unsere Reichweite erhöhen, um schnell von hier nach dort zu kommen. Was findige Gegner*innen nutzen könnten, um die Baue zu dominieren. Die Wölfe ist in dieser Beziehung ein, trotz Thema, recht abstraktes Strategiespiel, bei dem sich Aktion und Reaktion der Spielenden abwechseln. Insgesamt betrachtet empfinde ich Die Wölfe als ein sehr cleveres Spiel mit thematisch toller Einbindung und fantastischen Schauwerten.

Allerdings… jetzt komme ich zu den Dingen, die mir tatsächlich nicht so gut gefallen, habe ich auch deutliche Vorbehalte gegen Die Wölfe. Der Timer, den das Spiel für sein Ende benutzt, finde ich schwierig. So schwierig, dass ich sogar sagen würde, hier muss nachgebessert werden, denn das Ende ist einfach ein wenig unfair. Die Wölfe leidet darunter, das die Zugreihenfolge ganz erhebliche Vorteile für den oder die Startspieler*in und bei größeren Runden generell für die Vorderen in der Reihenfolge hat. Das Spielende ist sofort da, wenn der letzte Mondtag erreicht wird. Bumms. Egal wie oft die anderen an der Reihe waren. Das trifft diese aber nicht nur am Ende. Auch innerhalb der Partie fühlt es sich oft so an, das Nummer vier und fünf immer etwas spät zur Party auftauchen würden. Es gibt nur begrenzt Einsame Wölfe und Beute auf dem Spielfeld. Durch günstige Positionierung und das frühere Ziehen, können diese immer von allem abgeschnitten werden und haben von vornherein schlechtere Karten. Ist das Ende nicht mehr weit, können die führenden Spieler*innen auch einfach schnell dicht machen, ohne das noch reagiert werden darf. Sehr frustrierend.

Der größte Witz ist für meinen Geschmack aber die Beute. Diese wird auf dem Tabelau für Punkte gesammelt, ist aber sehr rar gesät. Im Spiel zu dritt sind sieben Marker auf dem Feld. Beute belohnt aber nicht nur durch Punkte, sondern auch durch eine Bonusaktionsmarker, die natürlich auch sofort eingesetzt werden können und bei der oben geschilderten Problematik mit mehr Spieler*innen dazu führt, das diejenigen, die schon Bonuspunkte bekommen, auch gleich noch zur nächsten Beute weiterziehen können um noch mehr Punkte zu bekommen. Das ist nicht cool. Dieses Problem löst aber die Version für zwei Spieler*innen, da die Bonusmarker für die Beute hier wegfallen und sich bei zwei Spieler*innen nicht eine*r auf alles konzentrieren kann.

Die Wölfe: Ein Teilgebiet des großen Spielfelds mit allen Markern / Foto: Spieltroll

Während all das, was ich oben im Positivem über Die Wölfe geschrieben hat auch an dieser Stelle noch gilt, denn es sieht wirklich fantastisch aus, hat ein paar clevere Mechaniken und bindet sein Thema vorbildlich ein, so sehr stehen ihm die Unausgewogenheiten in der Zugreihenfolge im Weg. Für vier und fünf Spieler*innen kann ich Die Wölfe nicht empfehlen und nur sagen lasst die Finger davon. Zu dritt ist das gerade noch okay, aber richtig scheinen tut das Spiel für mich nur für zwei Personen und ist dann vielleicht einfach zu groß. Echt schade für ein so hübsches und cleveres Spiel, dass sich hier leider selbst ein Bein stellt.


  • Verlag: Skellig Games
  • Autor(en): Ashwin Kamath, Clarence Simpson
  • Illustrator(en): Pauliina Linjama
  • Erscheinungsjahr: 2023
  • Spieleranzahl: 2 – 5 Spieler*innen
  • Dauer: 75 Minuten

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