KOSMOS hat sich mit Villagers eines erfolgreichen Kickstarter-Projektes angenommen, das es im Jahr 2018 doch tatsächlich auf eine schon sehr beachtliche Summe von fast 500000 Pfund gebracht hat. Die hier vorliegende Version beinhaltet natürlich nicht den ganzen Stetch-Goal-Inhalt der Kickstarter-Kampagne und wurde auch gleich um den Solomodus gekürzt, aber ansonsten haben wir es hier mit dem gleichen Spiel in deutscher Lokalisierung zu tun. Der norwegische Autor Haakon Garder liefert hier mit seinem Erstlingswerk ein schönes Aufbauspiel mit einem Drafting Mechanismus ab. Darüber hinaus besticht Villagers mit seinem sehr klaren und eigenwillig minimalistischen Design, was mir persönlich sehr gut gefällt. Soviel sein vorweggenommen, das Cover des Spiels ist fast schon das farbigste was Villagers zu bieten hat. Aber seht selbst.
Worum geht es ?
Wir haben es mal wieder mit einem Spiel im Mittelalter zu tun. Die Menschen suchen nach Arbeit und wandern umher. Die Spieler schlüpfen sozusagen in die Rolle eines Dorfgründers und heuern einige der wandernden Arbeiter an, um ihr Dorf durch funktionierende Produktionsketten zu einem florierendem kleinen Örtchen zu machen. Wer nach zwei Markttagen die meisten Münzen sein eigen nennt gewinnt Villagers.
Wie läuft das ab ?
Villagers besteht nur aus Karten und ein paar Pappmünzen. Mehr Spielmaterial finden wir nicht in der Schachtel. Trotz des nur wenigen Materials ist der Spielaufbau dann erstmal mit ein bißchen Sortier- und Aufbauarbeit verbunden, bevor es losgehen kann. Es gibt nämlich ein paar besondere Karten, die besonderen Zwecken dienen. Zum einen wären da die Gründungskarten, von denen jeder Spieler eine bekommt und vor sich auslegt. Dies ist quasi das Dorfzentrum von dem alles seinen Lauf nimmt. Zusätzlichh zu der Gründungskarte bekommt jeder Spieler noch eine Spielhilfekarte auf der die wichtigsten Symbole kurz erklärt sind. Die Startspielerkarte bekommt derjenige der zuletzt einen Nagel in eine Wand geschlagen hat (öfter mal was Neues).
Villagers kommt mit drei zusätzlichen Modulen, die man aber am Anfang noch nicht mit ins Spiel hineinnehmen sollte, sondern erst in späteren Partien berücksichtigen sollte. Diese Karten kommen also zunächst in die Schachtel zurück. Der Rest besteht aus Personenkarten, die lauter Handwerker zeigen. Sechs von ihnen haben ein kleines Wegweiser-Symbol. Diese Karten bilden die Startauslage und werden in einer Reihe in die Mitte der Spielfläche gelegt. Außerdem gibt es noch 30 Startpersonen mit den Standardberufen Holzfäller*in, Bergarbeiter*in und Heuwender*in. Diese werden auf drei Stapeln ebenfalls in der Mitte bereitgelegt.
Die Münzen werden ebenfalls in der Mitte bereitgelegt und jeder Spieler erhält am Anfang Münzen im Wert von 8 Gold. Die Personenkarten haben noch eine Besonderheit, alle zeigen auf der Rückseite an zu welchem Rohstoff sie gehören. Alle Berufe die mit Wein zu tun haben, haben eine Traube auf der Rückseite. Die Holzberufe Holz und die Erzberufe Erz usw. So weiss man wenn die Karten verdeckt liegen aus was für einem Bereich sie stammen ohne zu wissen, welcher Beruf sich genau auf der Karte verbirgt, denn das steht nur auf der Vorderseite. In einem Spiel zu zweit oder dritt werden die Woll- und Lederberufe aussortiert, da sonst zuviele Variationen im Spiel sind. Die restlichen Personenkarten werden dann gemischt und es werden sechs verdeckte Stapel gebildet. Die Menge der Karten pro Stapel variiert dabei abhängig von der Spieleranzahl. Die verdeckten Stapel werden jeweils über eine der Startpersonen gelegt. Die beiden Markttagkarten werden dann unter Stapel zwei und sechs geschoben, so dass man sie noch zum Teil sieht und weiss, dass am Ende dieser Stapel die Wertungen folgen. Von den restlichen Karten bekommt dann jeder Spieler noch fünf auf die Hand und der Rest wird als Nachziehstapel bereitgelegt.
Soviel zum doch recht aufwendigen Spielaufbau und bevor ich auf den Spielverlauf eingehe noch zwei Dinge vorneweg, Villagers bedient sich einer ausgefeilten Symbolik die man nach kurzer Zeit auch recht gut versteht, aber ohne Bilder wird es schwierig. Ich reiße das deshalb nur kurz an. Außerdem gehe ich auf den Spielverlauf eines „normalen“ drei bis fünf Personen Spiels ein. Für die zwei Spielervariante gibt es eine Sonderregel.
Die Personenkarten zeigen eine Vielzahl von Informationen, oben angefangen mit dem Betriebssymbol, das einem angibt zu welcher Rohstoffkette die Karte gehört. Dann ist auch die Produktionskette angegeben, wie zum Beispiel auf der Tischlerkarte steht das man einen Holzfäller benötigt bevor man einen Tischler ausspielen kann. Bei den Produktionsketten werden die Karten dann übereinander gelegt, so das eine Reihe entsteht. Der Ertrag einer Karte wird je weiter hinten in der Produktionskette sie kommt immer größer. Die höhere Karte deckt die niedrigere immer ab, so dass der Ertrag der Produktionskette immer oben sichtbar ist. Manche Karten erlauben das aufsplitten einer Produktionskette in zwei Unterbereiche, dass ist mit zwei Kartensymbolen oben rechts angegeben. Außerdem gibt es Karten die ein Schloß oben links anzeigen, was bedeutet, dass man erst einen anderen Beruf in einem Dorf haben muss, bevor man diesen einbauen darf. Um auf das Tischlerbeispiel zurückzukommen, dieser ist im Spiel dazu da, acht weitere Karten aufzuschließen, was auch als Symbol auf ihm angegeben ist.
Generell erzeugen die Karten Nahrung, die Möglichkeit neue Gebäude zu bauen oder einfach Gold. Das Geldsymbol gibt es dabei in zwei Farben. Das goldige bringt immer am Markttag Gold und das silberne hingegen nur am 2. Markttag. Die Spieler müssen also versuchen den meisten Ertrag aus ihren Bürgern rauszuholen, um Villagers zu gewinnen.
Den Spielablauf kann man im Vergleich zum Spielaufbau dann schon als ziemlich simpel bezeichnen. Die Spieler beginnen jede Runde mit einem Draft von Dorfbewohnern. Beginnend mit dem Startspieler nimmt sich jeder Spieler einen Dorfbewohner. Dabei darf man einen aus der offenen Auslage oder eine der verdeckten Karten von den Stapeln der Auslage nehmen, von denen man nur weiß zu welchem Rohstoff sie gehören. Nimmt man eine Karte aus der offenen Auslage, so wird sofort eine neue Karte vom am weitesten linken Stapel aufgedeckt. Die Spieler machen das solange weiter bis ihr jeweiliges Draftinglimit erreicht ist. Das Draftinglimit ist immer zwei plus die Anzahl an offenen Nahrungssymbolen auf den im Dorf befindlichen Karten, maximal jedoch fünf. Die ausgewählten Karten legt man zunächst offen vor sich ab. Nachdem alle Spieler feritggedraftet haben wird die Auslage komplett aufgefüllt und auf jede offene Karte eine Münze gelegt. Dies unterscheidet sich vom Spiel zu zweit, indem sich die Spieler jeweils eine Karte ausssuchen, auf die eine Münze gelegt werden soll. Nachdem auch dies abgehandelt wurde nehmen die Spieler die Karten auf ihre Hand.
Dann beginnt die Bauphase, in der die Spieler 2 Dorfbewohner plus Anzahl Bausymbole ins Dorf anlegen dürfen, maximal jedoch fünf. Die Personen müssen die jeweiligen Vorraussetzungen in ihren Produktionsketten erfüllen, das heisst zum Beispiel, dass alle Karten die vorher in der Produktionskette enthalten sein müssen, sich auch dort befinden, oder das zum Beispiel ein entsprechender Schlossöffner Beruf im Dorf sein muss, bevor ich einen verschlossenen Beruf anlegen darf. Wenn dem so ist, so muss ich die Karte so auf die anderen Karten legen, dass man nur noch die aktuellen Erträge der obersten Karte sehen kann. In der Bauphase können die Spieler allerdings nicht nur Karten von ihrer Hand ins Dorf bringen, sondern dürfen auch Karten von den drei Standardberufen ins Spiel bringen. Die Karten stehen allen immer als Auslage zur Verfügung und bilden für viele Produktionsketten den Startberuf. Die Schlösser und Türöffner haben dabei noch einen interkativen Charakter und lohnen sich für den Spieler wenn man sie benutzt. Jedesmal wenn man mit einem Schlossöffner eine andere Person freischaltet, so bekommt man 2 Gold aus dem Vorrat und legt sie auf den Schlossöffner, wenn er im eigenen Dorf liegt. Hat man ihn nicht selbst, sondern nur ein Mitspieler, so kann man die Person mit Schloss trotzdem spielen, muss aber dem anderen Spieler, der den Schlossöffner besitzt 2 Gold aus seinem eigenen Vorrat geben, die dieser dann wiederum auf seinen Schlossöffner legt. Mit diesen Karten kann man also Geld verdienen.
Am Ende der Bauphase muss jeder Spieler noch überprüfen, ob er Nahrung in seinem Dorf hat. Dazu reicht bereits eine Karte aus, die ein Nahrungssymbol hat. Ist das nicht der Fall, so muss man seine Gründungskarte umdrehen und bekommt nun kein Gold mehr für diese Karte. Man muss also immer dafür sorgen das das Dorf mit Nahrung versorgt ist.
Sollte im Verlauf des Draftings eine Markttagkarte aufgedeckt worden sein, so findet im Fall der ersten Karte eine Wertung statt und im Fall der zweiten tritt neben der Wertung auch das Spielende ein. Bei der ersten wertung erhält man Gold für alle Goldsymbole auf den ausliegenden eigenen Karten plus Gold für Münzen die auf den ausliegenden Karten liegen. Bei der zweiten Wertung bringen zusätzlich die Silbermünzen auf Karten noch Punkte und wer nach diesen beiden Wertungen die meisten Münzen besitzt gewinnt.
Zusätzlich zum normalen Spiel, bietet Villagers gleich noch drei ergänzenden Module, mit denen man mehr Variation ins Spiel bringen kann.
Das Unterstützungsmodul beinhaltet einfach nur fünf zusätzliche Karten, von denen jeder Spieler eine erhält und diese im Verlauf des Spiels wie jede andere Karte der Spezialkategorie mit speziellen Effekten ausspielen kann. Sie werden nicht in die Stapel gemischt und stehen den Spielern sofort zur Verfügung.
Das Profiteur-Modul besteht insgesamt aus acht Karten, die ein neues Symbol (deie Bronzemünze) ins Spiel bringen. Diese Karten werden mit allen anderen normal gemischt und bringen den Spielern, wenn sie sich im Dorf befinden nach jeder Bauphase Geld ein. Allerdings gibt es eine Limitierung, dass nur eine dieser Karten pro Bauphase pro Spieler gewertet wird.
Das letzte Modul ist das Entwicklungsmodul, was auch das komplexeste ist, da es eine komplett neue Phase mit ins Spiel bringt. Die 12 Karten sind nochmal dreigeteitl in Handel, Gemeinschaft und Produktion. Jeweils eine Karte jeder Sorte wird vom Stapel gezogen und ausgelegt. Nach der Bauphase und bevor eventuell ein Markttag ausgeführt wird diese Entwicklungsphase abgehandelt. Jede der drei Karten hat dabei eine Bedingung sowie eine Belohnung auf ihr stehen. Zum Beispiel bringt ein aufgedeckter Marktplatz demjenigen der die meisten Nahrungssymbole im Dorf hat fünf Gold. Wichtig ist noch, dass die Belohnungen nur ausgegeben werden, wenn ein Spieler die Bedingung alleine erfüllt. Gleichstände zählen nicht.
Das Fazit
Villagers gehörte vor der Messe zu meinen meist erwarteten Spielen und ich bin soweit auch nicht enttäuscht worden. Das Spiel ist hübsch und klar in seinen Grafiken, wobei ich auch zugeben muss, es wirkt ein wenig konstruiert. Aber auf gar keine schlechte Weise. Das Spiel macht wirklich Spaß, wenn man den Aufbau ersteinmal hinter sich und alle Karten auseinander sortiert hat. Es spielt sich allerdings nicht sonderlich intuitiv. Eine Vielzahl von kleinen Dingen gibt es zu beachten, die man einfach wissen muss, aber wenn man es dann erfasst hat ist es ein wirklich gutes Spiel, von dem ich gleich zwei drei Partien hintereinander weg spielen kann.
Villagers gehört bei der unintuitiven Art leider in die Kategorie Spiel für mich, die man nicht so oft auf den Tisch bringen wird, weil man das Regelwerk jedesmal erneut komplett lesen muss, wenn man es länger nciht gespielt hat, weil sich die Regeln nicht ins Hirn festbrennen. Was mich dann zum größten Kritikpunkt bringt und das ist in diesem Fall tatsächlich die Anleitung, die, wie ich finde, keinen guten Job macht, da sie mir manchmal die Dinge in der falschen Reihenfolge erklärt. Da gibt es zum beispiel die Seite auf der sie die Karten und ihre Symbole vorstellt. Alle auf einen Schlag anhand von vier Karten oder so, ohne das diese Dinge in einen weiteren Bezug zum Spiel gebracht werden. Das ist als Übersicht zwar hilfreich, aber findet ansonsten in der Anleitung nicht statt und ist somit notwendig für das Verständnis. Man muss also ständig wieder zu dieser Seite Blättern um Dinge nachzuvollziehen. Sowas habe ich heutzutage schon deutlich besser gesehen. Ich habe das Spiel mit vier oder fünf Spielern noch nicht gespielt und weiss nicht ob es notwendig ist, aber Villagers enthält eine Unmenge an Pappgeld, fast schon lächerlich viel. Bisher haben wir nie mit einer größeren Menge hantiert weder zu zweit noch zu dritt. Mag sein das man mit vier Spielern soviel braucht, aber irgendwie wirkt dieser große Berg komisch. Zumindest haben wir uns bei den bisherigen Spielen gefragt, ob wir was falsch gemacht oder Erträge vergessen haben, konnten aber nichts feststellen.
Das sind aber alles keine großen Schwächen und über zuviel Material beschwer ich mich ja auch nicht alle Tage. Es soll kein falscher Eindruck entstehen. Villagers ist ein gutes Spiel für Freunde von Aufbauspielen liefert aber auch nichts außergewöhnliches ab. ich liebe das Design und stehe auf solche Spiele, aber es ist kein Must Have Spiel.
- Verlag: KOSMOS
- Autor(en): Haakon Hoel Garder
- Illustrator(en): Haakon Hoel Garder
- Erscheinungsjahr: 2019
- Spieleranzahl: 2 – 4
- Dauer: 30-45 Minuten