Mercado, Rüdiger Dorn und mich verbindet eine recht seltsame Geschichte, die mich stark an die Königskinder erinnert, die nicht zusammenkommen sollen oder vielleicht auch wollen. Was ist passiert? Rüdiger Dorn ist für mich einer der ambivalentesten Spieleautoren die ich kenne. Seine Spiele gefallen mir entweder richtig gut oder aber ich empfinde sie als, Entschuldigung, grottenschlecht. Deswegen schaue ich bei seinen Veröffentlichungen immer zwei- bis dreimal hin, bevor ich zugreife. Von daher erreichen mich seine Spiele, wenn überhaupt, immer recht spät. Als Mercado vor ein paar Jahren bei KOSMOS erschien, war ich mir zwar von Beginn an recht sicher, dass es mir gefallen würde, nur dauerte es noch bis zum Dezember des letzten Jahres, dass ich es kaufte. Das heißt aber leider immer noch nicht, dass ich es auch spielen konnte, nein, in der Schachtel befand sich nicht ein einziger Spielstein. Es war fast so als sollte ich es nicht spielen. Versuchte mich da eine kosmische Macht zu warnen? Was folgte war ein Kundenservice von KOSMOS, der jeder Beschreibung spottet. Mit Service hatte das zunächst mal gar nichts zu tun. Nur automatische Antwortmails für drei Monate, dann endlich Hoffnung ein menschlicher Mitarbeiter ließ sich herab und veraprch mir innerhalb weniger Tage Ersatz. Was soll ich sagen? Hat geklappt, sonst würde ich das hier jetzt nicht schreiben.
Worum geht es?
Mercado in eine Schublade zu stecken fällt mir recht schwer, aber das Thema ist klar. Wir spielen Adlige, die nicht wissen, wohin mit ihrem Geld und es für schöne Dinge ausgeben wollen. Den Händlern bieten wir nach und nach mehr von unseren Münzen an, bis wir ihren Preis errichen und uns mit einem neuen Teil für unsere Sammlung schmücken können. Diese bringen uns Prestige unter den anderen Käufern ein und wer zuerst das Rennen um das meiste Prestige abschliest, gewinnt Mercado. Das Spiel nutzt dazu Elemente des Bag Buildings und ist eigentlich ein Rennspiel.
Wie läuft das ab?
Mercado ist in allen Belangen recht minimalistisch gehalten. Das Spielmaterial besteht eigentlich nur aus ein paar Beuteln, einigen Holzscheiben und ein paar Pappplättchen. Auch die Handlungen während des Spiels sind minimal, aber dazu gleich mehr. Zunächst einmal zum Aufbau, der recht schnell abgehandelt ist. Jeder Spieler bekommt eine Personentafel in seiner gewählten Farbe. Dazu einen Beutel und einen Satz Holzscheiben, der aus je fünf Scheiben in Gold, Silber, Türkis, Braun und Schwarz besteht. Diese Münzen kommen in den jeweiligen Beutel des Spielers. Es gibt eine ganze Menge Warentafeln aus Pappe, die alle gleich aufgebaut sind und sich nur durch ihren abgebildeten Gegenstand und die Rückseite unterscheiden. Die Papptafeln haben alle eine Einfärbung an jeder ihre Seiten für eine der vier Spielerfarben. Insgesamt gibt es drei verschiedene Rückseiten. Die ganz normalen Waren, Parfümflakons und zwei Händler. Die beiden Händler werden in jeder Partie in die Auslage gelegt und werden auch nie aus ihr entfernt. Zwei Parfümflakons und vier Waren ergänzen die Auslage. Die Plättchen werden mit jeweils einigem Abstand in zwei Reihen auf den Tisch gelegt. Die Spieler sollten so am Tisch sitzen, das ihre Farbe auf den Plättchen ihnen zugewand liegt.
Als letztes gibt es noch ein kleines Spielbrett, auf dem das eigentliche Rennen stattfindet. Hier wird das Startplättchen auf einem beliebigen Feld platziert und darauf alle Zählsteine der Spieler abgelegt. Die restlichen Flakons und Waren werden als verdeckte Nachziehstapel bereitgelegt und die restlichen schwarzen und weißen Holzscheiben als Vorrat neben dem Brett platziert. Auf dem Brett ist noch Platz um zwei Stapel mit kleinen Privilegien aufzubewahren, die die Spieler im Verlauf des Spiels erhalten können. Außerdem bekommt jeder Spieler noch ein Siegel und die weiteren Siegel werden hier ebenfalls als Vorrat abgelegt. Dann kann das Spiel mit dem Startspieler beginnen und die Anleitung schlägt vor denjenigen zu ernennen, der das meiste Kleingeld in seinen Taschen bei sich trägt.
Ein Spielzug ist recht schnell abgehandelt und sieht wie folgt aus. Als erstes darf ein Spieler in seinem Zug ein Privileg ausspielen, wenn er denn eines hat. Zu Beginn ist das noch nicht möglich. Dann kann ein Spieler eine von zwei Aktionen ausführen. Entweder es werden Münzen aus dem Beutel gezogen und anschließend an die Waren angelegt, oder aber es wird darauf verzichtet und man nimmt alle Münzen die auf der eigenen Personentafel liegen wieder zurück in den eigenen Beutel. Dann ist der nächste Spieler reihum an der Reihe und so weiter.
Entscheidet man sich für das Münzenziehen, so zieht man drei Münzen aus dem Beutel. Man darf auch eines seiner Siegel ablegen um insgesamt fünf Münzen zu ziehen. Zieht man schwarze Münzen legt man sie sofort auf die eigene Personentafel. Die restlichen Münzen können nun an die Plättchen in der Mitte angelegt werden. Der Spieler muss mindestens eine Münze anlegen wenn er kann. Alle anderen Münzen, die er nicht anlegen kann oder will, wandern sofort zurück in den Beutel. Die Münzen legt man an die Seite der Waren mit seiner Farbe. Man darf sie dabei beliebig aufteilen. Sollte man im späteren Verlauf weiße Jokermünzen bekommen, so dürfen diese überall angelegt werden.
Auf den Waren sind bestimmte Kombinationen von Münzen angegeben, die wir bezahlen müssen, um sie zu bekommen. Wir müssen diese Summe nur nicht auf einmal bezahlen, sondern haben dafür mehrere Züge Zeit. Erst wenn die Münzen vollständig sind, geht die Ware in unseren Besitz über. Der Reiz besteht natürlich im Wettbewerb zwischen den Spielern, die aller versuchen, die Ware zu ergattern, weil diese nicht nur Prestige sondern auch andere Vorteile bringen kann. Am Ende seines Zuges erhält man die Waren, für die man den Zuschlag erhält und legt seine Münzen auf die eigene Personentafel zurück. Auch alle anderen Spieler erhalten ihre Anzahlungen zurück, dürfen diese im Gegensatz zum kaufenden Spieler aber wieder in ihre Beutel zurücklegen. Der Spieler erhält die Belohnung an Prestige und setzt seinen Stein auf dem Tableau entsprechend viele Felder nach vorn. Zeigt das Feld auf dem er ankommt eine Aktion, so führt er diese aus. Das können weitere Prestigepunkte sein, oder eine andere Form der Belohnung. Sollte jemand die Ziellinie überqueren so leitet er das Spielende ein.
Die zweite Zugmöglichkeit, das Zurückholen sämtlicher Münzen auf der Personentafel, kann nur gewählt werden, wenn auch mindestens eine Münze auf der Tafel liegen sollte. So erhält man nach ein paar Einkäufen seine Münzen in seinen Beutel zurück.
Hat ein Spieler eine Ware oder ein Parfüm erstanden, so können diese ebenfalls Belohnungen, wie Privilegien, Jokermünzen oder das Ablegen von schwarzen Münzen zur Folge haben. Auf jeden Fall wird ein neus Plättchen in die Mitte gelegt, das von nun an zum Verkauf steht. Die beiden Händler hingegen bleiben immer liegen und auch die Münzen der unterlegenen Spieler werden nicht zurückgelegt, sondern bleiben einfach dort liegen.
Überschreitet ein Spieler die Ziellinie, so sind alle Spieler noch einmal an der Reihe und sie erhalten je einen weiteren Punkt für jedes nichtgenutzte Siegel und Privileg. Wer nun am weitesten Vorne steht hat Mercado gewonnen.
Das Fazit
Mercado ist ein wirklich simples Spiel, bei dem man gar nicht soviel beachten muss. Trotzdem ist es durch die Konkurrenzsituation recht interaktiv. Man agiert zwar nicht besonders viel mit den Mitspielern, steht aber doch ständig in Konkurrenz und das fördert Gespräche und Interaktion am Tisch. Mehr verlange ich gar nicht von so einem Spiel und es macht tatsächlich Spaß und hat genau die richtige Länge. Bei vielen ging das Spiel glaube ich als ein wenig zu langweilig durch. Zumindest hat man nicht allzuviel darüber gehört. Nur einige wenige fanden es gut. Bei den meisten dürfte es unter dem Radar geflogen sein.
Mercado kann ich keinem Genre oder einer Mechanik so richtig zuordnen. Es hat zwar einen Bagbuilding Anteil, aber der Einfluß auf den Beutel hält sich doch sehr in Grenzen. Es ist eindeutig ein Rennspiel mit einem Ende, bei dem nicht unbedingt derjenige gewinnt, der die Ziellinie überschreitet. Das spielerische Tun ist überschaubar, aber dennoch macht mir Mercado Spaß. Definitv nichts Anspruchvolles und keine Großtat aber grundsolide. Es scheint mir fast so, als hätte ich hier das erste Spiel von Rüdiger Dorn, dass ich weder als grottenschlecht noch als supergut bezeichnen könnte.
- Verlag: KOSMOS
- Autor(en): Rüdiger Dorn
- Illustrator(en): Fiore GmbH
- Erscheinungsjahr: 2018
- Spieleranzahl: 2 – 4 Spieler
- Dauer: 30 – 40 Minuten