Deduktionsspiele und Spiele mit Detektivthematik haben ja momentan eine Hochkonjunktur. Bedingt durch die Escape-Room und Escape-Spiel-Welle, in der die Spieler*innen sich mit vielen Rätseln auseinandersetzen mussten, sind die Deduktionsspiele irgendwie am Rande mit nach oben gespült worden, was ich natürlich nicht so schlecht finde, da ich mich gerne mit ihnen beschäftige. Dabei gibt es Serien á la Detective Stories oder die Hidden Games Serie, die einen kompletten Fall mit Beweismaterial behandeln, den wir nur auf Grund dessen lösen sollen. Spiele wie Detective oder City of Angels basteln noch Spielsysteme um solche Fälle herum. KOSMOS kündigte zur Messe in diesem Jahr ein ganz neues Spiel an, bei dem die Spieler*innen ebenfalls geheimnisvolle Detektivfälle lösen sollten. Zunächst war nicht viel darüber bekannt und gemäß dem Titel blieb das ganze recht mysteriös. Natürlich mussten wir das ausprobieren! Ich mein´ Detektivfälle! Hallo! Wir besorgten uns direkt nach Erscheinen eine Kopie und habe es recht schnell durchgespielt. Wie wir das fanden? Okay?
Worum geht es?
Nun ja, das ist nicht ganz leicht zu definieren. Redcliff Bay Mysteries spielt im namensgebenden Ort Redcliff Bay und wir werden dort von einem Minister des Ministeriums für Mysteriöses hinentsannt. Das ist schonmal komisch und macht uns klar, dass wir es nicht mit einem realen Szenario zu tun haben. Wie genau dieses Szenario aber aussieht, erfahren wir im Verlauf der Geschichte, die fortlaufend über vier zusammenhängende „Fälle“ erzählt wird, nicht. Alles bleibt nebulös und unausgearbeitet. Wir als Spieler*innen verkörpern den Detektiv, der hier durch die Ereignisse gelenkt wird und unter Zeitdruck vier Szenarien entwirren soll. Dabei spielen verschiedene Orte die Hauptrolle, die wir zu verschiedenen Uhrzeiten besuchen können, um Informationen zu bekommen.
Wie läuft das ab?
Der Spielaufbau ist schnell erledigt und KOSMOS versucht immer öfter eine Art Tutorial in die Spiele einzubauen. So geschehen schon bei Die Abenteuer des Robin Hood und so ist es auch bei den Redcliff Bay Mysteries. Hier fungiert der ganze erste Fall als Einführung in das Spielsystem und so kann das Spiel, das ohnehin nicht viele Regeln besitzt schon während des Spielens erlernt werden. Das verdient auf jeden Fall Anerkennung. Ich werde hier aus den Fällen zwei bis drei nichts spoilern, da aber Fall eins das Spiel erklärt, wäre es recht schwierig auch diesen komplett auszusparen. Ich bemühe mich aber auch von diesem Fall nicht allzuviel preiszugeben.
Die Spielschachtel der Redcliff Bay Mysteries enthält vier „eingebaute“ Fächer in denen sich das Spielmaterial der einzelnen Fälle befindet. Das ist schonmal recht praktisch, so wird nur mit dem Material hantiert, welches gerade benötigt wird. Das Spielmaterial besteht im wesentlichen aus dem Spielplan der doppelseitig ist und zunächst mit der Redcliff Bay-Seite benötigt wird, sowie aus diversen Karten, die ihrerseits vorsortiert sind. Ein kleiner Beutel mit grünen Aktionsscheiben stellt das einzige andere Material dar. Die vier Fälle bauen aufeinander auf und müssen in der richtigen Reihenfolge gespielt werden, da sonst Informationen fehlen würden.
Die Aktionsscheiben werden auf dem entsprechenden Feld des Spielplans abgelegt. Die Karten haben zwei Größen und die größeren werden auf den entsprechenden Feldern ausgelegt. Hier gibt es News- und Personen- sowie Restliche Kartenstapel. Die Newskarten zeigen auf der Rückseite eine Uhrzeit. Genauso wird auch mit den kleinen Karten verfahren. Hier finden wir Orte, Ereignisse, Verhöre und Objekte, die alle verdeckte auf ihren Stapeln ausgelegt werden. Den Rest des Spielbretts bilden Ablagefelder für verschiedene Orte in verschiedenen Stadtteilen. In jedem Fall gibt es darüber hinaus noch eine Introtafel, die uns in den Fall einführt und und mit allen nötigen Informationen für den Start versorgt. Sollten wir zusätzlich zum Start bereits einige Karten bekommen, so wird uns auch dieses mitgeteilt. Zum Start des ersten Falls erhalten wir zum Beispiel Objektkarte A, welche unser Notizbuch zeigt.
Das ist dann auch erstmal alles. Mehr müssen wir zunächst im Regelheft nicht lesen und auch nicht wissen. Den Rest übernimmt das Spiel dann im ersten Fall ganz nebenbei. Der Text auf den Karten wird uns verraten, wann wir weiterlesen und uns eine neue Regel durchlesen müssen. Es folgen nur noch sechs Regeln, dann ist bereits alles erklärt. Ich fasse das kurz zusammen: Zu Beginn steht immer eine News-Karte, die wird gelesen und liefert Informationen. Außerdem gibt sie uns eine Uhrzeit vor. Das Spiel rückt in Stunden vor. In allen Texten sind die unterschiedlichen Kartenarten immer fett und farblich hervorgehoben, so dass wir wie nicht übersehen können. Wird ein Ort erwähnt, der für uns relevant ist, so suchen wir aus dem Ortskartenstapel diesen Ort heraus und legen ihn dort in die Stadt, wo er platziert werden soll. Dieser Ort wird durch eine oder mehrere Karten representiert, die von oben nach unten verschiedene Zeitangaben beinhalten. Nehmen wir als Beispiel mal die Drofkirche. hier können drei Karten liegen und die oberste zeigt acht Uhr. Wir können diesen Ort also nun um acht Uhr besuchen, weil eine Karte vorhanden ist. Ob das Sinn oder keinen macht, müssen wir uns selbst überlegen.
Sollten in den Texten Personen vorkommen die relevant sind, so dürfen wir uns aus den Personenkarten diejenigen heraussuchen, die erwähnt wurden und erhalten so allgemeine Informationen zu diesen Charakteren. Die Personenkarten werden über den gesamten Verlauf des Spiels benutzt, also auch in spätern Fällen. Zu jeder Uhrzeit können wir nur an einem Ort sein, es sei denn, wir verfügen über Aktionsscheiben und können eine ausgeben, um einen weiteren Ort zu besuchen. In diesem Fall können wir eine weitere Karte von einem anderen Ort zur selben Uhrzeit aufdecken. Haben wir alle Orte besucht und können oder wollen nichts weiteres machen, so rückt die Zeit voran, indem wir die nächste News-Karte vom Stapel ziehen und abhandeln. Ab und zu treffen an bestimmten Orten Ereignisse ein, die wir dann in From von Karten abhandeln müssen und wir finden Objektkarten, die uns mit Hinweisen versorgen. Ab und zu können wir an bestimmten Orten auch Personen verhören und auch zu deisem Zweck bekommen wir Informationen auf Karten.
So bewegen wir uns Stunde für Stunde durch den Fall, bis wir ans zeitliche Ende geraten und wir lösen müssen. Für diesen Fall gibt es die restlichen Karten. Sie sind nur für das Spielende gedacht und werden erst dann benutzt. Zusätzlich wird erneut die Introtafel gebraucht, auf deren Rückseite wir die Lösung unseres Falls überprüfen können. Das funktioniert so, indem wir die schuldige Personenkarte identifizieren und damit die Lösung überprüfen.
Das Fazit
Die Redcliff Bay Mysteries hinterlassen bei mir jetzt keinen negativen Eindruck. Sie sind gut gemacht. Das Material ist wertig und gut gestaltet. Alles wirkt aus einem Guss. Die Tatsache das ich nicht ganz genau weiss, wo ich diese Geschichten verorten soll stösst mir schon ein wenig auf, ist aber nur nebensächlich, denn sie hat nur geringen Einfluss auf das Spiel. Vielleicht bin ich da als alter Rollenspieler auch zu vorbelastet, indem ich immer gerne wissen möchte wo ich bin und auf was ich mich einzustellen habe. Das Spielsystem funktioniert ist jetzt aber auch nicht so wahnsinnig innovativ und neuartig. Es verkauft sich definitv als viel cleverer als es tatsächlich ist. Trotzdem funktioniert es gut und dürfte für die Familienzielgruppe mit nicht zu jungen Kindern ein ganz gutes Spiel sein. Hier sehe ich tatsächlich den größten Knackpunkt, denn ich kann gar nicht hundertprozentig sagen für wen das Spiel ist. Für Erwachsene und Vielspieler ist es in erster Linie nichts. Für beide ist es viel zu simpel, bzw. auch zuwenig Spiel. Für Familien mit noch jüngeren Kindern ist es wahrscheinlich zu lang und auch ein bißchen zu „brutal“ (Stichwort: Mord und Totschlag). Also bleibt eine recht enge Zielgruppe, die dann aber auch noch drei bis vier Durchgänge braucht die ganze Geschichte zu durchleben. Da bin ich wirklich unsicher, ob sich viele Spieler*innen dafür finden werden.
Ein zweiter Kritikpunkt ist die Story des ganzen. Die ist mir viel zu hölzern und konstruiert. Keine gute Geschichte, egal in welcher Zeit sie spielt. Null acht fünfzehn mit stereotypen Charakteren, denen hier und mal etwas verrücktes hinzugepackt wird und fertig ist der langweilige Plott in dem wir nur noch rausbekommen müssen, wer etwas bestimmtes getan hat. Die paar Rätsel die eingebaut wurden sind dann aber auch wirklich leicht, so das unter dem Strich nur ein recht mittelprächtiges Spiel zurückbleibt, dass zwar unterhält aber auch nicht wegen irgendwas im Gedächtnis hängen bleibt.
Redcliff Bay Mysteries kommt deshalb leider nicht über ein okay hinaus. Die Gameifizierung von Deduktion hat hier in meinen Augen erneut nicht so richtig gut funktioniert. Allerdings machen KOSMOS und die Autoren hier erneut einen guten Job die ANleitung in ein Spiel zu integrieren
- Verlag: KOSMOS
- Autor(en): Martin Kallenborn, Matthias Prinz
- Illustrator(en): Martin Hoffmann, Claus Stephan
- Erscheinungsjahr: 2021
- Spieleranzahl: 1 – 5 Spieler
- Dauer: 40-60 Minuten pro Fall