Klassiker – Carcassonne

Heute soll es hier um einen weiteren Klassiker der Spielegeschichte gehen, der es geschafft hat bin in kürzester Zeit zu einem Millionenseller zu werden: Carcassonne. Benannt nach einer nicht einmal 50000 Einwohner zählenden Stadt in Südfrankreich, die aufgrund ihres Festungswahrzeichens auf einem Hügel zum Unesco Weltkulturerbe gehört, beginnt es im Jahr 2000 seinen Siegeszug durch die Spielerherzen. Der kleine Verlag Hans im Glück, der zu dieser Zeit allerdings sehr erfolgreich ist, veröffentlicht Carcassonne im Oktober noch zur Spielemesse in Essen und räumt im folgenden Jahr nahezu alle Spielepreise ab, die man gewinnen kann. Hans im Glück beweisen somit ihr besonderes Händchen für gute Spielideen. Der Autor Klaus-Jürgen Wrede ist seinerzeit gar nicht so von dem Spiel überzeugt, hat aber im nachhinein betrachtet eines der erfolgreichsten Spiele aller Zeiten entwickelt. Carcassonne war sein Erstlingswerk. Keine seiner Spielideen vorher fand einen Verlag und dann gelang ihm gleich der große Wurf.

Für diejenigen unter euch, die es nicht kennen ein kleiner Überblick über das Spiel. Carcassonne ist ein Legespiel, bei dem jeder Spieler wenn er am Zug ist ein Plättchen verdeckt zieht, es an die auf dem Tisch liegenden Plättchen passend anbauen muß und anschließend eine seiner Figuren auf dem gelegten Plättchen einsetzen darf. Jeder Spieler verfügt nur über einen kleinen Vorrat an Figuren und muß abwägen, ob und wann er die Figuren einsetzen will. Die Plättchen zeigen Städte, Wiesen, Straßen und Klöster. Die Spieler können entweder eine Figur auf eine Stadt, auf eine Straße oder ein Kloster stellen. Sie bekommen ihre Figuren erst zurück, wenn die jeweilige Struktur abgeschlossen ist, das heißt eine Stadt komplett ist, eine Straße von zwei Kreuzungen begrenzt wird, oder ein Kloster rundherum von anderen Plättchen umschlossen ist. Mit den Wiesen verhält es sich ein wenig anders. Hier legt der Spieler seinen Meeple auf die Wiese und signalisiert so, das sie ihm gehört. Am Ende des Spiels findet eine Wertung statt, bei der man für jede kompletteStadt die an der besetzen Wiese angrenzt Punkte erhält.

Der besondere Kniff ist hierbei, dass es den Spielern nicht erlaubt ist, von gegnerischen Steinen besetzte Strukturen direkt auch zu besetzen. Sich mit Gegenspielern eine solche Struktur zu teilen, ist nur möglich indem zwei voneinander getrennte Strukturen durch ein später hinzugefügtes Plättchen zusammengeführt werden. Hier werden dann eventuelle Mehrheitsverhältnisse ausgezählt, beim Gleichstand erhalten beide Spieler die Punkte. Das Spiel ist tatsächlich ziemlich simpel und ist wahrscheinlich deswegen so wahnsinnig erfolgreich.

Allein im ersten Jahr nach Erscheinen werden in Deutschland 700000 Kopien verkauft. Es gewinnt sowohl den Preis für das Spiel des Jahres 2001 und den Deutschen Spielepreis 2001. Auch im Ausland ist das Spiel ein riesiger Erfolg. In den ersten 10 Jahren verkauft sich Carcassonne über sechs Millionen mal und kann sich 2015 mit der 10 Millionen Marke rühmen. Ein außerordentlicher Erfolg für ein Brettspiel. Heutzutage macht das Carcassone Franchise 80 Prozent des Umsatzes von Hans im Glück aus.

Carcassonnes Geschichte ist in meinen Augen aber nicht nur positiv zu betrachten, denn es steht für eine zum Teil völlig unsinnige Veröffentlichungswelle von Erweiterungen und alternativen Versionen des Spiels. Klaus-Jürgen Wrede lehnte zunächst Erweiterungen ab und wollte keine veröffentlichen, gab dann aber irgendwann den verlangenden Fans des Spiels nach und öffnete die Büchsse der Pandora. Es gibt bis heute keinen Einhalt für neue Veröffentlichungen. Waren einige der ersten Erweiterungen noch als durchaus gut zu bewerten, wurde irgendwann ein absurditätsgrad erreicht, der bis heute nicht überboten werden konnte.

Stand 2018 sind bis heute zehn große Erweiterungen, sowie an die 30 Mini-Erweiterungen erschienen. hinzu gesellen sich diverse Stand Alone Varianten, wie Neues Land, Jäger und Sammler, Südsee, Goldrausch, Amazonas und so weiter und so fort. Es gibt diverse Big Box Versionen des Spiels, in denen das Grundspiel gleich mit einem Haufen Erweiterungen verkauft wird. Verlagsdeditionen, eine Kinder-Variante, eine sehr gute zwei Spieler Varainte und und und… Sogar eine Winteredition in denen die Plättchen eine Schneelandschaft zeigen wurde produziert.

Einige der ersten Erweiterungen sind auch noch als durchaus gut zu bezeichnen, die das Spiel durch sinnvolle Spielelemente ergänzen. Ich nenne hier zum Beispiel den Abt und den Fluß, aber auch einige der größeren Erweiterungen sind durchaus gelungen. Nur irgendwann hatte man das Gefühl es mußte immer etwas neues erscheinen, egal wie sinnvoll es ist und wie dumm es das Hauptspiel auch ergänzen sollte. Das gimpfelte in der kontroversen Katapult-Erweiterung, bei der tatsächlich Spielkomponenten auf das Spielfeld geschleudert werden um aufgestellte Meeple zu treffen, die beim Treffer entfernt werden müssen. In einer anderen Variante müssen die Mitspieler, einem Geschicklichkeitsspiel gleich die geschleuderten Komponenten fangen und bekommen dafür Punkte… absurd für ein taktisches Legespiel wie Carcassonne.

Insgesamt sind über 70 verschiedene Carcassonne Artikel im Laufe der Jahre erschienen und versuchten die Geldbeutel der Kunden zu infiltrieren. Fast jede dieser Erweiterungen bringt mehr und neue Plättchen zum auslegen mit sich. Das Spiel verlängert sich dadurch erheblich und niemand kann genau sagen ob sich alle Regeln auch miteinander vertragen.

Das soll jetzt aber auch nicht zu negativ klingen. Carcassonne in seinem puren Kern ist ein absolut genial einfaches, sehr spassiges Familienspiel, das auch bei uns regelmäßig auch nach fast 20 Jahren immer mal wieder auf den Tisch kommt. Wenn man es einmal gespielt hat, verlernt man die Regeln nicht mehr und kann auch nach Jahren sofort wieder einsteigen, nur auf die Punktewerte schaut man nochmal. Die Mechanik sitzt aber und war danach Vorbild für viele andere Spiele, die es ohne dieses kleine Meisterwerk wahrscheinlich nie gegeben hätte. Im Gegensatz zu Catan ist Carcassonne auch wirklich gut gealtert und ich kann es auch heute noch jedem bedenkenlos empfehlen. Es gibt allerdings kaum jemanden der es noch nicht kennt.

Noch zwei Erwähnungen für Unentschlossene: Tom Vasel, Spieleguru von The Dice-Tower nennt ‚Händler & Baumeister‘, ‚Der Turm‘, ‚Abtei & Bürgermeister‘, ‚Die Fähren‘ sowie ‚Das Schicksalsrad‘ die besten Erweiterungen für Carcassonne. Auf Heldenfreizeit.com wird eine XXL Varainte mit ‚Wirtshäuser & Kathedralen‘, ‚Händler & Baumeister‘, ‚Burgfräulein & Drache‘, ‚Der Turm‘ und ‚Der Graf‘ empfohlen.


  • Verlag: Hans im Glück
  • Autor(en): Klaus-Jürgen Wrede
  • Erscheinungsjahr: 2000
  • Spieleranzahl: 2 – 5
  • Dauer: 35 Minuten

2 Gedanken zu „Klassiker – Carcassonne“

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