Romeo & Julia – Geheime Treffen in Verona

Romeo & Julia

Ich habe lange überlegt, wie ich diesen Text beginnen möchte, doch ist mir nichts besseres eingefallen als Shakespeare selbst durch seinen Übersetzer hier die Einführung sprechen zu lassen. Klingt zwar für die heutigen Ohren ein wenig altertümlich, aber lest selbst:

Zwei Häuser in Verona´s stolzen Mauern,
Wohin wir unsre Scene heut verlegen,
Gleich edel beide, ließen Fehde dauern,
Verfolgen sich auf´s neu´mit blut´gen Degen.
Ein Liebespaar, entsprossen ihrem Schooße,
Muß, auserwählt zum unheilvollsten Loose,
Der Eltern Streit in eigner Gruft begraben.
Das Schicksal dieser thränenreichen Liebe,
Der Eltern Haß, bis seine wilden Tribe
Im Tod der Kinder ihren Tod gefunden,
Erfüllt nun diese Bühne auf zwei Stunden:
Vernehmt´s geduldig, und was nicht gefiele,
Verbessern wir vielleicht mit unsrem Spiele.

Shakespeare, Romeo und Julia, Prolog

Huch! und Sylex lassen uns in diesem Spiel das Theaterstück in einer optisch eindrucksvollen Variante erleben und erspielen. Aber keine Angst, alle Texte sind ansonsten ganz modern und das Spiel für zwei ist vielleicht nicht ganz das, was man erwarten könnte.

Worum geht es?

Das Spiel ist thematisch um das Shakespearestück herum gebaut. Das Spielfeld ist eine Bühne und drumherum liegen sämtliche Orte an denen das Stück spielt. Beide Spieler*innen übernehmen jeweils eine der Rollen (Romeo und Julia) und ihre Aufgabe ist es die Liebe zu finden, während die verfeindeten Familien nichts als Hass in der Stadt verteilen. Ein Spiel um diesen Konflikt zu designen klingt erstmal logisch, aber die Form in der das hier passiert ist schon erstaunlich. Romeo & Julia ist im Kern nämlich ein kooperatives Logikrätsel, dass von seinen Spielern einiges an Konzentration und abstraktem Planungsvermögen erwartet. Entweder schaffen sie es in 12 Szenen, die Liebe voll erblühen zu lassen und gewinnen die Partie oder aber sie scheitern, weil sich der Hass ausgebreitet hat.

Romeo & Julia – Spieleschachtel / Foto: Spieltroll

Wie läuft das ab?

Während ich das Cover von Romeo & Julia irgendwie schräg finde, nicht weil ich es nicht ertragen kann da zwei sich Küssende zu sehen, nein irgendwie wirkt die Illustration seltsam perspektivisch verzerrt, umso besser gefällt mir die sonstige Anmutung des Spiels. Die Schachtel lässt sich nach Öffnen des Magnetverschlusses zu allen Seiten hin aufklappen und entfaltet so ihr Spielbrett. Die Schachtel ist dabei Teil der Spielfläche. Auch die Spielfiguren die als schöne Pappaufsteller der beiden Protagonisten und als beklebte Holzscheiben in Form der anderen Spielfiguren daher kommen gefallen mir sehr gut. Das Material macht dabei einen durchaus wertigen Eindruck. Auf der erhöhten Spielschachel werden im Verlauf des Spiels die Ereigniskarten ausgelegt und der Spielfortschritt mit zwei Leisten festgehalten. Auf der Liebesleiste wird der Erfolg der Spieler*innen gemessen und sollte die Hassleiste jemals zum Anschlag geraten, so ist das Spiel sofort verloren.

Romeo & Julia – Komplettes Spielbrett / Foto: Spieltroll

Eine Kapitelkarte gibt uns die Aufstellung für das Szenario vor und bestimmt somit den Schwierigkeitsgrad. Verschiedene Karten erlauben also verschiedene Schwierigkeitsgrade mit unterschiedlichen Regeln und Ausgangspositionen. Alle Charaktere werden also nach der Karte aufgestellt. Rote Steine für die Montagues und blau für die Capulets. Zusätzlich zu diesen Steinen gibt es noch Bruder Lorenzo als neutralen Vermittler zwischen den Familien und einen Spielstein für die Allegorie des Hasses. Beide Spieler*innen verfügen über 14 persönliche Karten, die sich in Orte und Personen aufteilen. Je vier hat man zu Beginn auf der Hand. In jeder Szene müssen die Spieler*innen einen Ort und eine Person auswählen und verdeckt spielen. Anschließend wird aufgedeckt und der eigene Aufsteller wird mit der gewählten Person an den gewählten Ort versetzt. Danach wird die Aktion des Ortes ausgeführt. Die Orte lassen dabei meistens bestimmte Personen bewegen und anschließend wird der Spielfortschritt auf Hass und Liebe überprüft. Bei zuviel Hass ist das Spiel verloren bei voller Liebe gewonnen.

Romeo & Julia – Botschaftsplättchen / Foto: Spieltroll

Die Einschränkung auf jeweils nur vier Orte und Personen ist schonmal recht verzwickt und leider noch nicht alles an Einschränkungen, denn, wie in kooperativen Spielen dieser Art meistens üblich, dürfen die Spieler*innen nicht miteinander kommunizieren. Zumindest nicht offen. Botschaften schreiben war damals die Wahl der Kommunikation und somit dürfen die Spieler sich auch hier geheime Botscahften über ihre Treffpunkte senden. Dazu benötigen zunächst mal Botschaftenplättchen, denn ohne diese dürfen sie das nicht. Beide Spieler müssen sich vor der Kommunikation noch für Liebe oder Verstand entscheiden. Nur wenn beide die Liebe wählen, lässt sich die Liebe auch tatsächlich steigern, wenn sich die Protagnoisten zusammen an einem Ort befinden. Wählen beide Verstand, so erhalten sie Botschaftsplättchen. Sind sie dabei am gleichen Ort hat das keinen Einfluß auf die Liebe. Julia hat zusätzlich die Chance von der Amme ein solches Plättchen zu bekommen, wenn sie mit ihr am selben Ort steht.

Romeo & Julia – Spielsituation / Foto: Spieltroll

Der Hass in Verona breitet sich aus, wenn sich Familienmitglieder beider Familien am selben Ort befinden. Einzige Ausnahme, auch Bruder Lorenzo befindet sich mit ihnen als Vermittler an dem Ort. Romeo und Julia gelten dabei natürlich genauso als Teil der jeweiligen Familien. Wann immer sich die Allegorie des Hasses an einem Ort mit einer anderen Person befindet steigt der Hass in der Stadt an. Sollten Romeo und Julia die Liebe gewählt haben und es tatsächlich hinbekommen haben sich am selben Ort zu treffen, so steigt die Liebe. Ist es Julias Balkon, so steigert sich die Liebe sogar doppelt. Für jeden Schritt den man in der Liebe ansteigt, gibt es eine neue Ereigniskarte die ins Spiel kommt. Manche bleiben liegen und sind dauerhafte Ereignisse und manche werden sofort abgehandelt. Bis man oben angekommen ist, werden insgesamt neun Ereignisse aufgedeckt. Manche dauerhaften Ereignisse werden mitunter später von anderen überdeckt.

Romeo & Julia – Kapitel- und Ereigniskarten / Foto: Spieltroll

Die zwölf Runden unterteilen sich in drei Akte, an deren Ende die Handkarten neu gemsicht werden. Jeweils eine Karte jeder Sorte nimmt man mit in den nächsten Akt. So spielen sich die Spieler*innen durch die zwölf Szenen. Im leichtesten Schwierigkeitsgrad im Einführungsszenario haben die Orte zudem noch keine Effekte, um sich langsam an das Spielprinzip zu gewöhnen. Bei schwieirigeren Kapiteln kommen später auch diverse Sonderregeln zum Einsatz.

Das Spiel endet, wie bereits erwähnt, wenn entweder der Hass die Stadt für sich eingenommen hat mit einer Niederlage für die Spieler*innen, oder mit einem Sieg, sobald die maximale Liebe erreicht ist. Sollten die zwölf Szenen um sein und die Liebe noch nicht ganz erblüht sein, so haben die Spieler*innen ebenfalls verloren.

Das Fazit

Ich muss zugeben, dass ich zunächst einen schwierigen Start mit Romeo & Julia hatte. Es wollte nicht so richtig zünden. Vom Spielmaterial und der Aufmachung war ich mehr angetan als vom Spiel selbst. Vielleicht hatte ich auch etwas anderes erwartet. Aber Romeo & Julia ist nichts anderes als ein kooperatives Logikpuzzel für zwei Spieler. Meine Frau war da mal wieder deutlich schneller bei der Sache. Während ich noch überlegte wie man hier am besten vorgeht hatte sie die Lösung schon erdacht und verscuhte mich ohne Kommunikation in die richtige Richtung zu lenken. Nach anfänglich mehrmalig kläglichem Scheitern beim simpelsten Kapitel durch Unverständnis meinerseits, machte es irgendwann Klick in meinem Hirn und ich verstand plötzlich das man hier zwar einen strategischen Plan braucht um in der Zeit die einem bleibt, die Figuren richtig zu platzieren, man aber taktisch auf die Gegebenheiten, die vom Zufall abhängen, wie die Ereigniskarten und die Kartenhand, reagieren muss. Die Orte, die Figuren und die Ereignisse miteinander zu verknüpfen viel mir nicht ganz leicht. Aber wie gesagt, es ist ein Rätsel, bei dem man durch Logik voran kommt und das sich spontan verändern kann.

Links: Ortskarten / Rechts: Personenkarten

Insgesamt gefällt mir Romeo & Julia trotz Anfangsschwierigkeiten recht gut. störend empfinde ich nur, dass diese Zufallselemente einem durchaus ein erfolgreiches Spiel verwehren können. In der Regel sind genug Möglichkeiten eingebaut etwas umgehen zu können, aber manchmal, vor allem in späteren Kapiteln und in fortgeschrittenen Spielen, geht das halt nicht mehr. Dann haben wir auch einfach abgebrochen und nochmal angefangen. Außerdem, und das ist eine persönliche Sache, gehen mir die Spiele mit eingeschränkter Kommunikation allmählig ein wenig auf den Zeiger. Hier hat es mich wirklich gestört. Wer aber zu zweit gerne Puzzel löst und bereit ist sich an einem Spieleabend anzuschweigen um diese kniffligen Probleme zu lösen, kommt hier voll auf seine Kosten, denn das Spiel ist wirklich schön ausgestattet, macht einiges auf dem Tisch her und das Material läd zum Spielen ein.


  • Verlag: Huch!
  • Autor(en): Julien Prothière, Jean Philippe Sahut
  • Illustrator(en): David Cochard
  • Erscheinungsjahr: 2021
  • Spieleranzahl: 2 Spieler
  • Dauer: 25 – 40 Minuten

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