Keine Ahnung ob es nur Zufall ist oder ob sich das Thema beginnt zu häufen, aber Septima ist gerade das zweite Spiel bei uns in der Pipeline, das sich mit der Hexenthematik auseinandersetzt. Hier sind wir nur sehr viel näher an der Realität und bewegen uns nicht in einem Fantasy Setting, wie zuletzt bei Evenfall. Septima stammt von Mindclash Games und wurde von Skellig ins deutsche lokalisiert. Mindclash sind bekannt für ihre außergewöhnlich anspruchsvollen und optisch einzigartigen Spiele, die auch thematisch immer ganz in die Vollen gehen oder zumindest besonders sind. Trickerion, Cerebria oder Anachrony, um nur ein paar zu nennen. Septima beschäftigt sich mit dem Hexentum und seinen positiven sowie negativen Ausprägungen, kratzt dabei aber auch nur an der Oberfläche und geht nie zu tief in beide Richtungen. Optisch machte uns das Spiel total an und wir entschlossen uns einen Blick zu riskieren, auch wenn es uns in letzter Zeit weniger reizte, überkomplexe Spiele auszuprobieren. Die Tatsache, dass Septima für Mindclash-Verhältnisse schon als zugänglich gilt erleichterte uns diese Entscheidung auch deutlich.
Worum geht es?
Die alte Septima, die Anführerin des Hexenzirkels, sieht ihr Ende gekommen und versammelt die Hexen ihres Zirkels um zu verkünden, das die weiseste unter ihnen am nächsten Hexensabbat ihre Nachfolgerin wird. Die Spieler*innen sind diese Hexen die nun ein Jahr Zeit haben ihre Weisheit unter Beweis zu stellen. Zu diesem Zweck gehen sie ihrem ganz normalen Hexen Job nach. Die Botanik der Gegend nach Kräutern durchsuchen, stinkende Tränke und Elixiere brauen und dem einfältigen Landvolk die Warzen entfernen und die lahmen Füße wieder gesund machen. Aber Obacht, die frauenverachtenden Hexenjäger nehmen schnell die Fährte auf, wenn die Damen ein bisschen zu erfolgreich werden. Die Spieler*innen wählen parallel und geheim ihre Aktion für die Runde und profitieren davon, wenn mehrere Spieler*innen dieselbe Aktion auswählen.
Wie läuft das ab?
Wie immer bei so komplexen Spielen werde ich nicht besonders detailliert auf alle Bereiche des Spiels eingehen, sondern eher einen groben Überblick liefern, denn alles andere sprengt einfach den Rahmen. Der Spielaufbau und die Spielvorbereitung erfordert ein wenig mehr Aufwand, was natürlich an der Vielzahl der beweglichen Teile des Spielmaterials liegt. Das Spiel in Form der Krähe der Septima geleitet die Spieler*innen durch die Anleitung und empfiehlt zunächst die einfache Variante zu spielen, um das Spiel zu lernen. Normalerweise ignoriere ich das immer, denn ich möchte ein Spiel in seiner Gänze genießen. Nach allem was ich von Mindclash-Spielen wusste, entschieden wir uns hier aber tatsächlich für die einfache Version. Bei dieser werden einige Teile weggelassen, was aber während des ersten Spiels gar nicht auffällt. Zu keiner Zeit hast du das Gefühl es könnte etwas fehlen.
Das Wunderhübsche, sehr detaillierte Spielbrett wird zentral platziert. Es ist riesig und bietet viel Platz für alle möglichen Dinge, die am Rand passieren. In der Mitte finden wir das Dorf, das von Wäldern umgeben ist auf Hexfeldern. Im unteren Bereich eine Zugleiste für die einzelnen Phasen einer Runde. Am rechten Rand finden wir die Jahreszeitenleiste mit den Mondphasen und die beiden möglichen Gerichtsverhandlungen in denen die Hexen möglicherweise angeklagt werden können. Zusätzlich zum zentralen Spielbrett gibt es noch eine Ablage in Form eines Kessels für die verschiedenen Tränke, die wir brauen können. Die Spieler*innen überdies haben auch noch ihre eigenen Tableaus auf denen sie ihren Verdachtswert festhalten, die Mitglieder des Hexenzirkels aufbewahren und ihre Zutaten lagern, sowie ihren Erfolg bei der Bekämpfung der unterschiedlichen Krankheiten festhalten.
In der vollständigen Partie kommt noch ein weiteres, recht großes Tableau dazu, so dass alles in allem doch recht viel Platz auf dem Tisch verbraucht wird.
Kommen wir zum Spielprinzip, das ich jetzt mal versuche, so gut wie möglich, zu umreißen. Die Spieler*innen verfügen über einen Satz Aktionskarten aus denen sie sich in jeder Runde für eine entscheiden müssen. Sie dürfen darüber sprechen, welche sie auswählen wollen, legen dann aber trotzdem geheim eine aus. Es hat Vor- und Nachteile für sie, wenn sie die gleichen Aktionen wählen. Wählen nämlich mindestens zwei Mitspieler*innen die gleiche Aktion, so erhalten sie einen Bonus, erhöhen aber auch gleichzeitig den Verdacht auf ihre Hexe, was wiederum die Hexenjäger auf den Plan ruft. Mit den Aktionskarten bewegen sie sich entweder über das Brett, sammeln Zutaten auf den entsprechenden Sammelfeldern, brauen Tränke, die sie dazu verwenden können mit einer anderen Aktion die Dorfbewohner*innen zu heilen, oder sie werben neue Mitglieder für den Hexenzirkel an. Um dem Verdacht gegen sie entgegen zu wirken, können sie auch singen. Da wir die Aktionskarten innerhalb einer Jahreszeit nur einmal benutzen können, kommt der Erinnerungsaktion eine besondere Rolle zu, denn mit ihr können wir eine bereits gewählte Aktion erneut ausführen.
Zu Beginn jeder Runde werden neue Krankheiten im Dorf verteilt. Sollten allerdings zu viele Leute krank werden, ist das schlecht für unseren Ruf in der Bevölkerung und sollten wir nicht in der Lage sein die richtigen Krankheiten zu heilen, so ist auch das schlecht für uns. Ein undankbarer Job. Die Bürger werden wütend und mehr wütende Bürger sind bei eventuellen Hexenprozessen nicht gut. Auch die Septima führt zufällig Aktionen aus und so können wir ebenfalls mit ihr Aktionen teilen. Auch wenn wir mit ihr gleichziehen erhöht sich das Verdächtigkeitslevel und sollte das passieren, so wird geschaut in welcher Zone meine Hexe auf dem Brett steht und ob es dort einen aktiven Hexenjäger gibt. Sollte das der Fall sein, wird dieser per Zufall eine Anzahl Felder bewegt und sollte mich am besten nicht bekommen, denn sonst gibt es einen Gerichtsprozess, der je nach Stimmungslage in der Bevölkerung für uns nicht gut ausgeht. Zum Glück wird die Hexe nur aus der Stadt vertrieben und nicht gleich verbrannt…
Im Prinzip ist genau das das gesamte Spiel. Wir spielen das nur für die Jahreszeiten durch, bis wir ein Jahr ins Land gebracht haben. Anschließend werden noch Punkte vergeben und wir ermitteln das neue Oberhaupt. Das klingt doch alles gar nicht mal so komplex.
Wer es dann noch etwas verschachtelter möchte und das Spiel in seiner Gänze genießen möchte nimmt noch die Zauber und Rituale mit dazu. Zauber werden durch Karten repräsentiert, die uns mit besonderen Fähigkeiten ausstatten. Wir können sie über die Ritualtafel erhalten auf der wir uns stetig nach oben bewegen. Zu diesem Zweck wird eine weitere Aktionskarte für Rituale benutzt. Dieses Modul macht das ganze Spiel noch einen Zacken interessanter und gibt den Spieler*innen noch etwas mehr zu berücksichtigen.
Das Fazit
Wenn ich mir nun die Beschreibung des Spiels, die ich gerade verfasst habe noch einmal durchlese, gewinne ich fast den Eindruck, dass es sich um ein recht einfaches Spiel handelt. Es gilt ja auch als das zugänglichste Mindclash-Spiel und das würde ich unterschreiben, aber simpel ist es in seiner Gesamtheit dann doch eher nicht.
Septima lässt sich für mich schwer greifen, denn es ist irgendwie ein Spiel der Widersprüche. Der Spielaufbau ist enorm, das sich daraus ergebene Spiel aber eigentlich simpel, wenn es erstmal verinnerlicht wurde. Die Spieldauer ist lang, aber nicht aus Komplexitätsgründen, sondern nur weil es sich nach hinten raus zieht. Die Möglichkeiten die mir als Spieler*in zur Verfügung stehen sind mannigfaltig und lassen mir Spielraum, vor allem wenn ich die volle Version spiele, was ich unbedingt empfehlen würde. Dennoch solltet ihr mit der rudimentären Version beginnen. Habt ihr danach noch Lust auf eine weitere Partie, packt die Extraschippe oben drauf, denn es lohnt sich. Allerdings sehe ich hier auch die Gefahr, dass das nicht so viele Gruppen tun werden, denn Septima ist für das, was es im Kern ist, einfach viel zu lang. Nachdem wir durchschaut hatten, was das Spiel von uns will und wie wir zum Erfolg kommen können, was ungefähr in der Mitte der zweiten Jahreszeit soweit war, wurde das Spiel deutlich flüssiger. Zunächst dauerten Züge schier endlos, weil du immer auf alles geachtet hast. Wie muss ich mich bewegen, um zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle zu sein, um möglichst mehr Zutaten zu bekommen, denn dazu sind die Mondphasen wichtig. Schaffe ich es danach noch mit einer Bewegung zu den kranken Leuten? Ach ja, ich muss ja auch noch einen Trank brauen. Am besten mit Bonus, dann kann ich Zutaten sparen. Das alles will von der Abfolge und der Karten die mir in einer Jahreszeit zur Verfügung stehen gut durchdacht sein. Irgendwann aber weißt du wie der Hase läuft und was das Spiel von mir eigentlich nur will und dann machst du immer wieder die gleichen Abläufe und die Züge werden viel schneller abgehandelt. Irgendwann sind wir schon bei Zug um Zug Geschwindigkeit angekommen und alle wollten die Partie nur noch zu Ende bringen, weil eh keine großen Überraschungen mehr möglich waren. Da wurde nur auf Nummer sicher gespielt.
Den Hexenjägern auszuweichen ist irgendwann auch nur noch eine Risikoabwägung. Es kann schiefgehen, wenn ich mich zu nah dran befinde. Oder ich nehme es billigend in Kauf, weil ich dennoch die Chance habe zu entkommen und die Konsequenzen nicht fürchte. Irgendwie wirkte der ganze Prozessbereich zu aufgeblasen für das, was es eigentlich ist und nimmt viel mehr Raum ein als er müsste. Eine große Rolle hat er bei uns nie gespielt, weil wir immer konsequent die Bevölkerung gut versorgten.
Septima macht Spaß. Ich würde es aber nicht unbedingt zu zweit empfehlen, auch wenn es augenscheinlich gut funktioniert. Mit mehr Leuten macht es dann doch etwas mehr Laune. Dennoch ist auch Septima ein Spiel, bei dem ich nicht weiß, wie oft ich noch zu ihm zurückkommen möchte. Die Spieldauer ist hier für mich der größte Hemmschuh. Das Spiel ist trotz der ganzen Möglichkeiten am Ende nur noch ein Abarbeiten der einzelnen Züge, zu denen du für ein gutes Ergebnis fast schon gezwungen wirst. Es fühlt sich einfach deutlich zu lang an. Mit Erklärung und Regelunsicherheiten dauerte unsere Erstpartie deutlich über drei Stunden und auch danach kamen wir selten unter die zwei Stunden, obwohl die Züge nach hinten immer kürzer und schneller wurden.
Bei der Optik und dem Material macht Septima aber einfach alles richtig. Die ein wenig schrägen aber wunderschönen Illustrationen von Villő Farkas tragen hier viel zur Atmosphäre bei. Das Material ist dabei durchweg aus schönem, bedrucktem Holz und wertiger Pappe. Bei der Anleitung muss ich allerdings wieder ein paar Abstriche machen. Ich kann nicht so ganz nachvollziehen, wie es heutzutage immer noch passieren kann, dass Spielanleitungen für komplexere Spiele so schlecht gegliedert und grafisch aufbereitet werden. Das Layout mit den zwei Spalten wird konsequent durchgezogen, ob es passt oder nicht. So entstehen echt seltsame Konstellationen auf den Seiten. Ab und an stehen so wichtige Informationen an Stellen, wo sie schlecht wiedergefunden werden können. Das macht besonders das Nachschlagen bei Unklarheiten zu einer zeitaufwendigen Tortur. Ein weiterer kleiner Kritikpunkt ist die Schachtelgröße in die das ganze tolle Material nur mit ganz viel Akkuratesse nach dem Auspöppeln hineinpasst.
Also, um es nochmal auf den Punkt zu bringen. Septima solltet ihr ausprobieren wenn ihr auf komplexe Spiele steht, die aber zugänglich sind. Ihr solltet euch aber nicht darüber wundern, dass die Spielzeit für das Gebotene einfach zu lang ist. Darüber hinaus ließ bei uns der Wiederspielreiz recht schnell nach. Insgesamt also eine mittelprächtige Erfahrung.
- Verlag: Skellig Games
- Autor(en): Robin Hegedűs
- Illustrator(en): Barbara Bernát, Villő Farkas
- Erscheinungsjahr: 2023
- Spieleranzahl: 1-4 Spieler*innen
- Dauer: 50-120 Minuten