Aventuria

Aventuria / Foto: Spieltroll

Ein bißchen Nostalgie schwingt immer mit, wenn ich Aventuria aus dem Schrank hole. In den 80er Jahren war Das Schwarze Auge der heiße Scheiß, wie man so schön sagt. Rollenspiele waren total angesagt und nachdem in den USA ein Spiel namens Dungeons & Dragons einige Erfolge verbuchen konnte machten sich ein paar Deutsche auf ein eigenes System in einer eigenen Welt zu erschaffen. Der Kontinent Aventurien war geboren und fasziniert bis heute eine große Spielerschaft. Das Schwarze Augen begleitet mich nun schon mein ganzes Leben, immer mal wieder stärker und schwächer, aber ich mag es immer mal wieder in den Büchern herumzustöbern und in Kindheits- und Jugenderinnerungen zu schwelgen. Man hat man viel Zeit damit verbracht. Brettspiele die sich mit dem Schwarzen Auge beschäftigten waren in der Vergangenheit gerne mal unterirdisch. Vor einigen Jahren wurde ich aber auf Aventuria aufmerksam, ein Spiel von dem es immer heisst, wenn es eine größere Verbreitung hätte, würden es auch mehr Leute spielen. Ein Geheimtipp also! Wird Zeit es zu reviewen…

Worum geht es?

Die Spieler schlüpfen hier in die Rolle eines, DSA-typisch, Helden genannten Charakters mit dem sie entweder in einem Duell gegeneinander antreten können, um einen Sieger zu ermitteln, oder aber sie erleben gemeinsam ein Abenteuer. Aventuria ist dabei ein Kartenspiel und deckbasiert. Im Abenteuermodus gilt es eine vorgetragene Geschichte mit einigen Würfeltests zu absolvieren, bis es zu einem Kampf kommt, der durch ein recht dynamisches System immer ein bißchen anders verlaufen kann. Im Duellmodus gewinnt natürlich derjenige Spieler, der die 40 Lebenspunkte seines Kontrahenten zuerst auf Null gebracht hat. Im Abenteuermodus gilt es das ausgegebene Ziel zu erreichen, das in dem Sieg über den oder die Bösewichte besteht.

Aventuria – Spielsituation / Foto: Spieltroll

Wie läuft das ab?

Zunächst einmal sei gesagt, dass das Spiel ursprünglich schon aus dem Jahr 2016 stammt und es immer wieder ein paar Probleme mit der Verfügbarkeit gab. 2016 habe ich einen Tick zu spät von diesem Spiel erfahren und es war einfach nicht mehr zu kriegen. Auch die zweite Auflage war schnell nicht mehr verfügbar und so kam ich erst 2019 in den Besitz der dritten Auflage, die Stand heute, noch immer verfügbar sein sollte.

Aventuria – Spielfeld das keiner braucht / Foto: Spieltroll

Aventuria vereint also gleich zwei unterschiedliche Spielmodi in einer Box. Den Duellmodus reiß ich nur mal kurz an, denn der unterscheidet sich natürlich nicht groß von anderen Duellspielen wie Magic – The Gatehring oder Ashes – Aufstieg der Phönixmagier. Die Duellanten kämpfen solange bis der Gegner am Boden liegt. Das dem zugrundeliegende Kampfsystem findet aber auch im Abenteuermodus Anwendung und erinnert auch an das Kampfsystem des Rollenspiels. Benötigt werden sechs- und zwanzigseitige Würfel. Jeder Spieler bekommt ein vorsortiertes Deck in dem sich Fähigkeiten, Waffen, Rüstungen und Zaubersprüche befinden. Je nach Charakter sind diese Fähigkeiten unterschiedlich und stellen ein faszinierendes Element dar, denn tatsächlich können hier Nah- und Fernkämpfer, sowie Zauberer gleichermaßen an einem Duell teilnehmen. In anderen Systeme handelt es sich meistens um Zauberer die sich behaken.

Aventuria – Zwergenheld mit Verbesserungen / Foto: Spieltroll

Lukas Palm und Markus Zach greifen bei ihren Spielmechaniken auf ein mir sehr gut gefallenes System aus dem WOW TCG zurück, bei dem ich mich schon seit längerem wundere, dass es nicht viel öfter in solchen Spielen auftaucht. In Aventuria müssen die Spieler die Karten, die sie ausspielen möchten mit Ressourcen bezahlen. Jede Runde zieht man zwei Karten von seinem Deck und danach darf man bis zu zwei Ressourcen ausspielen. Ressourcen sind nun aber keine speziellen Karten aus dem Deck, die man erst finden muss, nein, man darf grundsätzlich jede Karte aus seinem Deck als Ressource spielen, indem man sie einfach umdreht und verdeckt vor sich ablegt. Auf diese Weise muss man sich früher oder später situativ dazu entscheiden bestimmte Karten einfach für unwichtig zu erklären, um Ressourcen zu bekommen. Das verlangt meistens ein gewisses Spielverständnis. Nun ist das hier bei Aventuria nicht so ausgefeilt wie beim angesprochenen TCG, aber macht auch hier einen guten Eindruck. Im Duellmodus spielt jeder so seinen Zug durch und versucht den Gegner platt zu machen.

Aventuria – Aktionskarten mit einmaligen Effekten / Foto: Spieltroll

Dabei rüsten sich die Helden über die Zeit mit deutlich besseren Waffen aus, denn zu Beginn hat jeder Held eine relativ schwache Basisattacke auf seiner Charakterkarte stehen, die er einsetzen darf. Neue Waffen und Zaubersprüche bringen neue Angriffe mit sich, die mehr Schaden machen. Grundsätzlich darf jeder Spieler soviele Karten ausspielen und Aktionen machen, wie er mit seinen Ressourcen bezahlen kann. Für die Angriffe gilt dabei allerdings eine Begrenzung von einem Angriff pro Waffenart. Also eine Nahkampf-, eine Fernkampf- und eine Magieattacke. Darüber hinaus dürfen natürlich andere Karten gespielt werden. Das System ist hierbei farblich in schwarze und rote Karten unterteilt. Die schwarzen sind andauernde Karten, die in der Auslage liegen bleiben und die roten werden nach Benutzung abgelegt. Verbesserungen des Helden werden dabei links oder rechts neben die Charakterkarte gelegt. Auf diesen sind kleine Kreise auf Höhe der Charaktereigenschaft mit Erhöhungen zu finden, so dass man recht schnell den neuen Wert ermitteln kann.

Aventuria – Waffen (andauernde Aktionskarten) / Foto: Spieltroll

Eine weitere ganz gute Mechanik ist die Wiederholungswurfregelung über die Schicksalsmarken. Das sind große Marken mit einem Schwarzen Auge als Symbol, die bei Spielbeginn in der Mitte des Tisches liegen. Wann immer ein Spieler einen Wurf versaut bekommt er eine dieser Marken aus der Mitte und darf sie fortan als Weiderhoolungswurf benutzen und gibt sie dann wieder in die Mitte zurück. Sollten keine mehr verfügbar sein, so bekommt man sie von seinem Gegen-/Mitspieler. Das ist im Duellmodus natürlich etwas ausgefuchster als im Kooperativen Spiel.

Im Abenteuermodus aber läuft es ein bißchen anders, denn hier spielen bis zu vier Spieler kooperativ gegen eine Bedrohung. Ein Abenteuer läuft so ab, das ein Spieler aus dem Abenteuerheft die einführende Geschichte vorliest. Immer wieder tauchen im Text dann Entscheidungen auf, die die Spieler treffen, oder Proben, die die Spieler auf ihre Talentwerte würfeln müssen. Daraus ergeben sich Vor- oder Nachteile für den finalen Kampf, denn im Endeffekt ist der Abschluß eines Abenteuers immer ein Kampf. Das Abenteuer wird dann auf mehreren Karten dargestellt. Es gibt immer eine Zeitskala auf der bestimmte Ereignisse passieren, je länger der Kampf dauert. Von der Zeitskala wird am Ende einer jeden Runde eine Marke entfernt und bei bstimmten Anzahlen ein Ereignis ausgelöst. Meist ist das Abenteuer verloren, wenn die Marken auf Null sinken.

Aventuria – Spielsituation / Foto: Spieltroll

Im Kampf gibt es immer mindestens einen Anführer und daneben eine Reihe von Schergen, die den Spielern das Leben schwer machen. Die Gegner verfügen allesamt über Werte. Manche können genauso Ausweichen wie die Helden der Spieler. Jeder hat einen Lebenspunktewert und manche verfügen über Rüstung. Jeder Gegner hat außerdem einen Aktionswert, der angibt, wieviele Aktionen pro Runde er ausführt. Die Aktionen werden ausgewürfelt, denn jeder Gegner verfügt über eine kleine Aktionstabelle, die uns verrät, was er genau tut. Das reicht von besonders kritischen Schlägen, die sehr viel Schaden verursachen bis hin zu höhnischem Lachen oder manchmal sogar der Flucht aus dem Kampf. Besonders tumbe Zeitgenosse stehen auch gerne mal einfach rum und tun gar nichts. Wenn wir einen Angriff auswürfeln, treffen uns die Gegner automatisch und wir dürfen versuchen auszuweichen. Meistens gibt es noch weitere Aktionskarten im Kampf, die die Spieler beachten müssen. Zum Beispiel muß erst ein Schutzbann von einem Anführer entfernt werden, um ihn überhaupt angreifen zu können. Dafür müssen die Spieler dann von einer Aktionskarte Marken durch gelungene Talentproben entfernen oder ähnliches. Hier kommt die volle Kreativität der Spieldesigner zum Einsatz.

Aventuria – Probenkasten / Foto:
Spieltroll

Am Ende gibt es dann wieder einen Vorleseabschnitt, der je nach Sieg oder Niederlage anders ausfällt. Haben wir vor unseren Helden in weitere Abenteuer zu führen, so können wir uns Erfahrungspunkte gutschreiben und dürfen dafür unsere Talentwerte verbessern. In manchen Abenteuern gibt es auch Belohnungskarten zu gewinnen, die wir dann in unser Deck einbauen dürfen.

Natürlich gibt es auch längere Kampagnen in Aventuria. Diese bestehen dann nciht nur aus einem einzelnen Abenteuer, das in Sich abgeschlossen ist, sondern aus verschiedenen Akten. Das Grundspiel von Aventuria bietet eine Kampagne in drei Akten. Hier gibt es für die Helden noch Abschnitte zwischen den Abenteuern, in denen sie Trainieren und Üben können, was von der Schnelligkeit ihres Erfolgs im Akt vorher abhängt. Hier können sie auch besser Regenerieren, so dass ein bißchen Kampagnenfeeling aufkeimt.

Aventuria – Kurzabenteuer im Abenteuerheft /
Foto: Spieltroll

Aventuria enthält insgesamt drei Abenteuer, von denen eines aus mehreren Akten besteht und vier spielbare Helden mit jeweils einem kompletten Deck. Ein Zwergen-Nahkämpfer eine Elfe mit Fernkampffokus, eine Magierin und einen Streuner, der bis auf Magie alles kann, aber nichts gut. Also ein klassisches Rollenspielsetup.

Das Fazit

Ich glaube Aventuria steht sich durch seine mangelhafte Verfügbarkeit selbst im Weg und bleibt wohl ein kleiner Geheimtipp. Natürlich ist es kein Eurogame. Es ist Amitrash durch und durch, auch wenn es nicht aus Amerika kommt. Natürlich wird hier extrem viel gewürfelt, wie bei vielen Dungeoncrawlern auch, dem muss man sich natürlich bewusst sein. Hier geht es darum kleine Geschichten zu erleben und zu versuchen sie durch einen heldenhaften Kampf zu seinen Gunsten zu entscheiden. Was ist falsch daran? Nichts. Insofern ist Aventuria ein normales thematisches Abenteuerspiel mit einer deutschen Rollenspiellizenz. Nein, mit DER deutschen Rollenspiellizenz, die man mag oder hasst.

Aventuria ist für alte DSA-Hasen tatsächlich ein Flashback, weil es sogar Elemente der ersten Abenteuer, mögen sie noch so schwachsinnig gewesen sein, wieder aufgreift. Das Abenteuer Silvanas Befreiung, welches als Lernabenteuer herangezogen werden sollte, entspricht dem ersten im Regelheft der Urversion des Rollenspiels. Das Kampfsystem erinnert auch immer wieder daran, auch wenn man hier nicht noch eine Parade einstreuen muss. Hier haben die Designer gut daran getan nicht alles haarklein umzusetzen. Nein, das System gefällt mir sehr gut und ich finde man kann durchaus sehr kreativ auch eigenständige Ideen in das Spiel einbauen, um selber Geschichten zu erzählen. Die Kampagne, die hier in drei Akten erzählt wird, zeigt schon ganz gut, dass das System auch Platz für Abwechslung bietet, auch wenn das Grundkonzept mit den Kämpfen als Entscheidung natürlich gleich bleibt. Aber die Art und Weise wie man diese Kämpfe inszeniert ist grundverschieden.

Aventuria – Gegnerkarte / Foto: Spieltroll

Auch das Ressourcensystem finde ich nach wie vor Klasse und denke das soetwas viel öfter benutzt werden sollte. Ist mir wirklich ein Rätsel, warum das nicht passiert. Das Grundset bietet insgesamt drei Abenteuer, von dem eines das Einführungsabenteuer ist, eines ist ein Kurzabenteuer und das dritte die Wildenstein Kampagne in drei Akten. Sollte man das Spiel mögen, so wird das nicht genug sein und das ist eigentlich der einzige Kritikpunkt den ich erstmal habe (so sinnlose Kritikpunkte wie das Spielfeld, das man eigentlich nicht braucht und das natürlich von eher bescheidener Qualität ist, einfach mal weggelassen). Die drei Abenteuer sind wirklich schnell durch und dann braucht man neues Futter. Inzwischen sind natürlich weitere Sets erschienen und dann wird es zu einer Geldfrage, oder man wird selber kreativ. Der Rest ist Geschmackssache. Mag man Das Schwarze Auge? Mag man Amitrash-Spiele? Mag man viel Gewürfel? Wenn nein, dann macht einen weiten Bogen um Aventuria, wenn aber ja, dann solltet ihr einen Blick riskieren, denn Aventuria fliegt glaube ich sehr weit unter dem Radar von vielen. Ich finde es wirklich gut, aber ich bin auch ein alter DSAler der ersten Stunde.


  • Verlag: Ulisses Spiele
  • Autor(en): Lukas Zach, Michael Palm
  • Illustrator(en): Nadine Schäkel
  • Erscheinungsjahr: 2016
  • Spieleranzahl: 2 – 4 Spieler
  • Dauer: 45 – 180 Minuten

2 Gedanken zu „Aventuria“

  1. Das haben wir uns jetzt auch besorgt. Heute gabs die erste Partie am See mit meinem Sohn. Der Duell Modus war recht intuitiv, wenn man DSA kennt und dazu übliche Kartenspielsysteme. Ein paar Sachen schienen mir etwas unbalanced, aber vielleicht muss ich die Regeln noch mal genauer lesen als heute am sonnigen, schönen See;-) Ich persönlich fand aber das Fehlen der Parade doof. Würfelt der Gegner gut, kann man selber kaum was machen. Es sei denn, man hat zufällig eine der wenigen Karten, die da noch Einfluss drauf nehmen. Frage: Brauche ich dringend Erweiterungen?;-) Achja, Verfügbarkeit war auch bei mir nur Glückssache, der Spieleladen, wo ich war, hatte zufällig noch eins gefunden.

    1. für den Duelmodus gibt es spezielle Erweiterungen, zu denen kann ich leider nichts sagen. Die hatte ich noch nicht in den Fingern. Die schwarze Keiler Erweiterung kann ich sehr empfehlen, da kommt für die Abenteuer ein schönes neues Spielelement dazu. Wenn die Parade da wäre, würden die Käpfe für ein Karenspiel zu lange dauern denk ich mal, du kannst aber ja den Ausweichen-Wert vielleicht umwandeln, wenn du die Leute parieren lassen willst.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.