Nach Klaus Teuber und Corey Konieczka soll in Folge drei meiner Portrait-Serie ein weiterer deutscher Spieleautor gewürdigt werden. Reiner Knizia ist ein überaus erfolgreicher Spieleautor und ein verdammt fleissiger dazu. Wobei so ein bißchen haftet ihm immer ein gewisser Ruf an, seine Spiele seien zu mathematisch und zu wenig thematisch. Ich würde sagen ein bißchen steril und klinisch. Wie auch bei Klaus Teuber würde ich mich selbst nicht gerade als einen Fan bezeichnen, erkenne aber ohne Probleme seine außerordentliche Leistung an. Seine Spiele stehen selten im ganz großen Rampenlicht, dafür stehen aber wahnsinnig viele seiner Spiele direkt dahinter parat und sorgen dafür das die Bühne gut gefüllt ist. Inzwischen hat Knizia weit über 700 Spiele veröffentlicht. Eine Zahl die so groß in diesem Business ist, dass sie wohl kaum ein anderer erreichen dürfte. Sehen wir uns sein Schaffen und sein Werk etwas genauer an.
Reiner Walter Knizia, wie er mit vollem Namen heißt, wurde am 16.11.1957 in Illertissen im Grenzgebiet von Bayern und Baden-Würtemberg geboren und bereits im Alter von acht Jahren soll er nach eigenen Aussagen damit begonnen haben seine ersten Spiele zu erfinden. Er studierte Physik und Mathematik in Ulm und machte seinen Master in Syracuse/USA. Zur Doktorwürde in Mathematik kam er dann wiederum in Ulm im Jahr 1987. Etwa in dieser Zeit begann er damit seine ersten ernsthaften Spiele zu entwickeln. Zunächst war er großer Freund der damals noch sehr populären Postspiele, etwas das heutzutage kaum noch jemand kennt, weil diese Form des Spielens natürlich von der Technologie eingeholt wurde. Er gründete sogar sein eigenes Postspielzine.
1990 brachte er dann auch seine ersten richtigen Spiele heraus. Digging erschien bei Hexagames und Goldrausch bei Hans im Glück, welches auch tatsächlich das erste Spiel von ihm war, das ich wahrnahm. Einen bleibenden Eindruck hinterließ es aber bei mir trotzdem nicht, obwohl es in diesem Jahr, dem ersten Jahr in dem der Deutsche Spielepreis vergeben wurde, in der Abstimmung den fünften Platz erreichen konnte. Ehrlich gesagt dauerte es noch ziemlich lang bis ich ein Spiel von Reiner Knizia ziemlich abfeierte. Das geschah erst im Jahr 2001 aber bis dahin hatte er sich schon einen ziemlichen Namen gemacht. Vor allem durch seine Auktionstrilogie (Modern Art, Medici und Ra) galt er lange Zeit als sehr talentierter Autor. Auch Euphrat und Tigris galt lange Zeit als sein Meisterwerk. All diese Spiele erschienen in den 90er Jahren und konnte meine Aufmerksamkeit nicht erregen. Viele von ihnen habe ich bis heute nicht gespielt, obwohl dies, laut vielen, die beste Phase im Schaffen des Reiner Knizia sein soll. Irgendwas muss auch dran sein, denn bereits 1997 machte er den Beruf des Spieleautors zu seinem Hauptberuf. Zu diesem Zeitpunkt hatte er bereits 80 Spiele veröffentlicht. Eine Zahl die so manch anderer Spieleautor in seinem ganzen Leben nicht veröffentlichen wird.
Reiner Knizia veröffentlichte aber nicht nur Spiele wie am Fliesband, nein, er schrieb auch Bücher. Bis zum Jahr 2000 erschienen meines Wissens nach fünf Stück, in denen er sich mit Würfel- und Kartenspielen auch in historischer Sicht auseinandersetzt. 1999 übernahm er für zwei Jahre den Vorsitz in der SAZ, der Spieleautorenzunft, in der er auch heute noch Mitglied ist.
Viele seiner Spiele wurden auch ausgezeichnet und das sogar recht früh in seiner Karriere. Goldrausch konnte ja bereits einen fünften Platz beim DSP einfahren und wahr eines seiner ersten Spiele. Diesem Erfolg sollte noch viele weitere und größere folgen. 1993 wurde Modern Art mit dem Deutschen Spiele Preis ausgezeichnet. Das Spiel bliebt mir zuerst nur wegen seiner Optik im Gedächtnis und ich fand es rein optisch so abstoßend, dass ich es nie spielen wollte. Bis heute kann ich nicht sagen, ob es ein Fehler war es nicht zu spielen. 1998 gewann er den Preis mit Euphrat & Tigris erneut und hier war ich thematisch schon etwas mehr angetan, konnte mich aber auch nicht dazu durchringen es zu kaufen. Im Jahr 2000 wurde dann auch Tadsch Mahal mit dem DSP ausgezeichnet. Bereits der dritte Preis für ihn in Essen, aber der Spieltroll fand auch dieses Spiel wieder nicht so super. Kurz zuvor konnte ich mich aber kurzfristig für das kleine Zweipersonenspiel Lost Cities begeistern, dass ich für eine kleine Runde zwischendurch ganz gelungen fand.
2000 dann erschien ein Spiel von Reiner Knizia, dass ich bis heute recht ungewöhnlich finde, passt es doch irgendwie nicht so richtig in die Knizia-Schublade. Ich finde es aber gut, wenn mich Menschen überraschen können und hier hat er es getan. Die Rede ist vom Spiel Der Herr der Ringe, das damals in gewissen Kreisen wie eine Bombe einschlug. Ein kooperatives Spiel das die Reise von Frodo zum Schicksalsberg thematisierte und das auf eine wunderbare Weise. Bis heute für mich ein tolles Spiel und ein ungewöhnlicher Knizia. Das Spiel gewann einen Sonderpreis für Literatur im Spiel von der Spiel des Jahres Jury im Jahr 2001, hätte aber ebenfalls einen Preis für Kunst im Spiel bekommen können, denn die stilprägenden Artworks von John Howe prangen vollflächig auf den Spielbrettern.
2003 gewann er erneut den Deutschen Spiele Preis für sein Spiel Amun-Re. Der vierte DSP in zehn Jahren und wenn man weiss, dass der DSP eher den etwas komplexeren Spielen der Vielspieler zugetan ist, heisst das natürlich schon was. Im selben Jahr gewann er den österreichischen Spielepreis Spiel der Spiele für das elektronische Spiel King Arthur, eines das ich selbst besessen habe, aber relativ schnell wieder verkaufen musste, weil es so schlecht war und absolut keinen Spaß gemacht hat. Es war eine Spielerei und hat ihm wahrscheinlich geholfen erste Schritte in die Richtung seines späteren größten Erfolgs zu gehen. Auf das Spiel der Spiele hatte er so etwas wie ein Abo derzeit, denn auch 2004 (Einfach Genial) und 2006 (Tal der Abenteuer) erhielt er den Preis. Einfach Genial befindet sich bis heute in meiner Sammlung und ist ein Familienspiel mit hexagonalen Dominosteinen, dass eine schöne Spielerfahrung bietet. Tal der Abenteuer ist eher ein Reinfall, aber der österreichische Spielepreis fiel schon immer wegen seines zum Teil schrägen Geschmacks auf. 2004 knackte er dann die Grenze der 200 veröffentlichten Spiele.
Im Jahr 2008 brach es dann über Reiner Knizia herein, denn ihm gelang ein total seltenes Kunststück bei einem Preis, der ihm bisher verwährt blieb. Die Jury verlieh ihm im selben Jahr den Preis für das Spiel, als auch für das Kinderspiel des Jahres. Keltis, was eine Reinkarnation seines Spielprinzip von Lost Cities darstellte gewann plötzlich den Hauptpreis der Jury und bescherte ihm einiges an Erfolg, wenngleich auch dieses Spiel zwar Spaß macht, aber für meinen Geschmack auch eher uninspiriert daherkommt. Der viel größere Erfolg war das kooperative, elektronische Kinderspiel Wer war´s?, was sich ziemlich oft verkauft hat. Überall stand es rum und auch wir haben es mit unserer Tochter damals sehr oft gespielt. Seine Erfahrungen von King Arthur dürften ihn irgendwann zu diesem Spiel geführt haben. Tolles Spiel und wahrscheinlich der größte Erfolg in seiner Karriere bisher.
2009 gewann er dann mit dem Legospiel Ramses Pyramid zuletzt den österreichischen Spielepreis. Ruhig ist es seitdem aber nicht geworden. Der Mann produziert Spiel um Spiel. Über 700 hat er inzwischen veröffentlicht und die Zahl steigt stetig an. Mehr als 20 Millionen Spiele hat er verkaufen können und gehört damit zu den erfolgreichsten Spieleautoren. Inzwischen taucht er regelmäßig auf den Empfehlungs- und Nominierungslisten zum Spiel des Jahres auf und erscheint bei den Feiern immer in thematischen Kostümen die zu den nominierten Spielen passen. Unvergessen sein Auftritt im regenbogenfarbenen Lamakostüm.
Genau wie Teuber habe ich auch zu Knizia ein eher gespaltenes Verhältnis. Ich finde nur wenige seiner Spiele richtig überzeugend und meine Kritik geht in eine ähnliche Richtung wie ich sie schon des öfteren von anderen über ihn gehört habe. Ihm haftet der Ruf an mathematisch zu perfekte Spiele zu kreiren. Die Spiele sind immer bis ins kleinste Detail durchdacht und funktionieren super. Allerdings bleibt die Emotion ein wenig auf der Strecke. Wahrscheinlich ist mir deshalb sein Der Herr der Ringe Titel der liebste, da er hier ein mathematisch gut funktionierendes Spiel über ein Thema gestülpt hat, dass schon genügend Emotion mitbringt. Man sagt über Reiner Knizia, dass er zwei Arten von Spielen erfindet: Knizia-Spiele, die durchaus komplex und strategisch sind und deshalb Vielspieler sehr ansprechen und Reiner-Spiele, die eher locker und glückslastig sind und bei Familien gut ankommen. Entweder mathematisch zu perfekt und trocken oder spaßig und wenig anspruchsvoll. Da könnte ein bißchen was dran sein, aber was wäre unsere Spielelandschaft ohne diesen besonderen Charakter und Fliesbandautor? Missen möchte ich ihn nicht…
Bekannteste Werke von Reiner Knizia:
- Euphrat und Tigris (1997)
- Ra (1999)
- Wettlauf nach El Dorado (2017)
- Samurai (1998)
- Battle Line (2000)
- Modern Art (1992)
- Lost Cities (1999)
- Herr der Ringe: Die Entscheidung (2005)
- Amun-Re (2003)
- Schotten Totten (1999)